Baccarat Rouge 540

Baccarat Rouge 540 2016 Eau de Parfum

Thisisfitim
30.03.2022 - 14:42 Uhr
13
Sehr hilfreiche Rezension
7
Preis
10
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft

Die drei Fragezeichen ... (oder doch mehr?)

Kein Clickbait.

Nachdem ich den Namen des Parfüms seit dem Winter 2018 unzählige Male im positiven Sinne hören durfte, wagte ich mich vor nicht allzu langer Zeit selbst an dieses Werk.

Meiner persönlichen Einschätzung zufolge ist dies das größte Mysterium, welches mir im Zusammenhang mit der Parfümindustrie über den Weg gelaufen ist.
"Was steckt da tatsächlich hinter?", fragte ich mich unzählige Male.
Sodann raffte ich mich zu einem sehr gewagten Blind-Buy auf und bestellte mir ein 70ml Flakon, das ich mit aller Vorfreude auch schließlich annehmen durfte.

Gerade geöffnet, konnte ich über ein besonders schönes und edles Flakon staunen, das - was mir in weiterer Auseinandersetzung mit der Marke auffiel - besonders üblich ist. Eine rote quadratische Fläche, die mit eindrucksvoller Schrift den Namen des Dufts sowie dem zugehörigen Dufthaus beschrieben wird. Damit ist dem Hauch von Luxus bereits so einiges an Genüge getan.

Also zielte ich anschließend einen Sprühstoß an mein Handgelenk und durfte zunächst über das Opening staunen: "Ist das Jodsalbe, oder kann das weg?"
Verwirrt von der medizinischen Note ließ ich das Ganze weiterhin einwirken und fragte, ehe es zum Drydown kam, Familienmitglieder nach ihren Impressionen.
Es folgten nahezu identische Wahrnehmungen, die das erste Fragezeichen in mir erweckten: "Will jemand wirklich nach Jodsalbe riechen?"
Nach einigen Minuten legte ich zwei weitere Sprühstöße in die Halsregion auf, um auch dort - während des Openings und nach dem Drydown - Impressionen zu gewinnen.
Nach dem Drydown am Handgelenk konnte ich es mir nicht verkneifen, einige Male zu riechen.
Was ich wahrnahm? Nichts, und doch irgendwie alles.
Meine Nase nahm eine dezente Blütenfrische wahr, die ein weiteres Fragezeichen aufwarf:
"Ist das alles, was einen derartigen Hype rechtfertigen will? Man riecht doch fast gar nichts?"

Den Drydown meiner Sprühstöße in die Halsregion habe ich anschließend wahrnehmen wollen, jedoch ohne Erfolg. "Wenn es doch so ein Powerparfüm ist, dann müsste ich es doch sicher selbst riechen können", dachte sich der blutige Parfümanfänger tief in meinem Inneren.
Empört über einen teuren Einkauf bat ich Familienmitglieder erneut um ihren Eindruck. Drei Nasen umgaben mich, die simultan ihrem Geruchsinn freien Lauf ließen, und teilten mir nun mit: "Die Salbe ist weg, du riechst hervorragend!"

Die Fragezeichen in meinem Kopf erweiterten sich nur noch. "Ist meine Nase noch da? Sie würde auch gerne etwas davon riechen!"

Einige Stunden danach machte ich mir noch ständig Gedanken über diesen Duft, ich wusste kaum, ob ich ihn als "Hit" or "Miss" einordnen durfte. Keinen weiteren Sprüher aufgetragen, gingen eines der in der zuvor erfolgten Wahrnehmung beteiligten Familienmitglieder und ich zu einem Sushi-Dinner. Dort trafen wir unsere Begleitung an. Kaum Platz genommen und von den faszinierenden Gerüchen der japanischen Küche umgeben, fragte unsere Begleitung: "Warum duftet es hier unfassbar toll?"
Ein nächstes Fragezeichen in meinem Kopf: "Hier riecht es überall nur nach Sushi, und er kann wirklich mein Parfüm herausriechen?"
Also fragte ich ihn, was er denn wahrnehme.
Seine Antwort, nostalgischer könnte diese nicht ausfallen: "Erinnerst du dich damals, als du sehr jung warst & wir gemeinsam ein Stadtfest besuchten? Was habe ich dir da sehr gerne gekauft, obwohl du es nie in Gänze aufessen konntest?"

"Zuckerwatte?", antwortete ich mit breitem Grinsen und machte mir, ohne weitere Anmerkungen zu äußern, nach wie vor Gedanken über den Duft.

Genug Storytime, diese diente der Sammlung von Eindrücken, die ich selbst leider nicht mit dem Duft sammeln durfte.

Insgesamt nahm mein Umfeld am häufigsten folgendes wahr: einen warmen, süßlichen Duft, angereichert von einer dezent hölzernen Note. Dies soll den wesentlichen Verlauf prägen und gegen Ende hin in eine dezente Brise einmünden. Manchen Rückmeldungen konnte ich auch eine Assoziation mit Blutorange abgewinnen, häufiger war es allerdings die Zuckerwatte vom Jahrmarkt.

Ein völliges Durcheinander in der Wahrnehmung, so auch sicherlich in meiner Rezension, die womöglich die hervorgedrungene Verwirrung meinerseits widerspiegelt.

Nun aber noch zur Haltbarkeit:
Diese ist im Umfeld phänomenal. Über eine Strecke von ca. 40 Metern konnte man meinen "Duftspuren" entlanglaufen, auch wenn es einige Minuten her ist, dass ich dort entlangginge. In Innenräumen braucht der Träger kaum sprechen, die Silage des Duftes tut dies schon.
In der Dosierung daher unbedingt aufpassen, insbesondere aus dem Grund, dass man selbst nicht sicher sein kann, ob man ihn wahrnimmt!

Im Titel angedeutet, rief der Duft für mich unzählige Fragezeichen hervor.
Und doch die wichtigste Frage, lohnt es sich?
Den Impressionen nach, die mir zugetragen worden sind, bekam ich die Zustimmung, dass sich mein riskanter Blind-Buy wohl rentiert hat. Es ist sicherlich schwierig, wenn die Wahrnehmungen, die man selbst für sich gewinnt, wohl nicht ansatzweise denen entsprechen, die von dritte Personen gesammelt werden können.
Was auch immer Kurkdjian da mit den Duftmolekülen gezaubert hat, es erweckt sehr viele Fragezeichen. Zum Glück konnte ich darüber hinaus auch ein Ausrufezeichen für mich selbst gewinnen:
"Gefällt mir!"

Weiter geht's, Kurkdjian! Das war nicht das letzte Mal, das ich Geld für deine Kreationen ausgab (und so geschah es...)
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