Baccarat Rouge 540

Baccarat Rouge 540 2016 Eau de Parfum

Nonmadame
15.04.2022 - 15:37 Uhr
20
Sehr hilfreiche Rezension
7
Preis
8
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft

Die Definition von "Undefinierbar"

Noch eine Rezension zu einem Baccarat Rouge? Ja, noch eine. Ob ich wirklich etwas Neues zu alle dem Gesagten hinzufügen kann, ist fraglich, aber vielleicht schmeckt der Senf, den ich dazugebe, ja doch irgendwem.

Es begab sich eines Tages, dass ich mich entschloss, mein Baccarat Limbo zu beenden und mich einfach zu ergeben. Diesem Eckpfeiler der Parfumcommunity auszuweichen hatte lange genug funktioniert und meine Neugier hielt sich bis dato in Grenzen. Doch dann kam der Tag an dem ich mir dachte, „Why not?“, mal schnuppern worauf der ganze Trubel basiert. Ein Duft, welcher eigentlich (soweit ich weiß) inspiriert wurde vom Kristallglashersteller „Baccarat“, dessen farbiges Signaturglas erst bei 540° rot wird. Rotes Kristallglas in Duftform, mal sehen.

Zwei Abfüllungen, einmal Baccarat Rouge 540 Extrait de Parfum und einmal das EDP erreichten mich und wurden, noch im Luftpolstergewand, erstmal zur Seite gelegt (und das sagt einiges über meine eher hinkende Neugier aus, normalerweise werden hier eintreffende Abfüllungen direkt vom Umschlag befreit) Im laufe des Abends erinnerte ich mich wieder an die Beiden und startete das Abenteuer „BR540“.

Beide erstmal auf Papier gesprüht, beide erstmal trocknen lassen. Aha, euch kenne ich doch! Tatsächlich, „Her“ und „Cloud“ gehören wirklich zum engeren Baccarat Familienkreis. Konnte ich mir vorher noch nicht ganz vorstellen, doch diese DNA einmal in "Reinform" kennenzulernen war lehrreich. Im direkten Vergleich hatte ich den Eindruck, das EDP nicht so stark wahnehmen zu können wie das Extrait. Hier soll es aber primär um das EDP gehen.

Ich testete es auf Papier und auf meiner Haut, draußen so wie in geschlossenen Räumen und ich habe wahrlich immer noch keinen klaren Dufteindruck erhalten. Mal kann ich ihn kaum riechen, mal beduftet ein Sprühstoß die halbe Wohnung. Dann ist er wunderbar süß und zuckerwattig, später holzig-würzig oder es steigt mir nur medizinische Sterilität in die Nase. Ich saß kurz bei warmem Sonnenschein im Garten und fand, dass er wunderbar in den Frühling passt. Abends war er mir dann doch viel zu schwer und dicht für diese Jahreszeit. Auf der Skala zwischen luftig leicht und erdrückend dicht habe ich ihn mental bestimmt 10-mal neu bewertet. Genauso im Bezug auf kühl/warm und feminin/maskulin. Faszinierend wie wandelbar ein Duft für ein und dieselbe Nase sein kann. Auch hier habe ich das Gefühl, dass je mehr ich nach ihm suche (wenn doch mal eine Welle der Anosmie kommt), desto weniger nehme ich ihn wahr. Die unverhoffte Duftwolke, die kommt, wenn ich schon wieder vergessen habe, dass ich ihn trage, ich merkwürdigerweise die stärkste. Ich schätze, das Versteckspiel ist der üppigen Dosis Ambroxan geschuldet. Manchmal rieche ich ihn Tage später noch in Räumen in denen ich mich kaum aufgehalten habe. Ich dachte schon ich hätte Phantosmie, doch dieser Duft haftet wirklich an allem, was nur in der Nähe des Sprühers war. Haltbarkeit: Ohne Konkurrenz!

Leider, oder in Anbetracht des Preises – zum Glück, bin ich nicht von einem „Habenwollen“ Gefühl erfüllt. Da ich zuerst die beiden beliebten Geschwister anderer Marken kennengelernt habe fehlt mir hier beim Original etwas. Eine wunderbare Basis ist da und in dieser Form auch wunderschön, jedoch finde ich, dass eine weitere Note, welche das Dufterlebnis lenken könnte, gut dazu passen würde. Ich bin mit meinem heißgeliebten „Her“, der diesem Wunsch nachkommt, mehr als zufrieden. Allerdings verstehe ich nun, weshalb dieser Duft die Parfumwelt der letzten Jahre so geprägt hat. So etwas habe ich in den Jahren vorher noch nie gerochen. Er ist wirklich super gemacht und fasziniert mich dadurch, dass jeder ihn anders wahrnimmt. Etwas störend ist für mich trotzdem, dass ich vor dem Aufsprühen nicht weiß, ob es für mich heute Zahnarzt oder Paradieswölkchen wird. Das EDP gefällt mir auch ein Stück weit mehr als das Extrait.

Ich bin froh, diese Urform, auf der so viele neue Parfums aufgebaut werden, nun doch unter der Nase gehabt zu haben.
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