Black Lapsang 2015

loewenherz
02.08.2017 - 15:49 Uhr
20
Top Rezension
7
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft

kompetent / unfreundlich

Wenn ich so die Leute Revue passieren lasse, mit denen ich - in der aktuellen oder jeder zurückliegenden Station - beruflich zu tun hatte oder habe, lassen sie sich im Grunde in eine ganz einfache Matrix einordnen: auf der X-Achse kompetent / inkompetent und auf der Y-Achse freundlich / unfreundlich (oder umgekehrt). Am günstigsten ist natürlich die Kombination aus kompetent und freundlich, und glücklicherweise gibt und gab es von denen doch immer etliche. Mit weniger kompetent, aber freundlich kann man - wenn man das denn erst mal weiß - auch halbwegs umgehen (und manchmal bessert sich das ja mit der Zeit). Und auch mit der Paarung aus kompetent, aber (grundsätzlich) unfreundlich geht es irgendwie - wenn es denn sein muss, und meistens muss es sein, was diese Leute auch immer wissen (bessern tut sich das selten). Richtig ungünstig ist alleine die - leider durchaus auch anzutreffende - Paarung aus keine Ahnung und dauerpampig (auch schon erlebt).

Auf Parfums übertragen sind die kompetent-freundlichen Kandidaten wohl die, die wir gemeinhin unsere Lieblingsdüfte nennen: wir empfinden sie als angenehm und darüber hinaus auch noch immer wieder spannend und haben sie deswegen gerne um uns. Im direkten Gegensatz dazu sind die inkompentent-unfreundlichen Parfums diejenigen, an denen man auch bei längerem Hinriechen weder etwas Liebenswertes, noch etwas Interessantes findet, also: hinfort damit! Freundlich-inkompetente Düfte (=schöne Kopfnote und nichts dahinter) werden manchmal übereilt gekauft, verweilen dann aber meist nicht lange in der Sammlung (oder geraten dort weitgehend unbenutzt langsam in Vergessenheit). Die vielleicht am schwierigsten einzuordnende und bewertende Gruppe sind die kompetent-unfreundlichen Düfte, also diejenigen, die interessant und irgendwie aufregend sind, uns aber trotzdem sinnlich-emotional nicht wirklich erreichen. Bohdidharmas Black Lapsang ist ein solcher Duft.

Black Lapsang ist ein guter, vor allem ein wirklich gut gemachter Duft. Das fand ich beim ersten Hinschnuppern, fand ich während des ganzen Riechens, finde ich noch immer. Da ist ein finsterer, ernster und sehr authentischer Teeakkord - deutlich mehr Assam als Mate, ein kräftiger Schwarztee von der Sorte also, die nach zwei Minuten dunkelkupferfarben wird - mit einer fast ledrig anmutenden Holzigkeit und einer lichtlosen Teernote verblendet, die die Nase vom ersten Kontakt an in ihrem Bann zu ziehen in der Lage sind. Hier ist ein Teeduft, der eher von harter körperlicher Arbeit beim Verladen von Teekisten am Hafen von Shanghai oder im Güterbahnhof von Kalkutta denken lässt als an blumigen Trinkgenuss in duftigen Nachmittagskleidern auf einer beschatteten Veranda. Das ist bemerkenswert konsequent und handwerklich ganz fabelhaft gemacht - aber beinahe mehr ein Kunstduft als ein wirkliches Parfum. Denn sinnlich schön, liebenswert oder angenehm zu tragen, das ist er nicht.

Fazit: kompetent / unfreundlich eben. Aber wenn's drauf ankommt, muss man mit denen können.
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