Mentha Citrata 2012

TVC15
16.06.2013 - 08:50 Uhr
28
Top Rezension
7.5
Flakon
2.5
Sillage
5
Haltbarkeit
10
Duft

Frühling am See

Nach den eher lauwarmen bisherigen Reviews fühlte ich mich förmlich verpflichtet einzugreifen, um dem absolut großartigen "Mentha Citrata" wenigstens einen Hauch von Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Klar, "Mentha Citrata" zählt zu den natürlichen Frischedüften, die an prominenter Stelle nun mal vorwiegend aus flüchtigen Zitrusnoten bestehen, welche in den wenigsten Fällen ähnlich haltbar sind wie irgendein alberner Gourmand-Murks. Dies vorausgesetzt ist "Mentha Citrata" (offiziell ein Eau de Parfum) durchaus kein ganz schlapper Vertreter seiner Art und ein mehrstündiges Picknick in den Gärten seiner heimatlichen Isola Bella schafft er mit links.

Andererseits halte ich aber auch sehr wenig von der weitverbreiteten Ansicht, dass die Haltbarkeit eines Duftes Indiz für seine Qualität ist. Es gibt mehr als genug klebrige Billigwässer, deren extensiver Zähigkeit man selbst mit Nagelbürste und Reinigungsalkohol schwerlich beikommt.

Der Scheuklappenblick auf die Haltbarkeit kann mitunter auch das Näschen fürs Wesentliche trüben, und das ist hier mit Sicherheit die Bergamotteminze, die uns in der Kunst der schönen Düfte bisher noch nicht allzu oft über den Weg lief. Man sollte hier keine Zahnpasta- oder Kaugummiminze in der Art von Guerlains "AA Herba Fresca" oder Heeleys "Menthe Fraîche" erwarten. Auch einen übertrieben ätherischen Frischekick, wie er z.B. die Grundtemperatur von "Cool Water" herunterregelt oder Inhaltsstoff eisiger Duschgels ist, sucht man bei "Mentha Citrata" vergebens. Die Betonung liegt eher auf dem zweiten Namensteil, dem Zitrischen. Der vom Ex-Modedesigner Giovanni Castelli mit Hingabe und Lokalstolz komponierte Duft aus dem Kurörtchen Stresa am norditalienischen Lago Maggiore glänzt durch frühlingshaft leichte, nichtsdestotrotz aber sehr edle und anspruchsvolle grüne Zitrusnoten, denen in Botanikerkreisen auch eine süßlich-frische Ähnlichkeit mit Lavendel attestiert wird. Die charakteristische Sanftheit ist übrigens schnell erklärt, denn anders als die große Schwester, die Pfefferminze, enthält Bergamotteminze kein Menthol, weshalb sie auch "Kinderminze" genannt wird.

Damit der beschaulichen Herkunft des Duftes (laut Waschzettel ein Stück Paradies, in dem das ganze Jahr über Blumen blühen und die Zeit stehengeblieben ist) gebührend Rechnung getragen wird, mischen sich zur zitrischen Kopfnote im weiteren Verlauf die floralen Töne der am Golfo Borromeo häufig anzutreffenden Duft-Kamelie (Camellia Sasanqua) sowie eines schüchternen Veilchens. So einsam wie Knickzimt meint, steht die Minze also gar nicht da. Zumal "Mentha Citrata" wie so viele Düfte seiner Art in der Basis auch nicht ohne eine obligatorische Zeder auskommt, die die Flüchtigkeit etwas zu erden versucht, was ich als Ausklang dieser tollen Komposition nicht umwerfend spannend, aber völlig legitim finde.

Fazit: Einer der schönsten Düfte, die ich seit den 80ern gerochen habe.
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