Fluxit
06.04.2016 - 13:24 Uhr
10
Top Rezension
4
Sillage
6
Haltbarkeit
5
Duft

Luftiger Flugbegleiter mit Waldstart

"Ephemera" ist das spannende Projekt von Unsound, Geräusche synästhetisch in Parfüms umzuwandeln. Geza Schön nahm dafür an Installationen in New York, Krakau und Norwegen teil, um die Laute olfaktorisch in seiner Phantasie und schließlich in durchsichtige Flaschen einzuschließen. Wer den "Drone"-Sound nicht kennt, denke an ein durchgehend vibrierendes Didgeridoo oder einen monoton erklingenden Dudelsack, da beide harmonische, sich schnell wiederholende Noten generieren und diese vergleichsweise lange aufrechterhalten können. In der Installation wurde wohlgemerkt elektronische Musik eingesetzt, die der Verpackung als Code zum digitalen Download beiliegt - eine tolle Idee! Wer etwas im Internet stöbert, kann den Sound als etwa zweiminütige Probe ebenfalls entdecken.

An dieser Stelle entschuldige ich mich für nachfolgende Assoziationen, denn bevor ich den Hintergrund dieses Parfums nachgeschlagen habe, hatte ich nur die Flugdrohne im Kopf. Und weil der Duft, einmal mit dem Gedanken eingebrannt, dieser für mich besser entspricht als experimentellen Lauten aus dem Computer, begleite ich seine Entwicklung lieber aus der geflogenen Perspektive.

Völlig unerwartet startet die Drone im Wald: Nach einem säuerlichen Moment muss ich sofort an das Latschenkiefer-Badegel denken, das mir als Kind häufig ins Wannenwasser getropft wurde und es in Sekunden knatschiggrün färbte. Sowohl Farbe als auch Geruch treffen für die erste halbe Minute der Kopfnote zu. Die Säure mag von der Limette kommen, die ich aber nicht als zitrisch wahrnehme, ja, nicht einmal als Frucht identifizieren kann. Da rieche ich eher ein mildes Kratzen von nassem Eisen.
Auch die nächste Assoziation erreicht mich unerwartet: Eine Zahnarztpraxis?! Definitiv Aldehyde, die flüchtig desinfizierende Flüssigkeiten mit der Pseudofrische stählerner Instrumente im tannengrünen Hintergrund verbinden. Trocken frisch, klinisch.
Die letzte Station meines ferngesteuerten Fluggerätes ist unklarer definiert, eine Landung am Rande des Freibades. Verblichen salzig aquatische Noten, synthetische Fäden auf der blassblaugrünen, industriellen Dronenplatine aus Vetiver.
Manche der Noten kann ich gar nicht wahrnehmen (Patchouli) oder kenne ich nicht (Hedion). Den luftigen Akkord unterstelle ich dagegen dem kompletten Verlauf. Besonders schön finde ich Drone trotz seiner eigenwillig frischen Lebendigkeit nicht, nicht an mir, nicht an anderen. Die Umsetzung des Themas - naja, also meiner fälschlichen Interpretation des Themas ;) - halte ich allerdings für interessant und gelungen! Auch den wissenschaftlich-urbanen Flakon finde ich ansprechend, alle drei aus der Reihe.

Mein Begleiter umschwirrt mich mit einer Sillage von unter einem Meter, nach 8-9 Stunden ist er im wahrsten Sinne des Wortes verflogen, wenn ich nicht gerade mit der Nase an meiner Haut tiefgehende Suchmanöver starte. Zusammen mit der Ausrichtung des Duftes ist Drone damit kein lauter Militärbrummer, sondern ein taktvoller (Flug-)Begleiter, der Mann (besser als Frau) in der wärmeren Hälfte des Jahres ins Büro oder zu luftigen Freizeitaktivitäten begleiten möchte.
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