Norne 2012

Version von 2012
Santalum
15.09.2015 - 02:49 Uhr

Kaskadien

Klarer Rauch.
Nicht mehr warm, noch nicht kalt.
Sauber, wie von trockenem Nadelholz.
Eindrücke eines Lagerfeuers im Wald.
In der Nase, in den Kleidern.
Frisches Harz und grüngraue Flechten mischen sich darunter.
Man möchte mythologisieren und von den namenspendenden Nornen erzählen.
Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft.
Möchte über das vergehende Feuer meditieren.
Den lebendigen Wald ringsumher.
Erwachend im ersten Licht eines neugeborenen Tages.
Mit Tautropfen im Moos.
Perlend.
Funkelnd.
Sonnenstrahlen schneiden durch dürre Rauchfähnchen.
Glut zerfällt zu Asche.
Nacht wird Tag.
Ewiger Transit.
Prallrunde Bedeutungsschwangerschaft.
Josh Lobb äußerte in einem Interview, zu den Namen seiner Düfte befragt:
They mean absolutely nothing!
Schade um die Nornen.

Im selben Interview gibt er Black Metal als Inspirationsquelle an.
Es wäre vermessen, zu behaupten, ich hätte diese Assoziation bereits gehabt; im Kontext dieser Äußerung kommen mir jedoch Melodien zum Duft in den Sinn.
Weniger der archetypische Black Metal erster Generation, der so oft voll Hass und Menschenverachtung steckt. In dessen Umfeld Kirchen brannten und Morde geschahen.
Nein, es ist die moderne Spielart einer ganz besonderen Band, die mir tatsächlich als Inspiration und Repräsentation dieses Duftes gelten kann - Wolves in the Throne Room.
Musiker, die in einer Kommune leben.
So autark wie möglich. Die mit, in, an der Natur arbeiten.
Die das Gewebe des Black Metal aufdröseln, es mit anderen Stilen verspinnen, um daraus einen meditativen Lärmteppich zu weben - Cascadian Black Metal.
Transzendent statt bloß satanisch.
Ja, so könnte Norne klingen.

Jenseits aller Bilder und Metaphern erschließt er sich mir jedoch als…

…ernsthaft.
Nicht jene Ernsthaftigkeit als Pose, die sich selbst ganz furchtbar wichtig nimmt und in dramatischem Schwarz daherkommt, sondern die zur Besinnung nötige.
…eigensinnig.
Es mögen sich nicht alle eingeladen fühlen, vielleicht ist auch nicht jeder willkommen, doch elitär ist das nicht.
…schlicht.
Eine Handvoll Zutaten, keine davon synthetisch. Ein träger, langanhaltender, satter Verlauf.
Mächtiger Duftstrom anstelle eines Duftnoten-Whirlpools.
…ätherisch.
Eichenmoosige Kiefernnadeligkeit. Den Kopf zu befreien, die Brust zu weiten.
Der Duft wird zum Ende hin ganz leicht.
Getragen vom Rauch, der in die Sphäre steigt…

~*~ ~*~ ~*~ ~*~ ~*~ ~*~ ~*~ ~*~ ~*~ ~*~ ~*~ ~*~
Hörbeispiele Wolves in the Throne Room:
- A looming resonance
http://www.youtube.com/watch?v=JrbdWEtQ2FY
- I will lay down my bones among the rocks and roots
http://www.youtube.com/watch?v=yTnfzWehaGg

Interview Josh Lobb:
http://notablescents.net/2012/04/27/interview-with-josh-lobb-slumberhouse/
5 Antworten