IceMachine
IceMachines Blog
Von Parfumo empfohlener Artikel
vor 6 Monaten - 01.12.2023
19 33
Everything counts in large amounts (oder: Kann Parfum nachhaltig sein?)

Everything counts in large amounts (oder: Kann Parfum nachhaltig sein?)

Angeregt durch eine spannende Diskussion hier im Forum zum Thema „Verpackungen“ habe ich mir kürzlich einige Gedanken gemacht, wie mein schönes Parfumhobby mit dem Thema Nachhaltigkeit zusammenpassen kann. Kann Parfum überhaupt nachhaltig sein? Muss es gar nachhaltig sein?

Diese Fragen stellen sich mir immer wieder, seitdem ich nicht nur alle zwei Jahre einen neuen Flakon kaufe, sondern manchmal sogar mehrmals im Monat neue Flakons oder Abfüllungen bei mir eintrudeln. Und nicht nur ich scheine ein steigendes Interesse an Parfum entwickelt zu haben: Allein in Deutschland betrug der Umsatz mit Parfum im Jahr 2022 rund 1,7 Milliarden Euro, Tendenz steigend. (1)  Der Bedarf an Parfums ist also groß. Auch ich habe mittlerweile nicht mehr nur eine Handvoll Flakons, sondern ganze 50 Stück, von denen immer wieder einige Exemplare weiterziehen dürfen und durch andere ersetzt werden. Nachhaltig ist das nicht und kann es meiner Meinung auch nicht wirklich sein, schließlich ist Parfum ein Luxusgut. Es ist für mich nicht lebensnotwendig und annehmbar riechen könnte ich auch mit Wasser und Kernseife. Parfum ist ein reines Luxusvergnügen, wie edle Pralinen, teure Uhren oder das schicke Sportcabrio. Nun könnte ich natürlich auf jeglichen Konsum und alles Nichtlebensnotwendige verzichten, doch für mich (und wohl für die meisten von uns) ist es nicht möglich, plötzlich auf einen autarken Bauernhof zu ziehen und Nahrung, Kleidung und weitere notwendige Dinge im Alleingang selbst herzustellen. Ich muss also konsumieren: im Supermarkt, online, im Einkaufszentrum oder im kleinen Laden an der Ecke. Ich entscheide mich für ein Produkt, zum Beispiel ein neues Parfum, und dessen Rohstoffe, Herstellung, Verpackung und Transport bzw. Versand beeinflussen meinen ökologischen Fußabdruck, den ich eigentlich klein halten möchte.
Nun bin ich aber glücklicherweise meinem Warenkonsum in den allermeisten Fällen nicht völlig hilflos ausgeliefert. Ich muss konsumieren, aber ich kann entscheiden: Was? Wo? Wie oft?
Und so habe ich mir einmal Gedanken gemacht, wo ich bei meinem Parfumhobby ansetzen kann, um weiter Freude daran zu haben und trotzdem meinen ökologischen Fußabdruck diesbezüglich etwas zu minimieren.

Folgende Punkte sind mir dabei durch den Kopf gegangen:

Ich kann auf die Art der Verpackung und deren Nutzen achten: Ich persönlich liebe schlichte Verpackungen. Ich kann aber auch nachvollziehen, wenn man, besonders als Sammler:in, sich über aufwendige Verpackungen freut, diese aufbewahren und vielleicht sogar in eine Vitrine stellen möchte. Bei mir landen die Verpackungen jedoch meist sofort im Müll. Und da finde ich es sehr schade, wenn Ressourcen verschwendet wurden und beispielsweise eine aufwendige Kunstlederbox mit viel Plastikeinsatz hergestellt und um die halbe Welt verschifft wurde, nur damit ich diese gleich nach dem Auspacken im Müll entsorge. Oder aus schlechtem Gewissen im Keller aufbewahre und gar keine Verwendung dafür habe. Auch ein noch so schönes Auspackerlebnis wiegt für mich diese Absurdität nicht auf. Ich liebe daher Verpackungen aus schlichter Pappe und versuche, bei der Auswahl von Düften auch darauf zu achten. Toll finde ich die von einigen Hersteller:innen angebotene Möglichkeit, die Art der Verpackung – ob aufwendig oder ressourcenschonend – bei der Bestellung auszuwählen. So kommt jede:r auf seine Kosten.

Nicht nur die Verpackung des Parfums an sich, sondern auch die Art des Versands und des Umkartons kann beachtet werden. Schließlich werden viele Düfte heute nicht mehr vor Ort in der Parfümerie gekauft, sondern online bestellt. Auch hier kann ich versuchen, nicht zu viele Einzelbestellungen zu tätigen. Zudem bieten einige Online-Shops die Möglichkeit, plastikfreien Versand auszuwählen. Auch bei Sharings und Probenbestellungen hier bei Parfumo kann darauf geachtet werden, möglichst ressourcenschonend zu versenden. So gibt es Polsterumschläge aus Pappe anstatt mit Luftpolsterfolie aus Plastik. Und natürlich kann ich auch das Polstermaterial aus früheren Bestellungen recyceln, indem ich es nicht gleich wegwerfe, sondern aufbewahre und wiederverwende.

Eine weitere tolle Möglichkeit der Nachhaltigkeit im Parfumhobby bietet unsere schöne Plattform Parfumo: Ich kann hier testen und tauschen und sogar gebrauchte Flakons kaufen. Warum nicht erst einmal im Souk nachschauen, ob das gewünschte Parfum angeboten wird anstatt neu zu kaufen? Nachhaltiger kann ich einen Duft nicht erwerben.

Zudem kann es durchaus auch ressourcenschonend sein, die eigene Sammlung im Blick zu behalten und zu kuratieren bzw. den eigenen Konsum zu hinterfragen. Vor einem Kauf kann ich mich fragen: Brauche ich diesen Duft wirklich? Hätte ich Freude und Nutzen daran? Oder würde er schnell in Vergessenheit geraten und lediglich Staub ansammeln? Besitze ich vielleicht schon einen sehr ähnlichen Duft? Reicht vielleicht eine Abfüllung? Möchte ich wirklich das Parfum haben oder möchte ich einfach nur etwas kaufen, weil ich vielleicht gerade gestresst oder traurig bin?

Auch auf die verwendeten Rohstoffe kann geachtet werden. Ich muss gestehen, dass es mir bei diesem Punkt am schwersten fällt, ihn umzusetzen. Ich finde es sehr schwierig, die Rohstoffe und Inhaltsstoffe eines Parfums wirklich nachzuvollziehen. Viele Begrifflichkeiten sagen mir noch nichts und oft sind die Angaben unvollständig. Es ist oft schwierig, herauszufinden, wo die verwendeten Rohstoffe genau gewonnen wurden und unter welchen Bedingungen sie angebaut oder hergestellt wurden. Auch kann ich oft nicht erkennen, ob die bei der Herstellung beteiligten Menschen angemessen bezahlt wurden und gute Arbeitsbedingungen hatten. All dies ist mir jedoch wichtig und ich hoffe, mir da in Zukunft einen immer besseren Überblick verschaffen zu können. Zumindest einige Herstellungsfirmen fair produzierter Parfums konnte ich schon ausmachen und ich möchte in Zukunft vermehrt dort neue Düfte entdecken und kaufen.

Mein Fazit: Ich denke, es gibt nicht nur schwarz und weiß, sondern natürlich auch die vielzitierten Grautöne. Natürlich ist Parfum schlicht ein Luxusgut. Niemand braucht Parfum zum Überleben, auch wenn wir Parfumnerds das natürlich anders sehen. ;-) Daher kann Parfum gar nicht zu 100 Prozent nachhaltig sein. Doch was braucht man schon wirklich? Wenn wir nur kauften, was wir tatsächlich brauchen, beschränkte sich das wohl auf die nötigste Nahrung und wärmende Kleidung. Und vielleicht noch eine Zahnbürste und ein Stück Kernseife. :-) Wir konsumieren viel, was wir eigentlich nicht brauchen, treffen Entscheidungen, die nicht immer der Nachhaltigkeit zuträglich sind, und können im alltäglichen Chaos nicht immer den Umwelt- und Klimaschutz mitdenken. Da landet dann doch mal das in Plastik eingeschweißte Sandwich im Einkaufskorb oder der schnelle Einweg-Kaffeebecher in der Hand. Wir möchten uns etwas gönnen und kaufen den teuren Luxusduft im aufwendig beschichteten Flakon inklusive wuchtiger Kunstlederbox. Wir nehmen doch das Auto anstatt zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, weil es bequemer ist oder vielleicht in unserer derzeitigen Lebenssituation auch gar nicht anders geht.

Nun kann man hier natürlich einfach aufgeben; perfekte Nachhaltigkeit ist schlicht nicht umsetzbar. Also warum sollte man sich überhaupt Mühe geben? Für mich konnte ich feststellen: Auch wenn ich nicht in allen Bereichen perfekt nachhaltig sein kann, kann ich doch immer wieder nachhaltige Entscheidungen treffen. Ich kann doch zumindest bei schönem Wetter mit dem Fahrrad statt dem Auto zur Arbeit fahren. Ich kann möglichst selten Flugreisen machen. Ich kann mich für die umweltfreundlichere Verpackung entscheiden, die unverpackten regionalen Äpfel kaufen, den Kaffee in den Mehrwegbecher statt den Einwegbecher füllen. Ich kann mich für Second Hand-Artikel entscheiden, statt etwas neu zu kaufen. Ich kann Parfums von Hersteller:innen kaufen, denen Nachhaltigkeit wichtig ist, die mit Rohstoffen umsichtig umgehen und unnötige Verpackungen vermeiden. Ich kann überlegen, ob ich wirklich fünf neue Parfums, Blusen, Schmuckstücke etc. brauche oder ob ein Exemplar reicht und ob es unbedingt jedes Jahr das neueste Smartphone sein muss oder die neueste Fast Fashion. Und wenn ich nicht sowieso schon Vegetarierin wäre, könnte ich vielleicht erst einmal an einem Tag in der Woche auf Fleisch verzichten. Und so findet sicherlich jede:r einen Bereich, wo eine nachhaltige Entscheidung umgesetzt werden kann.
Ich denke, dass wir mit unseren Konsumentscheidungen maßgeblich dazu beitragen, wie es mit unserem Planeten weitergehen wird. Und ich bin der Meinung, dass hier jeder Schritt zählt. Man muss ja nicht immer sofort in allen Lebensbereichen gleichzeitig ansetzen. Ich halte es jedoch für wichtig, das eigene Konsumverhalten gelegentlich zu hinterfragen. Jede noch so kleine nachhaltige Entscheidung kann dazu beitragen, unsere Lebensgrundlage zu erhalten. Viele kleine Entscheidungen von vielen Menschen summieren sich schließlich. Everything counts. :-)

Quellen:
(1)  https://de.statista.com/statistik/daten/studie/166768/umfrage/umsatz-mit-damenparfuems-seit-2007/ (abgerufen am 01.12.2023)

19 Antworten

Weitere Artikel von IceMachine