Ganymede (Eau de Parfum) von Marc-Antoine Barrois

Ganymede 2019 Eau de Parfum

MajorTom
16.12.2024 - 08:06 Uhr
9
Hilfreiche Rezension
8
Preis
5
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft

Der Extravagante

Schon aufgrund der von mir vor dem Kauf gelesenen Rezensionen war klar: Hier kommt ein Spalter, bei dem es offensichtlich nur schwarz oder weiß gibt, nur “hass ich” oder “lieb ich”, nur geringe oder hohe Punktzahl. Das allein zeigt bereits, dass Parfümeur Quentin Bisch hier ein Produkt kreiert hat, dass definitiv kein crowd pleaser ist. Ich habe mich so wenig wie möglich von meinen Vor-Schreibern beeinflussen lassen, natürlich ist und bleibt eine Rezension aber immer eine persönliche und nie komplett neutrale Bewertung.

Zur “Hardware”: Der Flakon zunächst ist sehr dezent, bösartig könnte man sagen langweilig, gehalten. Der Verschluss selbst - hmmm, in Anbetracht des Preises fast ein bisschen peinlich, lässt sich die Kappe zumindest bei dem mir vorliegenden Exemplar nur mit Nachdruck und ein bisschen hakelig entfernen. Hat wenig mit Wertigkeit zu tun, ein schön einklickender Magnetverschluss wäre wohl eine bessere und zum Produkt passendere Lösung gewesen. Auch der Sprühkopf selbst ist nicht ohne Fehl und Tadel, auch hier gibt es bei der Konkurrenz Zerstäuber, die den Inhalt ihrer Behältnisse klar feiner in die Atmosphäre zu entlassen und zu vernebeln in der Lage sind. Bis hierher also eher leichte Enttäuschung und Punktabzüge.

Der Duft ist schließlich seinem Fläschchen entwichen und hat sich breit gemacht bei mir. Und lässt mich etwas unschlüssig zurück. Ich habe viele Düfte getestet, gerochen, gekauft. Aber, und das ist der erste große Pluspunkt von Ganymede, noch nie ist mir etwas dieser Art unter die Nase gekommen, er besitzt absolute Alleinstellungsmerkmale. Erster Impuls: Etwas synthetisch, sehr clean, sehr sauber, etwas technisch und irgendwie auch etwas medizinisch. Aber auch leicht fruchtige Noten vernehme ich, genauso wie metallische Anklänge. Zu viel an Eindruck auf einmal, also gebe ich dem Duft Zeit, um sich zu entwickeln.

Nach einer guten halben Stunde ist Ganymede etwas runder, etwas weicher, geworden, die anfänglich fruchtige Note kann ich nicht mehr wahrnehmen, das ganze Ensemble ist einen Tick blumiger geworden. Dennoch bleibt der Duft meines Erachtens auch weiter klar maskulin, zumal im weiteren Verlauf neben der Frische die Holzigkeit an Bedeutung zulegt und mehr und mehr übernimmt. Und mit der Dauer wird der Duft immer besser, immer prägnanter, immer mehr im Gedächtnis bleibend. Das cleane, metallische oder wie immer man es auch nennen will Element bleibt ebenfalls dominant, was den Duft letztlich so markant macht und bleiben lässt. Denn Sillage wie auch Haltbarkeit rangieren auf hohem Niveau. Soll heißen, ein achtsamer Umgang mit der Sprühdüse ist durchaus empfehlenswert, will man seine Mitmenschen nicht wegdonnern. Eine normale Dosierung ist bereits vollkommen ausreichend, um im Büro klarzumachen, ja Leute, ich bin daaaaa.

Aber, die “Einnebelung” von Aufzug und Büro ist aus meiner Wahrnehmung überhaupt nicht unangenehm. Ein feiner (Duft)Schleier, der sich da durch die Gänge zieht und wo auch immer der Träger auftritt, neu belebt wird. Stundenlage Performance zeichnet den Duft aus, das ist schon aller Ehren wert. Und der nach Stunden anhaltende Mix aus verschiedensten Komponenten ist für mich einer, mit dem ich bestens leben kann.

Fazit: Man muss schon ein gerüttelt Maß an Coolness mitbringen, um Ganymede als Blindkauf zu erwerben. Aber jedem, der ein außerordentliches Parfüm mit hohem Wiedererkennungswert sucht, sein ein erster und ggf. auch zweiter Test mehr als nur angeraten.
1 Antwort
Paloma58Paloma58 vor 22 Tagen
Du hast meine volle Zustimmung. Ein wunderbarer, sehr eigenständiger Duft, der polarisiert. Ich liebe ihn auch, homöopathisch benutzt 😆.