vor 5 Jahren - 12.09.2019

Parfums de Marly - Vom Pferd erzählen

Der Name eines Parfums ist neben dem Flakon das Erste, was wir von ihm wahrnehmen, bevor der eigentliche Duft an der Reihe ist. Die Herangehensweise wie mit diesem wichtigen Merkmal umgegangen wird, ist von Marke zu Marke unterschiedlich. Einigen benennen das Parfum schlicht nach dem Geschlecht, mit dem sich der potenzielle Träger identifizieren soll bspw. "Valentino Uomo (Eau de Toilette)@Valentino", "L'Homme@Prada" oder "Le Mâle (Eau de Toilette)". Andere benennen es nach einem Lebensgefühl, das übertragen/ mit dem sich identifziert werden soll "individuel (Eau de Toilette)", "Legend (Eau de Toilette)@Montblanc" oder "Explorer@Montblanc" . Es gibt Parfumnamen, die nur den Duft beschreiben "Tobacco Vanille (Eau de Parfum)", "Oud Wood (Eau de Parfum)@Tom Ford" oder "Tuscan Leather (Eau de Parfum)@Tom Ford". Es gibt Parfümnamen, die den Duft erahnen lassen "Virgin Island Water", "Green Irish Tweed" oder "Viking". Bei diesen wird der potenzielle Kunde ungefähr herangeführt, was ihn erwartet, dennoch fragt er sich sicherlich, wie denn nun ein Wikinger riecht. Und dann gibt es Parfums de Marly, die ihre Parfums nach Pferden benennen. Dass der Kunde damit meist nicht viel anfangen kann, stellt Schoork wunderbar in seinem „Neulich im Ruhrpott…. Teil 7“ dar:

„Also Pferdeparfums? Hast du nen Ei am wandern? Ich will doch nicht stinken wien Gaul. Dich hat man auch durch den Pullover gestillt. Wohn ich aufn Ponyhof oder watt?“ [1]

Warum also Pferde?

„Parfums de Marly draws its inspiration from the century which celebrated the pinnacle of French elegance: the 18th century, the reign of perfume. “ [2]

Und was hat das mit den Pferden zu tun?
Unter der Herrschaft von Louis dem XV. habe eine „olfaktorische Revolution“ an seinem Hof stattgefunden und da das „Château de Marly“ (Schloss Marly-le-Roi) berühmt für seine Pferdestatuen gewesen sei, kommt daher der Name „Parfums de Marly“ und der Bezug zu den Pferden. [vgl. 2]

Warum dieser Blog?
Mich hat stutzig gemacht, dass die Düfte alle nach berühmten Pferden aus dem 18. Jahrhundert benannt sind, da fiel "Pegasus", bei dem der namentliche Ursprung angeblich auf das geflügelte Pferd aus der griechischen Mythologie zurück gehen soll, aus der Reihe. Das brachte mich dazu zu recherchieren und das was ich herausgefunden habe, hat mich irgendwie fasziniert. Das Faszinierende ist, dass teilweise tatsächlich das Pferd zum Duft und zu den Duftnoten passt – und das nicht, weil er nach Pferd riecht ;-) -.

An dieser Stelle könnte ich viel über die Besitzer oder Stammbäume schreiben, das wäre aber weniger spannend, deshalb wird davon nur der spannende Teil angerissen. Eine wichtige Auszeichnung ist der Titel Championat der Vaterpferde in England und Irland (CdV). Das ist eine jährliche Auszeichnung für den erfolgreichsten Rennpferdvater.

Jegliche Zusammenhänge basieren auf meinen Schlussfolgerungen und sind keineswegs evident.

Die Pferde hinter "Godolphin", "Byerley" und "Darley" sind die Urväter des modernen Vollbluts und somit der erfolgreichsten Renn- und Sprungpferde.

Beginnen wir mit Godolphin Arabian, Namensvetter des Lederduftes im goldenen Flakon. Ein edles Äußeres und ein wildes Inneres. Das trifft sowohl auf den Duft als auch auf das Pferd zu. Ein Geschenk von den Beys von Tunis an Louis den XV. [vgl. 2] Edward Coke importierte 1729 Godolphin dann nach England. [vgl. 3] Es gibt viele Legenden um Godolphin Arabian. Zum Duft passt die Legende um den dramatischen Hengstkampf um die liebevolle und zugleich wilde Stute Roxana, die übrigens die Tochter von Bald Galloway war [vgl. 3]. Da Safran, Thymian, Zypresse, Jasmin, Iris und auch die Rose im arabischen Raum wachsen, wundert es nicht, dass diese es auch als Duftnote Einzug in den Duft gefunden haben. [vgl. 22-27] Wie Godolphin wohl riechen würde, hätte man Vanille und Vetiver weggelassen, da diese nicht dort gedeihen? [vgl. 28&29] Außerdem war Godolphin Arabian CdV der Jahre 1738, 1745 und 1747 [vgl. 4].

Byerley Turk beschrieben als elegant, mutig und schnell – ein Widerspruch zu dem holzig-harzigen Duft? Vielleicht. [vgl. 5] Der Riechstoff Bergamotte in dem Duft geht sicherlich auf die osmanische Herkunft des Hengstes zurück. [vgl. 30] Möglicherweise hängt die Duftrichtung auch mit den Gegebenheiten in den Schlachten von Wien 1683 (zweite Wiener Türkenbelagerung) oder der Belagerung von Ofen (Buda, heute Stadtteil von Budapest) zusammen, denn Byerley soll in einer der beiden Schlachten den Osmanen abgenommen worden sein. [vgl. 5] Byerley ist übrigens der Ur-ur-großvater von King Herod. [vgl. 6]

Darley Arabians (Namensvetter von "Darley") Geschichte beginnt in der Wüste außerhalb Aleppos in einer Herde, die von Bedouinen geführt wurde. [vgl. 7&8] Da Syrien ebenfalls Teil des osmanischen Reichs gewesen ist, sehe ich darin die Bergamotte in der Kopfnote begründet, eine Hommage an Darleys Herkunft. [vgl. 30] Die Minze, die sich ebenfalls in der Kopfnote befindet, stellt die neue Heimat von Darley dar. Die meisten Minze-Arten wachsen primär auf der Nordhalbkugel in feuchten Gegenden, also auch in England. [vgl. 31] Da auch Darley wie Godolphin ein Arabian war, kann man hier wieder die Rose begründet sehen, sowie zusätzlich Rosmarin und Lavendel, die ebenfalls im arabischen Raum vorkommen. [vgl. 27, 32 & 33] Er ist der Großvater von Hobgoblin, dem Rivalen von Godolphin im Kampf um die Aufmerksamkeit von Roxana. [vgl. 7&8] Er war CdV von 1722 und seine Nachfahren haben mit Abstand die meisten Meisterschaften gewonnen. [vgl. 4]

King Herod, häufig einfach nur kurz Herod, ist der Namensvetter von "Herod". Er wird beschrieben als bemerkenswert vornehm mit unglaublicher Kraft. [vgl. 9] Eine Beschreibung, die genauso auf den Duft zutrifft. Kräftig ist jedoch nicht die Tabaknote, diese sehe ich als Hommage an den „türkischen Tabak“, der durch die besondere Anbauart der Osmanenen einen relativ milden Geschmack hat, ähnlich mild tritt der Tabak in Herod im Vergleich zu anderen Tabakdüften auf. [vgl. 10] Die Verbindung zu der Türkei bzw. zu den Osmanen kommt durch seinen Ur-ur-großvater Byerley. Herod verwendet zwar nicht wie dieser Bergamotte, jedoch Osmanthus. Bei diesem sollte man eigentlich davon ausgehen, dass der Name direkt auf das osmanische Reich zurückgeht. Leider konnte ich keine Quelle finden, die das belegt, allerdings wächst Osmanthus u.a. in der Türkei, vielleicht auch hier der Grund für die Verwendung. [vgl. 34] Herod ist von 1777 bis 1784 durchgehend CdV gewesen und wurde 1785 von seinem Sohn Highflyer abgelöst. [vgl. 4] Außerdem wurde er ebenso wie Ecplise von William, the Duke of Cumberland gezüchtet. [vgl. 11]

"Galloway" s Namensvetter kann zum einen Bald Galloway sein. Dieser hat zusammen mit der Tochter von Akaster Turk die hier schon häufiger erwähnte Roxana gezeugt. [vgl. 12] Roxana gewann drei Rennen in 1727 und auch ihre weiteren Beschreibungen lassen darauf schließen, dass sie ordentlich Pfeffer im Hintern hatte. [vgl. 13] Vielleicht hat sie das von ihrem Vater geerbt und daher kommt der Pfeffer in der Kopfnote? Pfeffrig ist auch die Geschichte, dass der Besitzer von Galloways Vater vermutlich bei der Flucht der Königin von König James dem II. und ihrem Sohn nach England in 1688 geholfen haben soll. [vgl. 14] Es hat mich erst gewundert, dass auch bei diesem Duft Iris verwendet wurde, sind Galloway und seine Vorfahren weder Turks noch Arabians. Jedoch ist sein Vater Barb (auf Deutsch Berber) und die stammen aus Nordafrika, also ebenfalls dem arabischen Raum. Bald Galloway war außerdem CdV von 1725. [vgl. 4] Zum anderen kann das Galloway Pony Namensvetter von dem Duft sein. Das ist eine ausgestorbene Ponyrasse aus Schottland. [vgl. 15] Sie wurden aufgrund ihrer Robustheit, Effizienz und Fähigkeit lange Strecken in schwierigen Bedingungen zu überwinden vor allem für die Grenzpatrouille und das Hüten von Kuhherden verwendet. [vgl. 15] Außerdem findet das Pony Erwähnung in Shakespeares Henry IV Teil 2. Durch die Relation zu den weiteren Namensvettern halte ich die erste Option für realistischer.

Akaster Turk (bzw. Acaster Turk) ist vermutlich der Namensvetter von "Akaster". Es wird davon ausgegangen, dass Akaster Turk und Carlisle White Turk dasselbe Pferd gewesen seien. [vgl. 16&17] Akaster Turk befand sich nämlich im Besitz von Charles Howard dem 3. Earl von Carlisle. [vgl. 17] Akaster Turk war CdV von 1721 und somit der erste dokumentierte Champion. [vgl. 4] An dem Turk erkennt man wieder die osmanische Herkunft des Pferdes. Das erklärt die Verwendung der Duftnoten Zypresse und die bulgarische Rose. [vgl. 35&36] Denn Bulgarien ist Teil des osmanischen Reichs gewesen.

"Carlisle" könnte theoretisch denselben Namensvetter wie Akaster haben und es ist deshalb vermutlich auch kein Zufall, dass die beiden Düften zusammen auf den Markt gekommen sind. Es kann auch sein, dass der Duft eine Anspielung auf Strickland Turk ist, der auch unter dem Namen Carlisle’s Barb bekannt ist. [vgl. 16&17] Hier gibt es ebenfalls Annahmen, dass es sich dabei eigentlich um den Akaster Turk handele. Außerdem gibt es noch Buckhunter (alias Carlisle Gelding) ein Sohn von Bald Galloway, Enkel von Acaster Turk und Urenkel von Byerley Turk. [vgl. 18] Buckhunter war ein relativ erfolgreiches Rennpferd [vgl. 18] Auf wen der Name nun zurück, wissen wohl nur die Namensgeber. Sicherlich wird der Klang von Carlisle etwas damit zu tun haben – Buckhunter klingt einfach nicht so gut;-)-. Carlisle verwendet ebenfalls Osmanthus, vermutlich aus demselben Grund, den osmanischen Vorfahren.

Den Blog möchte ich erstmal mit dem Duft beenden, der ihn erst ins Rollen gebracht hat. "Pegasus" ist der Sohn von Eclipse und somit auch ein Nachkomme von Darley. [vgl. 19] Daher ist es weniger verwunderlich, dass auch hier Bergamotte und Lavendel als Duftnoten vorhanden sind. Durch die Relation zu Darley kann man ebenfalls die gemeinsame Vanille in der Basis begründet sehen. Im heutigen Syrien, der Herkunft von Darley, fand man in 3000 bis 4000 Jahre alten Küchenresten Kreuzkümmel. [vgl. 20] Wen verwundert es da, dass Pegasus es als Duftnote beinhaltet? Auf die arabischen Wurzeln gehen auch hier wieder der Jasmin und der ebenfalls in Arabien (im südwestlichen Teil) wachsende Heliotrop als Duftnoten zurück. [vgl. 21] Pegasus ist ein Fuchs gewesen, also ein Pferd mit rotbräunlichem Fell, vielleicht hat das die braunfarbene Bittermandel in der Herznote inspiriert? Pegasus wurde von George, dem Prinz von Wales gezüchtet und gewann 12 Rennen. [vgl. 19]

Wie es an einigen Stellen schon durchklingt, gehe ich davon aus, dass viele Pferde aufgrund ihres Namens ausgewählt wurden. An dieser Stelle könnte man auch die Huhn-Ei-Frage stellen. Gab es zuerst den Duft und man hat ein passendes Pferd dazu gesucht oder hat das Pferd und seine Geschichte den Duft inspiriert?

Zu den Duftnoten bin ich auf euren Feedback gespannt.
Ist der Zusammenhang zu den Duftnoten von mir daher gesponnen oder könnte etwas daran sein? – Ihr Jonathan Frakes ;-) -

Wollt ihr einen weiteren Blogeintrag zu den noch nicht behandelten Düften?

[1] https://www.parfumo.de/Parfums/Parfums_de_Marly/Ro...

[2] https://parfums-de-marly.com/en/content/4-brand-st...

[3] http://www.tbheritage.com/Portraits/GodolphinArabi...

[4] https://web.archive.org/web/20160306110310/http://...

[5] http://www.bloodlines.net/TB/Bios/ByerlyTurk.htm

[6] http://www.bloodlines.net/TB/Sirelines/ByerleyTurk...

[7] http://www.tbheritage.com/Portraits/DarleyArabian....

[8] http://www.bloodlines.net/TB/Bios/DarleyArabian.ht...

[9] http://www.bloodlines.net/TB/Bios/Herod.htm

[10] https://renk-magazin.de/von-murad-und-tuerkenkost-...

[11] http://www.tbheritage.com/Portraits/Herod.html