Cilice Eau de Parfum

Shaking
12.02.2021 - 11:30 Uhr
30
Top Rezension
7
Preis
7
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft

Reise ans Ende der Nacht

Einsam und von der Zeit vergessen, als ob sich die Erde aufgetan und das kleine Kloster für Jahrhunderte verschluck hätte, so lag es da, seine Silhouette zaghaft aus dem Nebel ragend..

Schönthal... in schiefen und verschmieren Buchstaben , so stand es auf dem Brief, das Datum
2 April 1525.

Lieber Albrik,

mit Bestürzung habe ich Deine bittere Klage über den Tod unserer geliebten Eltern vernommen.
Wie grausam die Oberen doch sein können, nur um Ihren Ansprüchen an Macht und Gewinnsucht gerecht zu werden.
Was blieb unseren Eltern und Dir denn noch?
Ein geringeres Leben als eine gemeine Ratte zu führen?
Sich zu Tode schuftend, ohne Aussicht auf ein besseres Leben?
Wie gut kann ich unsere Eltern verstehen, als die Nachrichten aus Württemberg kamen, sich den Aufständen anzuschließen.
Wer konnte den ahnen, das aus einem Funken, eine Feuerwalze über uns hineinbrechen würde..
Ich hoffe der Brief erreicht Dich noch vor Deiner Flucht...bitte komm zu mir geliebter Bruder...
Alles Weitere dann.
Benjas
Albrik, am Ende seiner Kräfte, war froh...
Froh die Vergangenheit und die schmerzlichen Erinnerungen an jene, die er hinter sich hat lassen müssen, für einen Augenblick zu vergessen...
Froh sein eigenes Leben in die Hände Gottes legen zu dürfen, die Schicksalshaftigkeit abwendend und wissend, fortan ein tugendhaftes Leben, im Einklang mit sich zu führen.
Gleichwohl ihm bewusst war, dass die Buße die er tun müsste, nur schwerlich in einem Leben würde aufgewogen werden können...

Mit letzter Kraft und im schützenden Nebel erreichte er die Klostermauer; langsam sich vortastend, bis eine kleine Seitentür seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Die drei kurzen Faustschläge an die hölzerne Pforte verhallten im Nebelgrau..

Plötzlich regte sich etwas hinter der Tür...Schritte waren zu hören, hektisches Treiben.
Mit einem Mal fiel die Tür auf und Albrik stolperte nach innen.

Sofort schlug ihm ein dichter, warmer Rauch entgegen...einen Rauch, den er noch von seinem Onkel kannte.
Böttcher war er von Beruf und er liebte es, seit seiner Kindheit, seinem Onkel beim ausbrennen der Fässer zu beobachten.
Kindheit...diesen Begriff hatte er schon lange vergessen..

Seine Augen tränten, aber er konnte durch seine müden Pupillen einen Schatten erkennen, der, immer deutlicher werdend, auf ihn zukam.

"Mein lieber Bruder, Du hast es geschafft"
Benajs, ganz in Tierfell und Leder gehüllt, stand vor ihm...
Kleiner war er geworden sein Bruder und dünner, wo einst ein Klostergewand seinen Bauch verdeckte, lugte nur noch ein Büßerhemd, lose flatternd unter dem Ledergewand hervor.

"Lass Dich ansehen Bruder"
..auch Albrik hatte sich verändert, seine fröhlichen und wohlwollenden Augen waren fast bis zur Gänze in seinen Schädel gewandert, die Falten auf der Stirn tief, die Haare nur noch an einigen Stellen vorhanden.
Benjas erschrak:

"Komm Bruder setzt Dich, Du muss durstig sein, trink"
Benjas reichte ihm eine Flasche mit mit einer dickflüssigen Substanz..
"Das wird Dir neue Kraft geben, unser klostereigener Likör mit ein bisschen Honig und allerlei Gewürzen versetzt, dass weckt die Lebensgeister"

Einen großen Schluck machend, merkte Albrik sofort eine wohlige Wärme in Sich empor steigen.
Wie lang war es her, dass er geschlafen, geschweige etwas getrunken und gegessen hatte...
Alle Anspannung wich aus seinem Gesicht.... da war er wieder sein Bruder, für einen kurzen Augenblick so wie er ihn in Erinnerung hatte, bevor Benjas ins Kloster gezogen war, nur um, die Flasche hatte noch nicht ganz den Tisch berührend, sein Gesicht wieder in tiefe Falten zu werfen.

"Du musst müde und erschöpft sein, hier bist Du in Sicherheit....komm ich zeige Dir Deine Stube, dort kannst Du dich ausruhen, wir reden morgen"

Benajs führte seine Bruder durch einen schmalen Gang in ein kleines, mit einem Tisch, einem Stuhl und einem Bett, spartanisch ausgestattetem Zimmer.
Die Luft im Raum war etwas abgestanden und rauchig, aber das machte Albrik nicht viel, er mochte einfach die wohlige Wärme, wahrscheinlich auch, weil er diese schon lange nicht mehr gespürt hatte.

"Ich lasse Dich etwas zur Ruhe kommen, falls etwas ist, meine Stube ist direkt gegenüber"
"Danke Benajs" ... dies waren die Ersten 2 Worte die Albrik seit seiner Ankunft gesagt hatte...
"Du musst mir nicht Danken, Du bist mein Bruder...vergiss das nie"

Durch den Likör und die entbehrungsreichen Wochen, fiel Albrik in einen tiefen Schlaf...
Alpträume nagten, wie bedrohliche Schatten, an seiner Seele....
Da stand er Nachts, sein Geist war von seinem Körper entrückt, alleine mitten auf dem Dorfplatz...
die Häuser um ihn herum brannten, unfähig etwas zutun sah er an sich hinunter...
warmes Harz lief ihm um die Füße, aus der Ferne die Stimmen der Verdammten...
immer schriller ansteigend, kamen ihm 2 dunkle Gestalten, Arm in Arm entgegen...
aus dem Rauch entsteigend, waren sie jetzt deutlich zu erkennen...
es waren Vater und Mutter....
doch wo einst Ihre Gesichter gewesen waren, zierten Schweinsköpfe ihr Antlitz..
eine schwarze, heiße Masse stießen sie aus Ihren Mündern hervor...

"Vater, Mutter....verzeiht..... ich konnte Euch nicht retten"...

auf die Knie fallend, ergoss sich immer mehr der schwarzen Flüssigkeit über ihn, bis nur noch sein Kopf hervorragte...
alles war still geworden, geradezu friedlich...
nur noch ein schwarzes Meer...

"Ich muss nur untertauchen und loslassen"
vollends versank er in der Dunkelheit und...

erwachte!

Schweißgebadet und nach Luft ringend erwachte er...
Es dämmerte am Horizont...
Schlaftrunken und die Nacht noch in den Gliedern, torkelte er durch den Gang..
Wo waren eigentlich die anderen Klosterbrüder..?
Er klopfte an die Tür seines Bruders, niemand öffnete..
Vorsichtig schlich er den langen schmalen Gang weiter voran, plötzlich auf eine große, verrußte Tür treffend..
Er ertastete langsam einen runden Türknauf und zog beherzt an diesem..
Mit einem lauten Knarren flog die Tür auf..

Albrik, von seiner Kraft selbst etwas überrascht, wird von der aufgehenden Sonne sofort geblendet!
Als sich seine Augen an die Lichtverhältnisse etwas gewöhnt haben, steht er im Innenhof des Klosters,
viele der Klosterbrüder befinden sich im Klostergarten und kümmern sich um das Gemüse und die Stauden die dort wachsen.
Die Sonnenstrahlen erwärmen sein Gesicht und aus der Spiegelung der in der Sonne glänzenden Steine, tritt sein Bruder hervor.

Er legt seinen Arm um seine Schulter
"Ich kann Dir zwar nicht Deinen Schmerz nehmen, aber zusammen ist es möglich, dass wir hier eine neue Heimat finden"

Tränen füllen die Augen von Albrik...
Er weiß, es wird ein langer Weg für Ihn....
aber jetzt....
jetzt kann er loslassen....
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