Allure Homme Sport Eau Extrême 2012

Pronounta
27.10.2019 - 13:56 Uhr
12
Top Rezension
7
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft

Symbiose zwischen einzigartig und beliebig, oder: Wie Chanel die eigene Alluren-DNA zu einem überzeugenden Immergeher umpolt

Es ist Juli. Draußen knallt die Sonne auf meine Haut, Schweiß tropft von meiner Stirn, dabei laufe ich doch nur durch Straßen. Oder tue ich das? Sitze ich nicht eigentlich im Büro? Höre ich nicht meinem Professor zu, der eine Vorlesung hält? Oder ist es nicht eigentlich schon spät, mein Date mir gegenüber, welches mir sagt, dass ich doch so gut rieche?

Ist es wirklich Juli? Ist es nicht eigentlich Dezember, mit kaltem Wind, der mir auf die Hände knallt, mich bereuen lässt, dass ich keine Handschuhe dabeihabe?

Ich weiß es nicht. Doch wenigstens weiß ich, wie ich riechen muss, um nicht aufzufallen. Oder falle ich auf? Wahrscheinlich, dafür projiziere ich stark genug. Doch negativ? Negativ falle ich nie auf. Dafür rieche ich zu gefällig, immer der Situation entsprechend.

AHSEE zeigt seine Basis von dem Moment an, wo er die Haut des Trägers berührt. Moschus und Tonkabohne zusammen mit Sandelholz, die subtil in den Duft eingearbeitet ist, sodass man nach ihr eher suchen muss. Es übertönt die beiden nicht, lässt sie spielen, veredelt sie.

Dazu gesellen sich anfangs Mandarine und Minze. Es ist, als hätte man die Mandarine ausgepresst, Minzen dazugelegt, und beides subtil über die Basis verteilt. Hier gefällt mir der Duft am besten. Eine ausgewogene, fruchtige Frische (und dabei eher letzteres) kontert die süße Basis.

Nun muss ich gestehen, dass ich die Herznote nicht gezielt wahrnehme. Je länger der Duft auf der Haut bleibt, desto homogener riecht er. Nach einigen Minuten wird es für mich schon schwerer, einzelne Noten herauszuriechen. Muskatellersalbei und schwarzen Pfeffer finde ich nicht wirklich. Doch trotzdem entwickelt sich der Duft ziemlich.

Die Mandarine macht nämlich nach kurzer Zeit Platz; nach einer Stunde ist die Frucht nicht mehr direkt wahrnehmbar. Die Minze bleibt, bringt ihre charakteristische Frische, doch auch nicht in der gleichen stärke.

Die Süße der Basis gewinnt nun Überhand, die Frische ist kein so guter Gegenspieler mehr. Ersteres äußert sich nun etwas pudrig, äußerst angenehm. Letzteres tut ab jetzt genau das nötige, was sie tun muss, um noch präsent zu bleiben und zumindest etwas der Intensität von dem zu stehlen, was unter ihr liegt.

Im weiteren Verlauf passiert nicht mehr viel. Nach einigen Stunden zeigt der Duft sich so, wie er sich auch am Ende seiner Laufzeit zeigen wird.

Der Blend ist herrlich. Nichts ist zu viel, nichts sollte präsenter sein, nichts fehlt, nichts sollte dazukommen. AHSEE ist in sich schlüssig gemacht. Deswegen habe ich im Titel das Wort "beliebig" benutzt: er hat keine wirklichen Kanten, ist eher smooth. Doch trotzdem gibt es keinen Duft, der so riecht, wie dieser hier. Abgesehen von den anderen Alluren zumindest, die leichte Ähnlichkeiten aufweisen können. :)

Aber was macht ihn zu so einem guten Immergeher? Die Antwort ist simpel: er hat einfach vieles. Warme Tonkabohne und kühle Minze, pudrige Süße und konternde Frische. Er hat verführerische Elemente, aber bleibt bodenständig und casual. Überraschenderweise macht er trotzdem alles gut und gibt keine Qualität für seine gefällige Vielseitigkeit auf.

Nun muss ich gestehen: sehr oft trage ich AHSEE nicht. Das liegt an mir. Wenn ich im Büro bin, ist er mir zu schade. Da greife ich lieber nach etwas günstigem wie Zaras Fresh Sandalwood, welches sich angenehm äußert. Auf Dates trage ich lieber einen süßwürzigen Duft wie Herod. Wenn die Außentemperatur sich den 40°C nähert, wäre ein höherer Frischeanteil förderlich. Aber das liegt hauptsächlich daran, dass meine Sammlung groß genug ist, um mir so viel Auswahl zu geben. Wenn ich mich für den Tag angezogen habe, in den Spiegel schaue, und keine Ahnung habe, was zu meinem Outfit, der Jahreszeit und meiner Stimmung passt? Dann greife ich sehr gerne zu AHSEE.

Nur eine Sache kann er meiner Meinung nach nicht: edel sein. Zu Mantel würde ich ihn nicht gerne tragen. Da kann es gerne wärmer, würziger sein. In AHSEE würde ich mich in sehr edlen Klamotten nicht wohlfühlen. Jugendlich ist er auch, also für das ältere Klientel vielleicht ungeeignet. Ansonsten? Immer tragbar. Höchstens bei Dates in guten Restaurants oder ähnlichem würde ich noch auf ihn verzichten.

H+S sind sehr gut. Kein lauter Schreier wie ein Montale oder Nasomatto, aber er hält lange auf der Haut und zeigt sich auch. Man möge behaupten: H+S sind nicht zu stark für den Sommer, aber gleichzeitig nicht schlechter als Alternativen für den Winter. :)

Danke fürs Lesen!

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