L'Homme Idéal 2016 Eau de Parfum

Micscent
13.04.2020 - 12:28 Uhr
18
Top Rezension
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

Ein Dutzend Rosen für den Mann (9/12)

Als Neuling (mittlerweile nicht mehr ganz so neu), versuche ich mich mal gleich an einer Serie von Kommentaren. Dies ist der neunte Teil.

Die Motivation, die Idee und die Kriterien
Ich bin ein echter Fan des Duftes von Rosen (in meiner Jugend hatte meine Mutter Paris von YSL. Fand ich „den Hammer“) Die Rose ist aber nun nicht gerade das, auf das man als erstes als Bestandteil eines Herrenduftes kommt. Trotzdem ist die Rose in - wie ich finde - mehr und mehr Herrendüften enthalten.
Nach den folgenden Kriterien habe ich daher 12 dieser Düfte ausgewählt und werde sie nach und nach kommentieren und vergleichen:
- Herrenduft (Ausnahme Desert Rose von Urban Scent als Unisex-Duft, musste ich einfach dazu nehmen)
- Rose als Herznote (Ausnahme: Much Ado About The Duke von Penhaligon’s, bei der Idee war ich gerade in London)
- Erschienen ab dem Jahr 2000
- Bewertung von mindestens 6,0 bei mindestens 40 Bewertungen
- Kein Oud (nicht so meins)

Duft Nr. 9 ist: L'Homme Idéal – Eau de Parfum (*2016) von Guerlain
(bisher: (1) Lumière Noire pour Homme vom Maison Francis Kurkdjian, (2) 24 Old Bond Street Triple Extract von Atkinsons, (3) Lyric Man von Amouage, (4) Colonia Ambra von Acqua di Parma), (5) Déclaration d'un Soir von Cartier, (6) Desert Rose von Urban Scents , (7) ManRose von Etro), (8) Much Ado About The Duke von Penhaligon’s

Das Haus, der Parfümeur und der Einkauf
Guerlain ist eines der ältesten Parfumhäuser weltweit. 1828 gegründet wurde es bis 1994 von der gleichnamigen Familie geführt. Der Parfumeur-Chemiker Pierre-François-Pascal Guerlain eröffnete 1828 sein erstes Haus am Place l’Etoile, also dem heutigen Place Charles-de-Gaulle (für die, die es interessiert: Der Platz wurde am 13. November 1970 umgetauft, also wenige Tage nach dem Tod des ehemaligen französischen Staatspräsidenten). 1853 schenkte Pierre-François-Pascal Guerlain sein Eau de Cologne Impériale der Kaiserin Eugénie anlässlich ihrer Vermählung mit Napoleon III und wurde dadurch zum offiziellen Hofparfumeur ernannt. Vier Generationen später und nach der Entwicklung von Klassikern wie Shalimar (1925) und Habit Rouge (1965) wurde das Unternehmen 1994 vom Luxuskonzern LVMH übernommen. Der Ururenkel des Unternehmensgründers Jean-Paul Guerlain, war der letzte Eigentümer und noch bis 2008 Chefparfumeur der Marke. Neben Mathilde Laurent, die – wie in Nr. 5 (Déclaration d'un Soir von Cartier) beschrieben – schon Anfang der 90er Jahre bei und mit Jean-Paul Guerlain arbeitete, war und ist es vor allen Thierry Wasser, der die weiteren Entwicklungen vorantrieb. Er trat 2008 die Nachfolge von Jean-Paul Guerlain an und wurde damit der erste Chefparfümeur bei Guerlain, der nicht den legendären Namen trug. Der gebürtige Schweizer Thierry Wasser (*1961), der hier - gemeinsam mit der Deutschen Delphine Jelk - L'Homme Idéal – Eau de Parfum entwarf, gehört zu den „herausragenden Persönlichkeiten in der Parfumkunst der Gegenwart“. Mit dieser Beschreibung wurde er am 12. Mai 2019 im Rahmen des Deutschen Parfumpreises für sein Lebenswerk geehrt. Nach einer Ausbildung an der Givaudan Parfumschule in Genf war seine erste Kreation (für Givaudan) 1987 Salvador Dali for Men. In einem Interview beschreibt er seine Arbeit als ein melodisches Musikstück.
Auf L'Homme Idéal – Eau de Parfum bin ich für meine Reihe eher zufällig gestoßen und bedanke mich bei Shuqush für die Abfüllung.

Der Duft, die Bestandteile und das Erlebnis
Den Kreationen von Guerlain wird oft eine leichte „Familienähnlichkeit“ in Form eines gemeinsamen, klassischen „Duftakkords“ nachgesagt. Diese sogenannte „Guerlinade“ ist der „Codename“ für eine Mischung aus Jasmin, Iris, Tonkabohne, Bergamotte, bulgarische Rose und Vanille. Diese Tradition zitiert auch L'Homme Idéal – Eau de Parfum. Der Duft startet dabei zunächst intensiv mit einer Mandel-Amaretto, (kirsch-)fruchtigen Note. Im Gegensatz zur manchmal herb-nussigen bis hin leicht bitteren, ist es hier ganz eindeutig die süße Seite der Mandel, ergänzt um die fruchtige der Bergamotte. Und meiner Meinung nach gesellt sich zu Beginn - leicht balsamisch - ein Hauch von Kardamon und eventuell auch Zimt dazu. Die Bergamotte dürfte aus Kalibrien stammen, wo Guerlain – nebenbei gesagt - seit einigen Jahren auf biologischem Anbau umstellen lässt. Laut Thierry Wasser kennen viele den Duft von Bergamotte nicht aus der Natur, was ihn seiner Ansicht nach mysteriös macht. Dies ist hier Teil des Konzeptes, „umhüllend, verführerisch und mysteriös“ soll der Duft erscheinen. Der Mandelbaum gehört interessanterweise zur Familie der Rosengewächse und Mandeln werden bekanntlich für die Herstellung von Marzipan verwendet. Während dort – also bei der Marzipanherstellung - Rosenwasser gelegentlich zur Geschmacksabrundung zugesetzt wird, folgt hier die (bulgarische) Rose ebenfalls in einer abrundenden Form. Die Herznote wird jedoch von der Vanille bestimmt. Es kommt – und zwar ganz wunderbar und perfekt abgestimmt der Weihrauch dazu, der dann langsam in das Leder übergeht. Eingerahmt wird das ganze in eine erneute Abrundung durch weiches Sandelholz und die manelartige Tonka. Im Ergebnis haben Thierry Wasser und Delphine Jelk in L'Homme Idéal – Eau de Parfum zwei Dreiklänge, also zwei dreitönige Akkorde, kreiert: Die klassischen „Guerlinade“ (umhüllend, verführerisch) aus (1) Bergamotte – (2) Rose und Vanille – (3) Tonka sowie den hölzern orientalischen (verführerisch, mysteriös) aus (1) Mandel und Gewürzen – (2) Weihrauch – (3) Leder und Sandelholz. Und das „Gourmandige“ aus Mandel, Vanille und Tonka verbindet die beiden Dreiklänge zu einem melodischen Kunstwerk, ganz in der Intention von Thierry Wasser.

Das Fazit, der Vergleich und der Praxiseinsatz
In der L'Homme Ideal-Reihe von Guerlain ist das Eau de Parfum sicherlich der Duft für die kühleren Monate und die Abende, vielleicht (mit seiner klassischen DNA) für Abende mit klassischer Musik. In meiner Reihe gesellt er sich am ehesten zum Colonia Ambra (siehe „Ein Dutzend Rosen für den Mann - 4/12). Die Rose ist auch hier begleitend und abrundend. Selten habe ich die Entwicklung eine Parfums von der Kopf- bis zur Basisnote so fein und doch so deutlich erlebt. Jedoch könnte der Duft für meinen Geschmack – insbesondere für ein Eau de Parfum – in der Haltbarket und Sillage etwas stärker ausfallen. In jedem Fall jedoch ist L'Homme Ideal - Eau de Parfum „umhüllend, verführerisch und mysteriös“ und zu 100% ein wunderbarer Gourmand.

(1) Lumière Noire pour Homme – Der edle Softie
(2) 24 Old Bond Street Triple Extract – Der elegante Brite
(3) Lyric Man – Die „reine“ Rose
(4) Colonia Ambra – Das „warme (Rosen-)holz“
(5) Déclaration d'un Soir – Die „olfaktorische Emotion“
(6) Desert Rose – „Der Name der Rose“
(7) ManRose – Der Ästhet
(8) Much Ado About The Duke – Der ambivalente Klassiker
(9) L'Homme Idéal - Eau de Parfum – Der Gourmand
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