Liebe Oud Minérale Fans:
Bei meinem letzten Aufenthalt in NYC hatte ich endlich die Möglichkeit, den Oud Minérale aus der Resort Collection zu kaufen — ein Tester war leider nicht (mehr) vorhanden, so kaufte ich drei Flakons (zwei 30 ml, ein 50 ml) blind.
Warum gleich drei? — Weil der Duft aus der Resort Collection entgegen all meiner Erwartungen noch nicht in Europa re-released wurde und ich nicht weiss, wie lang es noch dauert und in diesem Moment auch noch unklar war, ob und wann ich in nächster Zeit wieder in die Staaten komme.
Ob sich die Investition gelohnt hat und ob und welche Unterschiede es zwischen der Private Blend Linie und der Resort Collection gibt, möchte ich euch anhand meiner Erfahrungen und mit einer subjektiven Einschätzung mit euch teilen:
FLAKON
Private Blend
Gab es (wurde ja leider eingestellt und ist nur noch sehr vereinzelt in ausgewählten Parfümerien zu erhalten) in 50, 100 und 250 ml. Flakons waren der Oud-Reihe aus der Private Blend Linie entsprechend aus grau getöntem, durchsichtigen Glas mit einer Plastikkappe darauf, die oben mit einem Spiegel mit der Aufschrift TOM FORD versehen war.
Resort Collection
Gibt es in 30 und 50 ml. Flakons sind der Resort Collection gemäss aus mattiertem Milchglas, der Oud Minérale ist grau. Der Deckel ist ebenfalls grau mattiert und aus Plastik, auch dieser ist oben mit einem Spiegel mit der Aufschrift TOM FORD versehen.
AUFTAKT
Private Blend
Der Auftakt startet harsch, unkonventionell und ausladend:
Wir befinden uns in Halifax, direkt an der Atlantikküste. Es ist ein stürmischer, grauer Tag.
Ein- bis zwei Spritzer des Duftes und wir finden uns auf einem hölzernen Steg, etwas ausserhalb der oben genannten Kleinstadt wieder. Die raue Atlantikküste vor unseren Augen, der unsanfte Wind, der uns nach Meersalz und Algen riechende Luft um die Ohren weht, blicken wir auf die tosende See und den grauen Himmel. Die Wellen so gigantisch hoch, dass man den Horizont nicht zu sehen vermag.
Am Steg steht ein modernes Speed-Boot, das gerade jedoch repariert wird. Man riecht ganz stark und deutlich das Motoröl und den Kraftstoff, mit dem das Boot später laufen soll.
Resort Collection
Hier sind wir auf den Hamptons: Im Gegensatz zur Private Blend Linie ist der Auftakt bei der Resort Collection weniger dunkel und punchy, dafür etwas frischer, holziger und weitaus sympathischer: Auch hier ist man am Nordatlantik, jedoch ist die See um die Hamptons heute ruhig, flach und es liegt viel mehr Treibholz am Strand. Dieses Holz ist allerdings weichgespült von den endlosen Wogen des Ozeans, ist glatt und der Geruch nach Motoröl und Treibstoff bleibt zunächst aus.
HERZNOTE
Private Blend
Wir befinden uns nun auf dem oben erwähnten Boot, fahren raus aufs offene Meer. Die See hat sich zwar mittlerweile etwas beruhigt und die Wellen sind glücklicherweise nicht mehr haushoch, dennoch schaukelt es noch gewaltig und immer wieder peitscht uns die raue Gischt um die Ohren. Man riecht ganz deutlich das salzige Wasser des Meeres und auch die Algen halten nicht zurück. Das Motoröl vernehme ich nicht mehr so stark, umso mehr aber den Kraftstoff, mit dem das Boot über die Wellen donnert und dessen Abgase, die mir abwechselnd mit dem Meeresduft um die Nase ziehen. Im Boot befindet sich jede Menge raues Treibholz, ganz ungestüm und rau, vollgesogen mit Meereswasser und hier und da hängt noch eine angetrocknete Alge. Das Treibholz im Boot riecht stark nach Meer: Nach Salz, nach Fisch, nach Muschelkalk, nach Algen und auch etwas nach Fäule. Die Kombination aus all den Düften macht es aber auch irgendwie unwiderstehlich, nicht daran zu reichen. Ja, es riecht nach Freiheit. Nach Abenteuer. Nach Mystik und nach den endlosen Weiten des rauen Atlantiks.
Resort Collection
Auch hier machen wir einen Bootsausflug raus aufs Meer, nur die See ist aalglatt, keine einzige Welle in Sicht. Auch der Himmel ist strahlend blau und nicht, wie in obigen Szenario anzunehmen, grau und neblig. Es schaukelt nicht, es wackelt nicht und man genehmigt sich einen Schluck Champagner — dessen cremig-alkoholische Note in der Herznote des Duftes durchaus wahrnehmbar sind, wenn auch nicht als Hauptcharakter. Dieser ist auch hier die salzige Meeresluft. Algen, Motoröl und Treibstoff sind präsent, jedoch weniger laut und deutlich zurückgeschraubter als bei der Private Blend. Dafür sind die holzigen Noten des feingeschliffenen Treibholzes stärker. Nur dieses Holz ist bereits vollständig ausgetrocknet, wurde vermutlich sogar schon bearbeitet, mit Schleifpapier und versiegelndem Lack: Man riecht das Holz deutlich stärker, es ist cremiger und weicher, rundet den Duft herrlich ab und verleiht ihm einen businesstauglichen Charakter fürs Büro.
BASISNOTE
Private Blend
Wieder zurück auf dem sicheren Land mit festen Boden unter den Füssen, machen wir es uns nach einer heissen Dusche und einem schön wärmenden Drink auf dem Sofa gemütlich und begutachten das Treibholz. Immer wieder steigen die oben genannten Noten auf und die Sehnsucht wächst, gleich morgen wieder rauszufahren. Aber das geht nicht... morgen gehts wieder zurück in die Stadt, zurück in den Konferenzraum, wo knallharte Verhandlungen stattfinden. Der Duft als meine Signatur und mein ständiger Begleiter.
Resort Collection
In der Basisnote sind die Düfte kaum noch zu unterscheiden, mit dem Unterschied, dass der Duft aus der Private Blend Linie etwas „lauter“ und trotz aller Gemütlichkeit noch immer Ecken und Kanten aufweist, welche in der Resort Collection viel geschliffener und runder - und dadurch auch viel alltagstauglicher und büroverträglicher - rüberkommen lassen. Der Duft aus der Resort Collection ist hier wesentlicher smoother, flirtet mehr mit dem Gegenüber und ist bereit, auch Kompromisse einzugehen.
F A Z I T
Beide Düfte haben die gleiche DNA, unterscheiden sich jedoch in Intensität und Sillage: Hier ist der Private Blend deutlich lauter, stärke im Vordergrund und weitaus ausstrahlender und wird auch weniger schnell hautnah, dafür ist er aber auch ruppiger und teilweise ausladender und eckiger. Die Resort Collection hingegen ist smoother, feiner, cremiger und dafür auch etwas leiser in der Intensität und Sillage: In den ersten zwei bis drei Stunden auch deutlich präsent, danach hautnah.
In der Haltbarkeit hingegen stehen sie einander allerdings absolut nicht nach: Beide schaffen es bei mir an einem heissen Sommertag in New York (31 Grad) auf 8 Stunden und an einem moderaten Tag in Zürich (19 Grad) auf 12 Stunden. An der Kleidung halten beide bis zum nächsten Waschgang, wobei man den Duft aus der Private Blend Linie deutlich stärker wahrnimmt. Muss man sich gleich drei Flakons von der Resort Collection kaufen? Nein, definitiv nicht.
Würde ich die Resort Collection gegenüber der Private Blend Linie bevorzugen? Ebenfalls ein ganz klares Nein.
Bin ich froh, noch einen halbvollen 100 ml- und einen ganz vollen 250 ml Flakon aus der Private Blend zu besitzen? Ja, absolut.
Und würde ich nochmal den Duft aus der Resort Collection kaufen, wenn mir die Flakons aus der Private Blend Linie zur Neige gehen? Ja — aber vermutlich schon vorher: Den Private Blend trage ich privat, beim Date oder auch dann, wenn es geschäftlich zu Verhandlungen kommt, bei denen ich Präsenz und Stärke zeigen muss. Den Resort Collection bevorzuge ich an den ruhigeren, gemütlicheren Tagen, an denen ich mich auf die knallharten Verhandlungen vorbereite.