Carrera 1988 Eau de Toilette

Taurus
16.01.2014 - 15:29 Uhr
6
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft

Carrera ohne Karacho

Es gab mal eine Zeit, da wurde mit der Bezeichnung „Carrera“ alles Mögliche an den Mann bzw. an das Kind oder auch Kind im Manne gebracht. Carrera ist spanisch und bedeutet Rennen und langte Anfang der 50er Jahre dank der Carrera Panamericana, einem Straßen-Autorennen durch Mexiko, in den deutschen Sprachgebrauch. Da Porsche mit seinem eigentlich unterlegenen 550 Spyder überraschende Erfolge erzielen konnte, nannten die Zuffenhausener seit jenen Tagen ihr leistungsstärkstes Modell „Carrera“.

Anfang der 60er Jahre begann dann der Erfolg der spurgebundenen Carrera-Autorennbahn, die vor allem in den 70er kaum in einem Spielzimmer fehlen durfte. Auch ich war stolzer Besitzer einer Carrera-Bahn 132 Universal mit langen Geraden und tollen Steilkurven. Hier konnte man ordentlich Gas geben bzw. den Knopf drücken.

Zudem gab es noch von Montblanc eine Carrera Edition in Gelb-Schwarz mit Füllern, Kugelschreibern, Bleistiften, Stifthalter in Form eines Reifens sowie ein Federmäppchen. Die musste ich damals natürlich auch haben und dürfte - sofern ich das ein oder andere von dieser Serie noch besitze – bei Ebay mittlerweile einige Scheine abwerfen.

Hätte ich mich in jener Zeit schon mit Düften auseinandergesetzt, so hätte ich mir garantiert auch Carrera von Mülhens zugelegt. Doch 1988 war der Carrera-Hype schon längst abgeebbt. Der Hersteller der Carrera-Rennbahn meldete bereits drei Jahre zuvor Konkurs an (auch wenn es die Marke mittlerweile wieder gibt) und von Porsche gab es damals nur den wenig erfolgreichen 924 als Carrera-Model.

Kein Wunder also, dass Mülhens mit seinem Carrera keine Rolle mehr im großen Parfum-Rennen spielte. Auch der Duft startet, typisch für die 80er, ein wenig schwerfällig mit süßlichen Amber, spritzigem Lavendel und feinfruchtigen Noten. Stellenweise kommt es mir so vor, als würde ich einen Spritzer Birne vernehmen. Später wird er weich und edel – so als wäre neben den erhabenen Gewürzen auch etwas Sandelholz in den Tank geraten. In diesem Mittelpart läuft der Carrera wirklich auf Hochtouren auf – halt ein sympathischer süßer Amber mit holzig-würzigen Akzenten. Zwar kommen die ganzen Komponenten recht klassisch rüber – aber halt mit großer Wertigkeit. Auf der Zielgeraden wird Carrera dann immer transparenter mit einer hauchfeinen süßlich-frischen Note, die ganz gegen Ende zwischenzeitlich noch ein bisschen an Davidoffs Relax erinnert. Eigentlich recht ungewöhnlich, dass man einen Duft von der Komposition her anfangs schwerer und am Ende leichtfüßiger wirken lässt. Und als sportlich rasant mit betont maskulinen Attributen würde ich Carrera auch nicht unbedingt sehen. Dafür wirkt das alles zu gesetzt und zu kuschelig. Und die Haltbarkeit hat fast schon Langstreckenniveau – aber nicht für Rennen sondern eher gemütliche Überlandausflüge.

Im Prinzip ist es schade, dass wir es bei Carrera mit einem Kandidaten zu tun haben, der wirklich interessant gemacht ist, aber aufgrund seiner bereits schon damals überholten Bezeichnung und wohl dem einhergehenden Drogerie-Image so unbeachtet blieb. Der gleiche Duft in einem schnittigeren Flakon und mit dem Namen einer noblen Automarke würde hier satte Prozentzahlen einheimsen!
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