Shooting Stars

Oesel 2009

BFellmeden
20.08.2023 - 13:51 Uhr
26
Hilfreiche Rezension
9
Preis
10
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft

Murphys Gesetz “Anything that can go wrong will go wrong.”

Heute soll es um einen Duft aus der Reihe der Shooting Stars von Xerjoff gehen, der zumindest bei mir bisher deutlich unterm Radar flog. Die Rede ist vom (oder heißt es von?) Oesel. Von diesem Duft, der bereits seit 2009 auf dem Markt ist, hatte ich nur ganz vereinzelt mal etwas gehört oder gelesen.

Hier auf Parfumo ist er (Stand heute 20.08.2023) in 212 Sammlungen enthalten, was nicht besonders viel ist. Sicher gibt es in der Shooting Stars-Reihe einige, die nicht nur in noch weniger Sammlungen enthalten sind, sondern von denen ich wirklich noch nie gehört habe. Die bekanntesten unter den Shooting Stars sind Uden, Apolonia, Nio und Kobe. Und weil das so ist, beschloss ich eines schönen Tages mir den Uden noch einmal zu bestellen (Hm???). Ich muss vorausschicken, dass ich den Flakon bereits besaß und wie das oft so ist, wenn ein Duft zur Neige geht, beginnt man ihn zu vermissen.

Mir jedenfalls geht es oft so, ein Flakon bzw. dessen Inhalt geht zu Ende und plötzlich stelle ich fest, dass genau dieser Duft doch eigentlich ganz großartig ist, dass ich ihn viel zu wenig getragen habe, dass ich ihn die ganze Zeit viel zu wenig gewertschätzt habe, dass mir mein Leben ohne ihn grau und trübselig erscheinen wird und er unbedingt noch einmal hermuss.

Häää? Ist der doof??? Wieso, fragt ihr euch, kauft der sich einen Uden und rezensiert dann den Oesel. Ganz einfach, weil die Geschichte so begann:

Ich bestellte mir einen Uden – ich verrate jetzt einmal nicht wo – und erhielt einen Oesel, allerdings bemerkte ich das erst, als es eigentlich schon zu spät war. Diejenigen von euch, die das Packaging bereits kennen, wissen, dass zunächst eine weiße Box aus Pappe zum Vorschein kommt, in der ihrerseits die eigentliche Xerjoff-Box enthalten ist. Wichtig zu erwähnen ist, dass schon die weiße Box beschriftet ist und auf der, die ich erhielt, stand in deutlich lesbaren Lettern „Uden“.

Ohne genaueres Hinsehen entfernte ich die Folie von der „nächsten“ Xerjoff-Kartonage, entnahm ihr die wunderschöne Leder(imitat)box, in der – soweit ich weiß – alle Shooting Stars kommen, öffnete sie und zelebrierte erwartungsfreudig das Auseinanderklappen der letzten Umverpackung des Duftes, des weißen stoffartigen Vorhangs, der den Flakon vor meinen Augen verbarg.

„Hm, irgendwas stimmt nicht!“

Ich sah einen 50-ML-Xerjoffflakon, soweit so gut, aber die darin enthaltene Flüssigkeit war viel zu dunkel. Der Saft war beinah bernsteinfarben und nicht so hell und klar wie Uden. Ich entnahm den Flakon und sah etwas genauer hin. Ich drehte ihn im Licht, bis ich erkennen konnte, was unter der Metallplakette stand: Shooting Stars – Oesel

„Mist!“, dachte ich, „die Verpackung ist jetzt bereits geöffnet. Was mache ich denn jetzt mit dem Bums?“

Klar, ich würde mich mit dem Lieferanten in Verbindung setzen und es reklamieren, und das würde auch alles funktionieren, denn ich hatte wirklich Uden bestellt und Oesel bekommen. Der Fehler lag bei der weißen Umverpackung auf der „Uden“ stand. Keine Ahnung, wie so etwas passieren kann, aber ich habe in meinem Leben, dass ja so ganz jung nicht mehr ist, gelernt, dass jeder Fehler, der passieren könnte, irgendwann einmal tatsächlich passiert.

Der kleine Flakon mit der fast rötlich honigartig schimmernden bernsteinfarbigen Flüssigkeit faszinierte mich, weil er aufgrund seiner Farbgebung mir so völlig anders erschien, als alle anderen Xerjoff’s, die ich bisher besaß oder auch noch besitze. Alle Xerjoff-Flakons sind auf ihre Art irgendwie edel, aber diesen hier assoziierte ich scherzeshalber und doch mit einem Funken Ernsthaftigkeit mit einem Behältnis für flüssiges Gold.

Ich hatte mich bis dahin mit dem Oesel noch nie wirklich auseinandergesetzt und begann mich zu fragen, wie der wohl wäre, ob das hier und heute vielleicht eine Fügung des Schicksals sein könnte. Vielleicht wäre es ein Fehler, den Duft zurückzuschicken. Vielleicht ist das ja der Duft, der mir zur totalen olfaktorischen Befriedigung verhelfen würde.

Ich startete Parfumo, um die Duftpyramide in Augenschein zu nehmen. In Sekundenbruchteilen hatte ich mit mir selbst vereinbart, dass ich Oesel behalten würde, wenn die Duftpyramide keine Stoffe enthalten würde, von denen ich wusste, dass sie mir möglicherweise nicht gefallen würden. Ergänzend vereinbarte ich ebenfalls mit mir, dass ich den Fehler trotzdem reklamieren würde, denn schließlich wollte ich den Uden ja tatsächlich haben. Ich würde allerdings versuchen aus dem Fehler Kapital zu schlagen und ihn mit einem gewissen Rabatt zu beziehen.

Die Duftpyramide war schnell geprüft. Darin war kein für mich problematischer Inhaltsstoff aufgeführt, zumal sie sowieso recht überschaubar ist. Hürde Nr. 1 war genommen. Sodann setzte ich mich mit dem Lieferanten in Verbindung, schilderte den Fehler, untermauerte ihn mit Fotos von der weißen Umverpackung und dem Flakon und teilte ihm dann großherzig mit, dass ich ihm den Fehler verzeihen und den Oesel behalten wolle, im Gegenzug jedoch um einen Nachlass für den Uden bitte, den ich unterm Strich ja eigentlich haben wollte. Der Lieferant war sehr schnell einverstanden, räumte mir einen akzeptablen Rabatt ein und damit war der Oesel endgültig Mein.

Das bedeutete: Ich würde ihn nun aufsprühen.

Das Erste, was mir in den Sinn kam, war Honig, obwohl er nicht Bestandteil der Duftpyramide ist. Das ist eine Problematik, vor der ich häufig stehe. Ich rieche andere Duftstoffe als die, die in der Pyramide enthalten sind. Oftmals weiß ich überhaupt nicht, was ich rieche, aber manchmal, und so auch jetzt, rieche ich etwas, was gar nicht da ist. Und hier ist das der Honig. Das ist insofern erwähnenswert, weil ich kein großer Freund von Honig bin, weder beim Frühstück noch im Parfüm, und so dachte ich schon einen Fehler gemacht zu haben.

Aber so ist es nicht. Wie andere Düfte schon immer, bekam natürlich auch der Oesel eine zweite und eine dritte Chance, und wie immer kann ich meine Geruchsempfindungen nicht so wirklich aufschlüsseln. Fakt ist aber, es bleibt für mich beim Honig, aber mit ein bisschen Training und nach ein paar Versuchen vermischt er sich mit der Rose und vor allen Dingen auch mit Tabak. Das macht ihn im Verlauf für mich nicht nur akzeptabel, sondern wirklich, wirklich schön. Die Gesamtkomposition kommt in meiner Nase als bisher nicht wissentlich gerochen und ungewöhnlich an. Der Duft ist warm, weich und anschmiegsam. Ich fühle mich wohl mit ihm. Er ist edel und hat eine enorme Stärke. Der Oesel nämlich hält, was viele andere Parfüms versprechen. Ich werde gerochen und nicht zu knapp. Dieser Duft projiziert ohne Ende und hält auf meiner Haut locker 12 Stunden. Ich rieche den auf meiner Haut noch am nächsten Tag.

Oesel ist ein Duft, mit dem man nichts falsch macht, tragbar für jedermann und jederfrau. Vielleicht sollte man sich überlegen, ob man ihn für das Büro oder zum Sport aufträgt, aber als Freizeitduft eignet er sich ganz sicher hervorragend. Zudem taugt er als Ganzjahresduft. Die enthaltene Zitrik und die abgedämpfte Süße erlauben den Gebrauch in den warmen sonnigen Jahreszeiten. Die Wärme aus Tabak und Hölzern wiederum machen ihn auch im Winter tragbar.
Ich werte den oben beschriebenen Ablauf schon ein klein wenig als glücklichen Verlauf des Schicksals nicht aber als Schicksalsfügung. Ich freue mich Oesel kennengelernt zu haben und wenn ich morgens vor meinem Parfümregal stehe und überlege, welchen Duft ich auflegen soll, kommt er vergleichsweise häufig zum Zuge.

Danke für's Lesen!
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