Insomnia
21.08.2012 - 09:32 Uhr
24
Top Rezension
7.5
Flakon
2.5
Sillage
5
Haltbarkeit
5
Duft

One Hit Wonder: 15 Seconds of Fame

Normalerweise gucke ich die neuesten Versuche der Stars und Sternchen ihren Fans mit einem gepantschten Duftwässerchen noch ein wenig mehr Geld aus den Taschen zu ziehen ja nicht mal mit dem Hinterteil an. Allerdings gibt es dann doch die ein oder andere Persönlichkeit, bei der ich nicht ums Schnuppern herum komme, so auch Lada Gaga. Es herrschte ja einigermaßen große Aufregung um das Wässerchen, seit die Gaga den Duft von Blut und Sperma angekündigt (angedroht?) hat.

Ich bin ein Freund des Skurrilen und Außergewöhnlichen, also kam ich selbstredend bei der letzten Douglasbestellung nicht umhin mir ein Pröbchen zu ordern. Der Werbeclip des Duftes tat sein übriges und ich war offiziell angefixt.

Letztes Wochenende tummelte ich mich zusammen mit zehntausenden anderen mehr oder weniger jugendlichen Leuten auf dem FM4 Frequency in St. Pölten und sehnte mich zwischen den nach abgestandenem Bier und Schweiß (und Sex) stinkenden Zeltnachbarn und Konzertbesuchern, den Duft zu testen. Ich stand in der (sterbenslangweiligen (wenn man nicht gerade Die Sportfreunde Stiller oder Beatsteaks als musikalisches Nonplusultra empfindet)) Menschenmenge und malte mir die wildesten Fantasien über „Fame“ aus. Blut und Sperma immer noch fest in meinem Hirn verankert, bildete ich mir für das Wässerchen den etwas bizarren Charme von Robert Smith ein oder doch lieber ein Stück von Jonathan Davis ruhelosem Wahnsinn?

Ich weiß um ehrlich zu sein nicht, was ich erwartet habe… vermutlich Muglerinade oder ähnlichen Nasenpunk. Immerhin sah der Promotionclip düster, grotesk und futuristisch aus, da wird man doch noch träumen dürfen.

Dank dem Feiertag letze Woche etwas verzögert, traf heute endlich das Päckchen ein, ich schmiss meinen Contouringblush in die Ecke und stürzte mich auf das Pröbchen. Von oben bis unten mit Agent Provocateur und Mugler Pröbchen zum „Bizarrerietest“ bewaffnet hielt ich triumphierend und mit leicht irrem Blick das schwarze Fläschchen in der Hand.

Was zur Hölle hab ich Depp mir eigentlich dabei gedacht?

Todesmutig habe ich mir das vermeintlich giftige Wässerchen großzügig auf den Ober- und Unterarm gesprüht. Keine halben Sachen beim Testen. Der erste Eindruck hinterließ bei mir eine hochgezogene Augenbraue.

Aha. Ja. Sehr schön süß, blumig und etwas fruchtig. Sehr äh… nett. Wenigstens nicht unbedingt mädchenhaft, da ist schon ein bisschen was dunkles und erwachseneres drinnen, aber Rauch? Würze? Komplette Fehlanzeige. Mysteriös und gewagt? Vielleicht für ein Mädchen, das sich kühn und verwegen vorkommt, wenn sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben mit dunklem Lippenstift und deutlich weiblichem Parfum auf die Straße traut… Ansonsten: *gähn* Tausend Mal gerochen, tausend Mal im Laden Stehen gelassen. Keine Ecken, keine Kanten: nix mit Gaga.

Anscheinend definiert sich der Duft ja nicht durch Kopf-, Herz- und Basisnote sondern durch eine Push-Pull-Technologie, in der sich die Duftstoffe gegenseitig beeinflussen sollen. Ah ja. Das System scheint noch nicht ganz ausgereift, denn alles was ich auf meiner Haut bekomme ist ein ziemlich flacher Mischmasch (man beachte die Ironie, in Wirklichkeit ist eigentlich immer noch sowas wie eine Duftpyramide erkennbar, zumindest auf meinen Testopfern). Am Anfang ist die ganze Plörre eher süßlich und blumenlastig, ich meine sogar tatsächlich Orchidee und Jasmin aus dem Gemisch heraus riechen zu können, die Süße verliert sich jedoch nach ein paar Minuten und zwischendurch erinnert mich der Duft etwas an Traubenbonbons… mit etwas viel Fantasie auch Aprikose aber wenn, dann ist das eine ziemlich vertrocknete Aprikose. Die leichte Süße vom Honig scheint zu bleiben und ist eigentlich recht angenehm. Wenigstens hat das Parfum nichts Klebriges oder Zuckriges… Mit längerem Tragen kommt auch der Weihrauch etwas raus, aber in wirklich homöopathischen Dosen. Nix für einen Weihrauchfan wie mich.

Ich würde den Duft ja gerne näher beleuchten, aber ja… das geht leider nicht. Die Haltbarkeit ist auf mir leider so extrem unterirdisch, dass ich nach kurzer Zeit schon den Arm an meine Nase drücken muss, um irgendwas wahrzunehmen. Ich muss mich wirklich anstrengen, um aus dem Zeug Bestandteile raus zu riechen. Wahrscheinlich wird der leichte Duft, der jetzt noch übrig ist noch einige Zeit auf mir liegen bleiben, aber starke Projektion war da vllt fünf Minuten, dann hat er geschwächelt. Er liegt flach und ohne Tiefgang auf meiner Haut. Ich sollte aber dazu anmerken, dass diese Duftrichtung generell nichts für meine Haut oder Nase ist.

Ja, wenn ich mir die involvierten Parfumeure ansehe, hätte ich wohl nichts extrem Skurriles erwarten dürfen, mea culpa. Aber das… Für mein Empfinden liegt „Fame“ ungefähr auf der Linie der Beyonce Plörre… ich bin mir aber zu hundert Prozent sicher, dass es viele geben wird, denen der Duft gefällt. Ganz einfach weil er eben irgendwo doch lecker riecht. Ein bisschen dunkel, ein bisschen weiblich, ein bisschen elegant aber eben absolut nicht neu, originell oder besonders. Halt absolut tragbar und Mainstream tauglich(man beachte die begeisterten Kommis auf youtube).

Nachdem Dita von Teese letztes Jahr einen durchaus hübschen Duft auf den Markt gebracht hat, hätte ich von jemandem wie Lady Gaga etwas (für einen Promiduft) vergleichbar Interessantes erwartet. Ich bin nach der ganzen Aufregung schwerstens enttäuscht. Der Duft kann nicht mal gegen einen grünen Hermesduft anstinken: einmal kurz Seife und aus ist der Spuk.

Was soll ich da zum Schluss noch anmerken? Eigentlich war doch schon bei fruchtig und floral alles gesagt. Wahrscheinlich bin ich gerade etwas zu gemein zu dem Duft, der eigentlich nicht wirklich furchtbar ist, aber nach dem ganzen Getue finde ich ihn einfach so extrem banal, dass ich nur den Kopf schütteln kann. Da scheint dann doch das meiste an Geld und Kreativität in die schwarze Farbe des Wassers und das Flakondesign geflossen zu sein.

Und jetzt entschuldigt mich bitte, nach der Enttäuschung muss ich mich mit Agent Provocateur zunebeln gehen.

LG
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