DerDefcon
02.06.2019 - 15:46 Uhr
8
Hilfreiche Rezension
4.5Duft 8Haltbarkeit 8Sillage 8Flakon

Berliner Nachtleben

Als ein in Berlin Studierender wirbelt es einen gelegentlich, je nachdem wie die finanzielle Lage so ist, durch Clubs und Bars. Ich bin ja da eher der Bargänger, also jemand, der es lieber etwas gemütlich und gesellig mag, jemand, der auf zu laute Musik sehr empfindlich reagiert, da ich von meinen Ohren auch später noch etwas haben möchte als Musikliebhaber.
In dieser Stadt gibt es reichlich Auswahl an Bars. Ein Gang durch die Warschauer Straße kann da den Horizont durchaus erweitern und nein - ich verlange damit nicht, dass ihr euch an dem dortigen S-Bahnhof beim Dealer eindecken sollt. Es gibt große Bars, kleinere Bars und die wirklich schönen und gemütlichen, dafür aber wirklich sehr sehr sehr kleinen Räumlichkeiten, die häufig als echte Geheimtipps fungieren. Diese kleinen Bars haben etwas Besonderes, was sowohl Vor- als auch Nachteil sein kann. Gemeint ist, dass du schnell mit Unbekannten ins Gespräch kommen kannst. Nicht selten ergibt sich hier die eine oder andere Bekanntschaft. Es kann aber auch anders laufen, nämlich dann, wenn da jemand neben dir am Tisch sitzt, den du liebend gern an den Ohren packen und nach draußen schleifen möchtest. Eventuell ist sich diese Person aufgrund ihres hohen Alkoholkonsums gar nicht darüber bewusst, dass sie jetzt von den anderen Barbesuchern mit abwertenden Blicken bestraft wird. Mal eine kleine Geschichte dazu:

Ein Herr mittleren Alters betrat die kleine, beschauliche Bar. Man merkte, dass er schon deutlich angeschwippst war, aber gut ... wir sind hier im Berliner Nachtleben. Solange er dir nicht in die Ringbahn ... (PS: Nur weil du in eine Bahn kotzt, bist du noch lange nicht "bahnbrechend".)
Er hat sich auf jeden Fall Gedanken um sein Auftreten gemacht, als er vor einigen Stunden im Badezimmer vor dem Spiegel stand, sich die Haare zurechtmachte und irgendetwas Zitrisch-würziges auftrug, was natürlich jeder in dieser kompakten Räumlichkeit mitbekam. Wirklich angenehm, muss ich sagen. Das gefiel mir.
Was ich wohl vergaß bzw. nicht beachtete, war, dass es sich bei der von mir ausgesuchten Bar um eine Raucherbar handelte. Bis jetzt hat sich niemand hier eine Zigarette angezündet. Unser Neuankömmling sollte der Erste sein. Nachdem er zwei Zigaretten innerhalb kürzester Zeit inhallierte - ein Wunder, dass er den Filter nicht gleich mit aufgesog - roch es etwas rauchig, aber keineswegs störend. Das änderte sich aber innerhalb kürzester Zeit, als unserem leicht angetrunkenen Neuankömmling einfiel, dass es für Strickjacke, Schal und Mantel doch etwas zu warm war. All dies legte er ab und bedauerlicherweise unmittelbar neben mich. Es überkam mich eine Wolke kalten Zigarettenqualms, der sich wohl in den Klamotten jenes Herren festgesetzt haben muss. Mit all der Annehmlichkeit war es nun vorbei. Ich kann solche Gerüche, seien es Kunden auf Arbeit, die uns den Laden vollstinken oder auch der Herr neben mir, einfach nicht ab und ich bin als vierfacher Hundebesitzer so einige olfaktorische Quälerei gewohnt.
Der Rauch sollte mich noch den ganzen Abend begleiten und dieser Abend war lang - sehr lang. Und unser Neuankömmling - gut ... mittlerweile war er gar nicht mehr so neu - ließ sich so richtig vollaufen. Er schien ein Rumliebhaber zu sein, der wohl auch ordentliche Mengen gewöhnt war, doch trotz Gewöhnungseffekt musste irgendwann der Absturz kommen. War sein Platz und so automatisch auch der neben ihm, also meiner, von einer Aura aus kaltem Rauch und bereits einem gefühlt halben Glas verschütteten Rum durchflutet, wurde dies nun noch intensiviert. Hatte er aufgrund seiner stets sich steigernden Promilleeskapade immer wieder mal den teuren Drink verschüttet, fiel ihm dieser nun auch noch komplett aus der Hand. Zwar schon komplett dicht, aber noch insoweit Herr seiner Sinne, dass er bestrebt war, sein Getränk zu retten, versuchte er dieses noch irgendwie aufzufangen, was aber misslingen sollte. Statt es aufzufangen, katapultierte er es mittels eines kunstvollen Fehlgriffs, der von mir mit elf von zehn Punkten bewertet werden würde, auf seine vor circa zwei Stunden abgelegten Klamotten. Was hier nun in meine Nase stieg, ließ mich nach einem neuen Platz suchen. Etwas solch Muffig-rauchiges, das mit billigem Rum "geschmückt" wurde, wollte ich nicht ertragen. Falls ihr das Ganze ohne Filmriss, Über-dem-Klo-hängen und sonstigen Exzessen nachempfinden möchtet, empfehle ich euch, entweder diesen Duft hier zu erwerben oder - und das ist bedeutend günstiger - euch einen billigen Rum zu besorgen und diesen in einen Aschenbecher zu kippen, in welchem sich die kalte Asche der letzten Tage oder Wochen befindet.

Zum Ende hin sei gesagt, dass du solchen Leuten nur helfen kannst, indem du sie gar nicht erst in deine Räumlichkeiten lässt. Aber was soll man machen? Der hat sich ja zu Beginn recht frisch und angenehm eingedieselt. Wer rechnet dann schon mit solch einem Ende?

Ich bin dann rausgegangen, denn ein anderer Tisch war leider nicht mehr frei. Olfaktorisch erwartete mich dann noch eine Briese Berliner Luft, die mir in diesem Moment, wenn auch auf etwas unangenehme Art und Weise, die Nase etwas freipustete.
2 Antworten
FlirtyFlowerFlirtyFlower vor 7 Jahren
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Das Bahnbrechend fand ich sehr lustig, aber der Duft klingt naja - schon sehr beschwippst :) Pokal für dich
MörderbieneMörderbiene vor 7 Jahren
Mal ganz abgesehen davon, daß der Duft bei mir etwas besser wegkam: vier Hunde? Hast du einen Kleintransporter oder fährst Du wöchentlich mehrmals los um Futter zu besorgen? :D