Bücher von Luca Turin (und anderes)

Hier eine kurze Übersicht über die Publikationen von Luca Turin (meinem Cicerone, dessen Vorlieben und damit Grenzen ich zunehmend erahne) und auf ihn bezogene Schriften. Der Übersichtlichkeit halber zunächst nur knapp-sachlich, ausführliche Kommentare von jedermann mögen folgen.

– "Parfums – Le Guide", Paris 1992, Hermé. Französisch, beschreibt 172 Parfüms in Kurzform.
– "Parfums – Le Guide", Paris 1994, Hermé. 2te Auflage, 152 Seiten. 244 Parfüms, Kategorien für die Neuerscheinungen 1992-93, für "création exceptionelle, favori personelle de l’auteur" und "l’emballage et/ou le flacon sont particulièrement beaux". Dieser Textbestand ist nicht in die späteren, englischsprachigen Führer eingeflossen.
– "Perfumes – The Guide", New York 2008, Viking, 384Seiten, gebunden. Englisch, zusammen mit Tania Sanchez verfasst. Bespricht "nearly fifteen hundred fragrances". Kategorien: eine 5-Sterne-Beurteilung (Masterpiece/Recommended/Adequate/Disapointing /Awful), enthält 3 einführende Essays, 13 FAQs und ein Glossar, 27 Parfüms sind durch Illustrationen hervorgehoben, 9 Top-Ten-Listen (z.B. "Best Loud Fragrances" oder "Best Feminines for Men").
– "Perfumes – The A-Z Guide", New York 2009, Penguin. 2te Auflage, soft cover, 620 Seiten. "More than 1800 Perfumes", 450 zusätzliche Rezensionen, 4 einführende Essays, 29 FAQs, 15 Top-Ten-Listen.
– "A Little Book of Perfumes – The 100 Greatest Scents", wird im November 2011 erscheinen, Englisch, Profile Books, 128 Seiten, vereinigt die Auswahl der 5-Sterne-Parfüms aus "Perfumes – The A-Z Guide", teilweise einer Revision nach dem neuesten Stand unterzogen.

– Von Juli 2003 bis Juli 2010 schrieb Luca Turin die monatliche Kolummne "Duftnote" im "NZZ Folio". Nachlesbar, neben der (sehr guten) deutschen Übersetzung auch das englische Original unter: www.nzzfolio.ch dann "Suche" unter "Kolummne" den Begriff "Duftnote" auswählen.
– Von Juni 2005 bis Januar 2006 betrieb Luca Turin den englischsprachigen Blog "Perfume Notes". Der Blog ist geschlossen, aber nachlesbar unter: web.archive.org/web/20051221150555/http://luca turin.typepad.com/
– "A Spectroscopic Mechanism for Primary Olfactory Reception", in: Chemical Senses, Volume21 [1996], Issue 6, S. 773-791. Dies ist die Erstveröffentlichung zur Riechtheorie Turins. Englisch, nachlesbar unter: chemse.oxfordjournals.org/content/21/6/773.abs tract
– "The Secret of Scent – Adventures in Perfume and the Science of Smell", London 2006, Faber&Faber, soft cover, 207 Seiten. Dies Buch enthält die "Riechtheorie" von Turin.
– Zu diesem Thema gab Luca Turin ein Interview für "The Story" nachzulesen/nachzuhören unter: thestory.org/archive/the_story_451_The_Secret_ Of_Scent.mp3/view

– Chandler Burr "The Emperor of Scent – A Story of Perfume, Obsession and the Last Mytery of the Senses", London 2004, Arrows Books, 480 Seiten. 2002 geschrieben. Dies Buch handelt von Turin (auch in biographischer Hinsicht), der Entwicklung dessen Riechtheorie (in scharfer Abgrenzung zur "shape theory") und der Konfrontation mit dem Wissenschaftbetrieb.
– Chandler Burr "The Perfect Sent – A Year Inside the Perfume Industry in Paris and New York", New York 2009, Picador, 306 Seiten. Englisch, 2007 geschrieben, handelt nicht von Turin (der namentlich nicht erwähnt wird), sondern von der Entstehung der beiden Parfüms "Un Jardin sur le Nil" von Jean-Claude Ellena für Hèrmes und von "Lovely" von Laurent Le Guernec und Clement Gavarry für Sarah Jessica Parker. Zugleich ein tiefer Blick hinter die Kulissen des Parfüm-Imperiums.
– Chandler Burr, Kolummne "Scent Notes" im New York Times Magazin, von August 2006 bis August 2010 unregelmäßig erschienen, zeigt Blurr (meiner Meinung nach) in großer stilistischer Abhängigkeit von Turin, ohne dessen Treffsicherheit zu haben. Nachlesbar unter: tmagazine.blogs.nytimes.com/author/chandler-bu rr/ und, ältere Beiträge enthaltend: www.chandlerburr.com/newsite/page0/NYT.htm

Wer weitergehendes Interesse an den Schriften hat, möge sich per PM melden.
Kommentare sehr erwünscht.

Klasse, das ist ja Lesestoff für Monate.

Herzlichen Dank - You made my day ))

Ich habe vor Jahren mal "Die himmlische Parfümerie : erlesene Düfte für jedes Sternzeichen" von John Oakes in der Stadtbücherei entdeckt, entliehen und verschlungen.

Die Zuordnungen zu Sternzeichen fand ich nicht zwingend (aber man hat ja auch einen Aszendenten und so...), aber die Beschreibungen waren sehr verführerisch. Tja, und so hat schließlich "Ivoire" zu mir gefunden, die Beschreibung war hinreißend, ich ging schnuppern und fand ihn interessant. Und zu meinem Sternzeichen sollte sogar auch noch passen.

Wäre schön, wenn deine Übersicht auch hier zu finden wäre, Fhfhfh, würde gut passen.

Das Abladen von einer Packung Literaturhinweise ist ja nur das eine. Warum man so eine Bibliographie abwuchtet, ist dann eine weitere Frage. Hier erst einmal die Confession, das Glaubensbekenntnis: ohne Luca Turin wäre ich nicht beim Parfüm. Punkt. Eine große Nase habe ich immer schon; überall reingesteckt habe ich sie auch (ja, auch – angewidert – in die schlimmen Sachen). Aber ohne ihn hätte ich wohl – bis jetzt – nicht begriffen, dass Parfümerie Kunst ist. (Natürlich ist sie auch: Scharlatanerie, große Oper, publicity hype, Distinktionsmerkmal, Goldesel, Scheiterhaufen, Gescheitertenhaufen, Luxusaltar, zynische Geschäftsmacherei etc pp.). Kunst? Der außergewöhnliche Umgang mit einer finiten Anzahl von Elementen bei infiniter Zahl an Kombinations-Möglichkeiten vor dem Hintergrund schwerer historischer Bürde, der Gegenwart unzumutbarer Erwartungen und der Zukunft unerfüllbarer Hoffnungen. So hätte sich LT allerdings niemals ausgedrückt.
In mein Leben trat er / in seine Schriften fiel ich durch seine Glossen im NZZ-Folio. Watt datt? Die Neue Zürcher Zeitung, im 232sten Jahrgang stehend, damit die ältest noch existierende Tageszeitung, darüber hinaus die internationalste (wer berichtet sonst über die Parlamentswahlen in Hinter-Timbuktu-stan?, oh, what a smell), und das von den durch die Alpen eingekastelten, kantonbegrenzten Schweizern, diese NZZ also, gibt seit 25 Jahren (Jubiläum) allmonatlich ein "Magazin" heraus, das NZZ-Folio, das die bestgeschriebensten, uneitelsten, gegenwartsbezogensten Essays zum Normalleben (für alle Sonderlebensformen gibt es ja special-interest-Magazine ohne Zahl) enthält, die man für Geld kaufen kann (dies meine unbescheidene Meinung). Dies hatte zwischen 2003 und 2010 die monatliche Kolumnme Duftnote von LT eingekauft. Und hervorragend übersetzt.
Jede habe ich gelesen, keine davon vollständig verstanden – denn die Zahl meines Parfümbestandes war: 0 – und doch begriffen: es hängt alles zusammen. Man kann über Parfüm sprechen, indem man über Musik spricht (dies ist meine Welt), oder über Schauspieler, über Filme, über Auto-Design oder über Long-Drinks (oder Cocktails – ich kenn die Unterschiede schlecht), über Theater oder Literatur, über den Besuch der Bäckerei an der Ecke, des Blumengeschäfts am Ende der Straße, der Reinigung im angrenzenden Viertel. Der Befund ist immer: wer eine Nase hat zu riechen, dem erschließt sich eine Welt. Aber wer über diese Welt reden und schreiben will, der muss sich an dem Erlebnisgehalt anderer Welten bedienen. Und das geht nur durch Metaphorik. (Was würde es nutzen, wenn ich die Schönheit einer musikalischen Kadenz beschreiben würde mit den Worten: 'der Komponist löste den tiefalterierten Quint-Sext-Akkord sowohl regelgerecht als auch unnachahmlich originell auf indem er…' Gähn). Über Düfte kann man nicht schreiben, über Musik kann man nicht schreiben. Aber man kann Düfte beschreiben als seien sie Musik (und über Musik, als sei sie ein Parfüm), man kann Düfte beschreiben als seien sie eine Begebenheit, eine Geschichte, ein Roman, ein flüchtiger Augenblick, ein Alptraum, eine kleine Emanation oder was auch immer. Und: man kann darin (wenn man kann) sehr präzise sein. Das habe ich von LT gelernt, solches finde ich auch hier allenthalben – und dafür bin ich dankbar.

Und dann kam: Perfumes – The Guide. Was kann einem Newbie mit merkwürdigen Vorlieben eigentlich besseres passieren als: ein Führer – nein, nein, nicht dieser, dieser nicht. Sondern: Ein Cicerone, einer, der einen an die Hand nimmt, durchs Wunderland der seltsamen Dinge führt und sagt: dies ist ein Stinker, weil…; dies stinkt auch, aber…; dies ist eine leichte Blüte, geht leicht verloren, hab acht…; dies ist große Kunst, auch wenn es nicht so scheint…; dies ist Kitsch, auch wenn es Groß tut, weil…; wisse, dass zehn Jahre zuvor schon einmal…; oder: Bähhhh!; oder: Oh, Ja!

Jemand, dem man sich anvertraut, der muss auch sagen können: großartig! oder: Mist! Jemand, der kein Urteil abgeben kann, kann auch keine Hilfe sein. Kunsturteile verlaufen nicht entlang der Linie: das Schöne, Wahre, Gute. Sondern entlang: Schrecken und Entzücken. Jemand, dem nichts weh tut, dem wird auch nichts wohl tun. Jemand, der alles toll findet, wird auch Mist toll finden (und umgekehrt). Jemand, der nur Duftpyramiden nachbuchstabiert ist ein Technokrat. Soviel zum Jemand-Kapitel.

Luca Turin – und sein Eheweib Tina Sanchez gleichermaßen – beide sind reflektierte Subjektivisten. Sie wissen, dass sie ihren speziellen Geschmack haben, sie können ihn auch begründen, aber sie tauchen auch nicht ab ins "Einerseits-Andererseits, Die-Geschichte-lehrt…" Das muss man wissen (ist eigentlich nicht schwer zu erkennen), das umschreibt auch ihre Grenzen (die zu erahnen habe ich länger gebraucht). Kurz gesagt: bei beiden kommen Hölzer und Weihrauch schlechter weg. Mindestens eine Sternbewertung. Turin legt Wert auf Komplexität der Komposition (das unterschreibe ich), bringt Vetiviers überproportional nach vorne (da bin ich zurückhaltender); Sanchez liebt Üppigkeit, Süße und Schwere (da bin ich zurückhaltender).

Was bekommt man? Das Buch kann man durchlesen. Da, wo verrissen wird, werden Kriterien angegeben – das kann erhellend sein. Oft sind ganz beiläufig Referenzen angegeben: Einordnung in die Parfümgeschichte, Überblick über die Genres ('watt iss eichentlich ein aromatisch Fougere'), das Buisiness (Firmen, Labels, Konzerne, Parfumeure, PR, Magazine, Gossip) und eigene Erlebnisse. Das ganze ist unprätentiös geschrieben, daher kommt man mit einem mittleren Englisch gut zurecht, für das ein oder andere muss man halt mal was innen Translator eintippen (leo.org z.B.)

Mir hat der Guide sehr geholfen (und ich hole ihn als Referenz stets herbei). Und daher empfehle ich ihn: "Parfüm – der Führer". Die zweite Auflage ist erweitert und aktualisiert und billiger. Punkt. Missa est.

Turin/Sanchez haben ein Rating-System, das durch Sterne gekennzeichnet ist:

***** MASTERPIECE
**** RECOMMENDED
*** GOOD
** NOT RECOMMENDED
* AVOID

Hier sind die 98 5-Sterne-Parfüms aus dem Guide 2009, sortiert nach Label und Namen:

Amouage – Amouage Gold
Amouage – Homage Attar
Amouage – Ubar
Azzaro – Azzaro pour Homme
B Never Too Busy to Be Beautiful – Breath of God
Badgley Mischka – Badgley Mischka
Bond No. 9 – Chinatown
Bond No. 9 – New Haarlem
Boucheron – Boucheron
Bulgari – Black
Cacharel – Loulou
Caldey Island – Lavender
Caron – Le Troisieme Homme (früher: No. 3)
Caron – Pour un Homme
Caron – Yatagan
Chanel – 31, Rue Cambon
Chanel – Bois des Iles
Chanel – Coco
Chanel – Cristalle
Chanel – Cuir de Russie
Chanel – No. 5 eau de toilette
Chanel – No. 5 parfum
Chanel – Pour Monsieur
Chanel – Sycomore
Clinique – Aromatics Elixir
Davidoff – Cool Water
Dior – Dior Homme
Dior – Diorella
Dior – Dune
Dior – Eau Sauvage
Dior – Poison
Elternhaus – MoslBuddJewChristHinDao (= Unifaith)
Estee Lauder – Azuree
Estee Lauder – Beyond Paradise
Estee Lauder – Beyond Paradise Men
Estee Lauder – Knowing
Estee Lauder – Pleasures
Estee Lauder – Private Collection Pure Fragrance Spray
Estee Lauder – White Linen
Etat Libre d’ Orange – Secretions Magnifiques
Geoffrey Beene – Grey Flannel
Givenchy – Givenchy III
Givenchy – Insensé
Gucci – Envy
Gucci – Rush
Guerlain – Apres l' Ondee
Guerlain – Chamade
Guerlain – Derby
Guerlain – Eau de Guerlain
Guerlain – Habit Rouge
Guerlain – Insolence EdP
Guerlain – Jicky
Guerlain – L' Heure Bleue
Guerlain – Mitsouko
Guerlain – Nahema
Guerlain – Shalimar
Guerlain – Vol de Nuit
Hermes – Osmanthe Yunnan
Histoires de Parfums – 1740 Marquis de Sade
Issey Miyake – Le Feu d' Issey
Jean Patou – Joy parfum
Kenzo – Ca Sent Beau
Knize – Knize Ten
L’ Artisan Parfumeur – Dzing!
L’ Artisan Parfumeur – Timbuktu
L’ Artisan Parfumeur – Vanilia
Le Labo – Patchouli 24
Lolita Lempicka – Lolita Lempicka
Missoni – Missoni
Montale – Oud Cuir d’ Arabie
Ormonde Jayne – Ormonde Man
Ormonde Jayne – Ormonde Woman
Paco Rabanne – Calandre
Parfums de Nicolai – Le Temps d' une Fete
Parfums de Nicolai – New York
Parfums de Nicolai – Odalisque
Parfums MDCI – Enlevement au Serail
Parfums MDCI – Invasion Barbare
Parfums MDCI – Promesse de l' Aube
Pascal Morabito – Or Black
Prescriptives – Calyx
Robert Piguet – Bandit
Robert Piguet – Fracas
Rochas – Tocade
S-Perfume – 100% Love
S-Perfume – S-eX
Serge Lutens – Bois de Violette
Serge Lutens – Iris Silver Mist
Serge Lutens – La Myrrhe
Serge Lutens – Sarrasins
Tauer Perfumes – L' Air du Desert Marocain
Theo Fennell – Scent
Thierry Mugler – Angel
Tommy Hilfiger – Tommy Girl
Yohji Yamamoto – Yohji Homme
Yves Saint Laurent – Kouros
Yves Saint Laurent – Opium
Yves Saint Laurent – Rive Gauche

Vielen Dank für die Zusammenstellung. Ich habe Turin und auch Burr lange verfolgt. Man muss nicht immer einer Meinung mit ihm sein, aber auf jeden Fall gab es immer wieder neue Einsichten.

Für die Bestenlisten-Freunde gibt es seine Bewertung als Excel-Datei:

www.perfumestheguide.com/Perfumes_The_A-Z_Guid e_-_Luca_Turin_and_Tania_Sanchez/Index_Files.h tml

Die NZZ-Kolumnen sind jetzt auch (auf Englisch) als Ebook erschienen:
www.basenotes.net/perfumenews/3194-turins-nzz- folio-columns-now-available-as-an-ebook

Kleine, nicht unwichtige Korrektur: Die Texte -- sowie der A-Z-Guide selbst -- wurden von Luca Turin und Tania Sanchez geschrieben.