Infiniment 2004 Eau de Parfum

Undine
07.01.2012 - 11:20 Uhr
7.5
Flakon
7.5
Haltbarkeit
2
Duft

Die Petitgrain-Keule

Es ist nicht selten – und hier auch schon häufig geschrieben worden -, dass verschiedene Konzentrationen eines Parfums sich nicht nur in der Intensität unterscheiden, sondern auch im Duft. Deshalb probiere ich bei der Begegnung mit neuen Parfums gern mehrere Konzentrationen aus. Falls ich den Duft tatsächlich trage, sollen es ja die für meine Haut und meine Nase passendsten Nuancen sein.

Also doppelter Zugriff bei Infiniment. Ein Blindkauf; mache ich sonst nie, aber beim Schnäppchen war Tempo angesagt ;-)… EdP aufs linke, EdT aufs rechte Handgelenk – und ich stehe verblüfft da: Nuancen?? Nichts da, Welten. So krasse Versions-Unterschiede erlebe ich zum ersten Mal.

Die frische Prise Bergamotte, mit der es links losgeht, hat sofort ein zweites, intensiveres Zitrusaroma im Schlepptau. Im ersten Moment stechend, dann dumpf werdend, einen Tick muffig: Petitgrain. Ein Aroma, das ich bisher nicht beim Namen nennen konnte. Doch ich kenne es gut – und schätze es wenig. Es ist für mich verknüpft mit Wohnzimmern betagter Damen, staubfrei und aufgeräumt, gepflegt und durchaus edel, aber hoffnungslos überfüllt mit schweren, alten Möbeln; die Vorhänge haben Quasten, auf der Kommode liegen Spitzendeckchen, in der Vitrine stehen schnörkelige Goldrand-Sammeltassen.

Sei’s drum, die Pyramide verspricht ja noch mehr. Nach einer Stunde verlässt mich freilich die Geduld: Wo bleibt der Pfeffer? Wo bleiben bloß die Blüten? Die Petitgrain-Kopfnote müsste doch allmählich verfliegen! Pustekuchen. Die Assoziationen werden spitzer, Friedrich Glausers bissiger Krimi "Der Tee der drei alten Damen" fällt mir ein. Petitgrain, Petitgrain. Nicht mehr fortissimo; aber immer noch kann sich keine Blume durchkämpfen. Nicht mal die Tuberose, und das will was heißen.

In der Küche beginnt mein Mann, kein Nasenmensch, skeptisch zu schnuppern. Richtung Obstkorb: "Ich weiß nicht, könnte da vielleicht eine gammlige Apfelsine…?" Petitgrain, Petitgrain, Petitgrain. Nach drei Stunden gebe ich auf, jetzt ist es Zeit für Wasser und Seife. Plus Bürste plus Creme, denn an Haltbarkeit fehlt es (leider) nicht.

Zur Ehrenrettung fürs Parfum sei gesagt, dass ich nachträglich tatsächlich eine angefaulte Mandarine im Obstkorb gefunden habe ;-)… Trotzdem, das EdP und ich passen partout nicht zusammen; an mir erschlägt die Petitgrain-Keule alle anderen Aromen. (Aber kann das Parfum wirklich was dafür, dass meine Haut/ meine Wahrnehmung einen seiner Inhaltsstoffe so extrem verstärkt? Keine Ahnung.)

Am rechten Handgelenk ist’s völlig anders. Das EdT hat angenehm begonnen und sich fein entwickelt. Der Test läuft noch. Kommentar folgt.

Nie wieder Blindkäufe! Aber das Lehrgeld ist verschmerzbar, siehe oben: Schnäppchen ;-).
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