Vetiver, Vetyver, Vetiveria - Veti-WAS??

Angeregt durch die spannende Diskussion bei den Herren (http://www.parfumo.de/forum/viewtopic.php?t=14786), welcher denn nun der beste, tollste, echteste Vetiver sei, schreibe ich endlich diesen schon lang geplanten Artikel:

Einer der ersten Düfte, die ich hier bei und durch Parfumo kennenlernen durfte, war das phantastische "Sel de Vetiver" der Different Company. Celine Elléna wollte mit diesem Duft den besonderen Eindruck von auf der Haut getrocknetem Salz und der Erinnerung an mit Vetiver-Wurzel gewürztes Wasser festhalten. Das Ergebnis ist in seiner klaren Trockenheit durchaus streitbar, gehört aber bis heute zu meinen absoluten Top 3. Wenn ich mich für einen einzigen Duft entscheiden müsste (Göttin bewahre!), wäre es "Sel de Vetiver".

Dieser großen Liebe folgte dann eine längere Vetiver-Testreihe, die ich hier gerne festhalten würde. Obwohl Vetiver häufig als eher männliche Komponente wahrgenommen wir, finde ich, dass er auch (manche) Frauen ausgesprochen gut begleitet. Guerlain hat das wohl auch erkannt und mit seinem "Vetiver pour elle" eine eigene Damenvariante auf dem Markt gebracht. Inzwischen leider eingestellt, ist dieser Duft in meiner Nase durchaus unisex. Eine fühlingshaft grüne Frische, die durch das Maiglöcklchen nicht ganz so herb dahergkommt wie der Vetiver-Klassiker von Guerlain, dominiert hier von Anfang bis Ende. Empfehlenswert für Freunde der leichten Vetiver-Interpretationen, die dem Vetiverylacetat zu verdanken sind (hier empfiehlt sich die Letüre dieses informativen Artikels: http://www.aromatisches-blog.de/2010/10/17/von-vetiver-und-vetiverylacetat-salicylsaeure-und-aspirin-acetylgruppen-und-acetylisierung).

In diese Richtung geht auch "Vetyverio" von Diptyque. Ein leichter und leicht zu tragender, ebenfalls unisexer Vetiver, der durch eine ordentliche Zugabe von Zitrusfrüchten und seine feine Blumigkeit auch denen schmeichelt, die nicht zu den Hardcore-Vetiverfans zählen. Hier würde ich auch "Xllence - Vetyver Incenso" (Farmacia SS. Annunziata) und "Vétiver fatal" (Atelier Cologne) einordnen. Beides sehr schöne, aber keinesfalls monothematische Vetiver-Düfte. Einmal verleiht der Weihrauch Abwechslung, das andere Mal die in der Kombinatilon sehr ungewöhliche Pflaumennote. Unbedingt testenswert!

Ich persönlich mag es allerdings lieber etwas knarziger und kräftiger, so wie z.B. bei "Sycomore" oder "Encre Noire". Die Ähnlichkeit der beiden Düfte ist ja nichts Neues, aber man sieht hier einmal mehr, wie willkürlich doch die Genderisierung der Düfte erfolgt: So ist "Sycomore" als Damenduft und "Encre Noire" für die Herren der Schöpfung gedacht. Soso. Beide zeichnen sich jedenfalls durch diese gewissene Trockenheit aus, die ich an Vetiver-Düften sehr schätze. Dieser Aspekt hat für mich auch eine gewisse Sexiness - vorausgesetzt der/die Träger_in passt ;)

Die Holzigkeit, die "Sycomore" und "Encre Noir" verbindet, findet sich auch in Mona di Orios "Les Nombres d'Or - Vétyver", ein meiner Ansicht nach zu Unrecht eher wenig beachteter Vertreter seiner Art. Im Auftakt erinnert er mich an meinen Favoriten "Sel de Vetiver", vielleicht ist das die Grapefruit (ebenfalls eine meiner Lieblingsnoten). Danach gelingt diesem Duft das Kunststück eines gelungenen Übergangs von der grün-fischen Ausprägung des Vetivers zu seiner dunklen, erdig-rauchigen Seite. Das kenne ich so ansonsten nur von "Vetiver Extraordinaire" (Malle), den mein Mann und ich gleichmaßen schätzen - in diesem Fall meinerseits jedoch nur passiv. Liebe Herren, nehmt Euch in acht: mit diesem Duft kann es zu spontanen Knutschattacken kommen! Sehr edel, sophisticated und erwachsen im besten Sinn (meint: nicht langweilig!).

Zuletzt noch ein Abstecher zu den Vetivers, die sich in den gourmandigen Bereich vorwagen: Allen voran "Hermessence Vétiver Tonka", dessen Beliebtheit ich nicht so ganz nachvollziehen kann. Ich rieche hier Vetiver (den Grünen) und ich rieche Tonka, beides auch in guter Qualität, nur leider geht das für mich nicht zusammen. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, wie das Ergebnis einer solchen Mischung gedacht ist: Ein gelungenes Beispiel hierfür ist nämlich der "Fat Electrician" von EldO. Hier gesellt sich zum ebenfalls eher grünen Vetiver eine vaniliige Basis, die dem Ganzen eine gewisse buttrige Fülle verleiht. Sehr fein und sexier als sein Name! Wiederum nicht so gut gelungen ist das mit der Buttrigkeit meiner Meinung nach im Fall von "Vetiver de Java Osmo". Hier gleitet der füllige Körper tatsächlich eher in Richtung eines schmierig-schwitzigen Elektrikers ab, gar nicht mein Fall - obwohl die angegeben Noten etwas vollkommen anderes vermuten lassen. Nix zitrisch, nix Hölzer, eher balsamisch (lies: schwülstig-schwer).

Meine neueste Errungenschaft ist "Coeur de Vetiver Sacre" von L'Artisan - was für ein Name! Der Duft verlangt ganz klar mehere Anläufe. Obwohl er aufgrund der fruchtigen Komponente zunächst leicht zugänglich ist, entdecke ich bei jedem Tragen neue Aspekte. Allerdings hat man es hier mit keinem "echten" Vetiver-Duft im Sinn der Klassiker zu tun. Es handelt sich eher um eine verspielte Assoziationskette, die mit Trockenobst, Weihrauch und Tee ein buntes Potpourri rund um das Vetiver-Thema entwirft.

Für den Frühling steht auch schon einiges auf meiner Test-Liste, ganz oben das hier viel gelobte "Vettiveru" von CdG. In diesem Sinn: to be continued...

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