Chypre Mojo/45 2018

Sousuke
12.12.2018 - 12:54 Uhr
24
Top Rezension
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft

Geil, Geil, Geil! Sauer, fruchtig, erdig.

Genau mein Beuteschema. Wie eine laubübersäte Herbstwiese im Morgentau auf der sich frech-dreist saure Winteräpfel tummeln, die der Wind von ihren Bäumen fegte...

Jazzig lässig? Unbedingt! Allerdings weniger im Sinne verrucht verrauchter Clubatmosphäre als mehr im Sinne der Jazzmusik: mit wenigen einfachen Mitteln maximalen Effekt erzeugen. So wie der Jazzdrummer mit Snare, Bassdrum und Hi-Hat zuweilen mehr Tam-Tam erzeugen kann als so mancher Böse-Garstig-Metaldrummer hinter seiner mannshohen Knüppelbude. Ebenso vermag Chypre Mojo 45 auf lässig einfache und sehr klar komponierte Weise, kraftvolle, effektvolle Bilder in meinem Kopf zu erzeugen. Bilder von herbstlicher Frische, in der man die Wärme und Süße des verklungenen Sommers noch spüren kann, in der die Lust am prallen Leben ebenso Anklang finden wie die Wehmut über die Vergänglichkeit unseres Seins.

45 Versuche soll Michel Almairac gebraucht haben, um Chypre Mojo zu komponieren. 45 Versuche, die ihn zu diesem wundervollen Duft geführt haben. 45 Versuche, um die gegensätzlichen Elemente zu einer knisternden lebendigen Einheit zu verschmelzen. Und genau so erlebe ich Chypro Mojo auch: knisternd lebendig frisch mit Anklängen einer erdigen leicht modrigen Aura. In diesem Sinne ist der Duft für mich auch ein waschechter Chypre. Der Bogen, die Chyprekante ist sehr deutlich da. Was ihm fehlt ist die Komplexität und Tiefe klassischer Chypres. Und natürlich das bittere Moos. Aber das disqualifiziert Chypre Mojo nicht etwa als Chypre sondern macht ihn vielmehr zu einer modernen Interpretation des klassischen Chypre-Themas.

Der Duft startet sauer. Aber keine übermäßig zitronig-reinigungsmittel ähnliche Säure, sondern eher ein fruchtige. Die Säure bleibt dem Duft auch über den gesamten Verlauf erhalten. Auch nach 10 Stunden kann ich diese fruchtige Säure noch deutlich wahrnehmen. Das Fruchtige schiebt sich im Verlauf immer stärker als tragendes Element an die Seite der Säure. Es wird süßer. Allerdings weniger eine würzige oder vanillige Süße sondern eine deutlich fruchtige Süße. Die dafür verantwortliche Mango kann ich nicht herausriechen. Für mich ist das eher eine undefinierte Frucht. Über dieses knisternd süß-saure Fruchtspiel entsteht in meinem Kopf eine wundervolle sommerliche Lebendigkeit, in die sich mit dem sanften Einsetzen der Patchouli Note ein Hauch Wehmut einflechtet. Das Patchouli kommt nie in den Vordergrund. Es ist nur eben gerade so präsent, dass man jederzeit spürt, in welche Richtung sich dieser reizvolle Sommerreigen irgendwann entwickeln wird: nämlich wie alles in diesem Leben – seinem Ende entgegen. In diesem Dreiklang verharrt der Duft in ausgesprochen linearer Weise über seine gesamte Lebensspanne. Welche sich übrigens wirklich sehen lassen kann. In ausreichender Menge appliziert, ist der Duft an mir sehr ausdauernd. 10 – 12 Stunden sind locker drin. Die Projektion ist moderat bis präsent. Kein Kracher, der Räume füllt, aber genug Power, um die neben einem stehenden Personen zu erreichen.

Chypre Mojo ist ein Duft, der bei mir sofort offene Türen einrannte. Die Eleganz und Lässigkeit mit der Chypre Mojo ein so ernstes Thema aufgreift, wie die Gegensätzlichkeit aus der Freude am Leben und der Wehmut um dessen Vergänglichkeit, ist schlicht beeindruckend. Ob Michel Almairac am Ende mit seiner Komposition ernsthaft darauf abgezielt hat, sei mal dahin gestellt. Aber die Bilder, die entstehen so in meinem Kopf .

Liebe Leute, danke fürs Lesen meines Newbie Kommentars. Ich hoffe, es hat ein bisschen Lust auf Chypre Mojo gemacht.
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