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Top Rezension
Ein Philanthrop und Abenteurer
Im traditionellen Sinne erwerbstätig ist er nicht. Es gab da seit jeher immer diese Häuser, aus denen Einkünfte gekommen sind - an den Einzelheiten hatte er nie Interesse. Und manchmal kauft oder verkauft er eine Plastik oder ein Bild. Als ihn unlängst ein Angestellter seines Vermögensverwalters um das Befüllen eines Formulars gebeten hat - er folgte dem nur ungern, zumal mit einem Kugelschreiber, einem ausgeborgten - hat er bei 'Beruf' nach kurzem Zögern 'Philanthrop und Abenteurer' eingetragen. Er ist viel gereist während und nach seinen Studien, war im Orient und später im subsaharischen Afrika, wo einer seiner Vettern Botschafter gewesen ist.
Auch verheiratet hat er sich nie. Den Liebesakt empfand er stets als etwas roh, und als er sich vor Jahren mit dieser Kunsthistorikerin mit den starken Augenbrauen traf, blieb es beim 'Sie' bis in die intimsten Augenblicke. Er ist ein Eigenbrötler - immer gewesen - ein durchaus freundlicher, der gerne Zeit mit den beiden Kindern seiner Schwester verbringt - zumindest, seit sie alt genug sind, seinen Erläuterungen über mesopotamisches Belagerungsgerät und florentinische Madonnen einigermaßen interessiert zu folgen. Und er ist gern draußen und bindet die Kletterrosen an, während der Gärtner - der nur neun Finger hat, die arme Kreatur - die weniger delikaten Arbeiten verrichtet.
Alles an ihm erscheint bedachtsam und wohlüberlegt. Wie er da bei Manufactum an der Käsetheke steht und sich ein Stück Gruyère in Pergament einschlagen lässt. Wie er sich geduldig bei der Verkäuferin nach der genauen Herkunft des Crottins de Chavignol erkundigt. Wie er seinen abgegriffenen Geldbeutel aus der Innentasche seines vor Jahrzehnten in der Steiermark handgefertigten Lodenmantels gräbt und dann fast provozierend langsam die Münzen auf den Teller zählt. Und wie er jeden Morgen in seinem Badezimmer unschlüssig mit dem Finger über der Flasche mit Fougère Royale zu kreisen pflegt - als gäbe es da noch einen anderen Duft zur Auswahl.
So sehr ihm die eigene Körperlichkeit auch fremd geblieben ist, gehört doch die Instandhaltung seines Äußeren fest zu seinen täglichen Ritualen, denn äußerliche Verwahrlosung, so sagt er, ist nur einen Schritt entfernt von sittlicher. Er wäscht sich mit Kernseife - handgemachter aus Brabant - und verwendet grobgewebte Handtücher aus einer niederbayerischen Abtei. Einen elektrischen Rasierer hat er noch nie benutzt. Es folgt der Kamm seines Vaters, dem schon einige Zinken fehlen - und dann zwei Spritzer Fougère Royale, das er um seines Namens wegen liebt - der Name eines Parfums, das es schon früher einmal gab und das es so nicht mehr zu kaufen gibt.
Entgegen seiner Ingredienzen ist Fougère Royale kein kantiger, kein lauter Duft. Im Gegenteil ist er einer, der sich dergestalt um 'Rechtschaffenheit' und Contenance bemüht, dass es fast provozierend anmutet. Krautig ist er und ein bisschen so, als zerriebe man getrocknetes Blattgrün zwischen den Fingerspitzen - und von höchstens mittelstarkem Wesen. Einer, bei dem nichts Vorwitziges zu finden ist - mal blitzt Kamille auf, mal Salbei, manchmal Lavendel - der Tradition und Ruhe und Bedachtsamkeit ausstrahlt - und eine Art frisch gewaschene Asexualität, die erfrischend ist zwischen all den brünftigen Wassern der Gegenwart - und beinahe anrührend aus der Zeit gefallen.
Fazit: für einen Abenteurer und Menschenfreund. Und natürlich auch für Herren mit Erwerbstätigkeit und ohne Familienlatifundien.
Auch verheiratet hat er sich nie. Den Liebesakt empfand er stets als etwas roh, und als er sich vor Jahren mit dieser Kunsthistorikerin mit den starken Augenbrauen traf, blieb es beim 'Sie' bis in die intimsten Augenblicke. Er ist ein Eigenbrötler - immer gewesen - ein durchaus freundlicher, der gerne Zeit mit den beiden Kindern seiner Schwester verbringt - zumindest, seit sie alt genug sind, seinen Erläuterungen über mesopotamisches Belagerungsgerät und florentinische Madonnen einigermaßen interessiert zu folgen. Und er ist gern draußen und bindet die Kletterrosen an, während der Gärtner - der nur neun Finger hat, die arme Kreatur - die weniger delikaten Arbeiten verrichtet.
Alles an ihm erscheint bedachtsam und wohlüberlegt. Wie er da bei Manufactum an der Käsetheke steht und sich ein Stück Gruyère in Pergament einschlagen lässt. Wie er sich geduldig bei der Verkäuferin nach der genauen Herkunft des Crottins de Chavignol erkundigt. Wie er seinen abgegriffenen Geldbeutel aus der Innentasche seines vor Jahrzehnten in der Steiermark handgefertigten Lodenmantels gräbt und dann fast provozierend langsam die Münzen auf den Teller zählt. Und wie er jeden Morgen in seinem Badezimmer unschlüssig mit dem Finger über der Flasche mit Fougère Royale zu kreisen pflegt - als gäbe es da noch einen anderen Duft zur Auswahl.
So sehr ihm die eigene Körperlichkeit auch fremd geblieben ist, gehört doch die Instandhaltung seines Äußeren fest zu seinen täglichen Ritualen, denn äußerliche Verwahrlosung, so sagt er, ist nur einen Schritt entfernt von sittlicher. Er wäscht sich mit Kernseife - handgemachter aus Brabant - und verwendet grobgewebte Handtücher aus einer niederbayerischen Abtei. Einen elektrischen Rasierer hat er noch nie benutzt. Es folgt der Kamm seines Vaters, dem schon einige Zinken fehlen - und dann zwei Spritzer Fougère Royale, das er um seines Namens wegen liebt - der Name eines Parfums, das es schon früher einmal gab und das es so nicht mehr zu kaufen gibt.
Entgegen seiner Ingredienzen ist Fougère Royale kein kantiger, kein lauter Duft. Im Gegenteil ist er einer, der sich dergestalt um 'Rechtschaffenheit' und Contenance bemüht, dass es fast provozierend anmutet. Krautig ist er und ein bisschen so, als zerriebe man getrocknetes Blattgrün zwischen den Fingerspitzen - und von höchstens mittelstarkem Wesen. Einer, bei dem nichts Vorwitziges zu finden ist - mal blitzt Kamille auf, mal Salbei, manchmal Lavendel - der Tradition und Ruhe und Bedachtsamkeit ausstrahlt - und eine Art frisch gewaschene Asexualität, die erfrischend ist zwischen all den brünftigen Wassern der Gegenwart - und beinahe anrührend aus der Zeit gefallen.
Fazit: für einen Abenteurer und Menschenfreund. Und natürlich auch für Herren mit Erwerbstätigkeit und ohne Familienlatifundien.
3 Antworten
CaosCalmo vor 9 Jahren
Mal wieder ein literarisches Kleinod von Dir! Von Deinen vielen tollen Kommentaren mir einer der Liebsten, Feinsten!
Etamher vor 9 Jahren
ich wüßte manchmal zu-zu gern, ob Du die menschen, die Du so vortrefflich beschreibst, wirklich kennst - dann bist Du ein sehr scharfsinniger beobachter, oder ob sie Deiner phantasie entspringen - dann kennst Du das leben in all seiner vielfalt gut.
Mercuro vor 9 Jahren
Ich bin nicht sicher ob ich den Duft würde mögen mögen, aber den Kommi, den mag ichauf jeden Fall!

