Infusion d'Homme (Eau de Toilette) von Prada

Infusion d'Homme 2008 Eau de Toilette

DonLeBon
31.08.2023 - 04:17 Uhr
10
Hilfreiche Rezension
9
Preis
10
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft

American Psycho, oder die Ästhetik der Makellosigkeit

Die Auftaktnoten dieses Duftes präsentieren sich kühl und nüchtern, wie der Stahl eines makellosen Kragenstäbchens. Ein kalter Hauch von heller, pudriger Eleganz hüllt die Sinne ein, während dieser Duft die Luft durchdringt. Ein unberührter Äther, der an makellose Weiße erinnert, steigt auf wie der unsichtbare Atem eines minimalistischen Traums. Hier ist er, der olfaktorische Hauch eines Pantheon-Bankiers, der seinen Makellosigkeitskult zelebriert.

Wie das sanfte Streicheln eines seidenen Taschentuchs auf der Haut fühlt sich dieser Duft an, als würde er von einem verborgenen Waschmaschinenraum aus aufsteigen, wo kunstvoll geschwungene Dampfbügeleisen die letzten Unebenheiten des Lebens glätten. In der Luft tanzt der Hauch von frischgebügelten weißen Luxushemden, als wäre der Dunst des besten Wäscheservice der Stadt auf magische Weise konserviert worden. Einzigartig und scharf umhüllt der Duft die Sinne mit einer Erinnerung an die absolute Reinheit von präziser gefalteter Baumwolle.

In diesem olfaktorischen Gemälde manifestiert sich die Essenz eines emotionslosen Geistes, der beinahe psychopathisch wirkt. Es ist ein Duell zwischen Reinheit und Kälte, zwischen der glatten Oberfläche und den unergründlichen Abgründen dahinter. Jeder Atemzug dieses Parfums erzählt von einem Leben, das von Struktur und Routine geprägt ist – ein Leben, in dem jede Begegnung, jede Bewegung, jedes Gefühl kalkuliert ist. Es ist ein Duft, der die Grenze zwischen Luxus und Leere, zwischen Wohlstand und Mangel an Empfindungen, verschwimmen lässt – eine Ode an die verführerische Kälte des Verstandes.

Es ist nicht nur ein Duft, sondern eine Manifestation der unermüdlichen Suche nach Perfektion und Kontrolle. Ein Hauch von Besessenheit durchdringt die Luft, verführerisch und doch beinah verstörend, so wie der Protagonist jenes literarischen Werkes, der sich selbst in einem Wahn aus Ästhetik und Obsession verliert.
6 Antworten
JoeLee1981JoeLee1981 vor 5 Monaten
Phantastisch!! Sehr gerne gelesen! Ein Pokal aus blassem Nimbus für Dich... während ich meine Stomach-Crunches mache. Ich schaffe mittlerweile 1000 😉
PommfritPommfrit vor 6 Monaten
Toll geschrieben, habe ich gerne gelesen. Danke!
JivazJivaz vor 8 Monaten
Beeindruckende Schreibweise. Brillante Metaphern. Ich hoffe du nutzt dieses Talent beruflich! 🙌
PoesiefannyPoesiefanny vor 1 Jahr
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Was für eine großartige Duftmilieuschilderung. Rudolf Steiner entwickelte den von Dir beschriebenen archaischen Typus als Ahrimanprinzip.
Der Vorläufer dieses Protagonisten findet sich in Hyusmans symbolistischem Roman "Gegen den Strich". Und sein zeitgenössischer charismatischer Studentenkollege Henry Winter in Donna Tartts Debut "The secret History": bei der Bret Easton Ellis maßgebend mitgewirkt haben soll. Ich studierte auch einst bei einem smarten bondhaften Prof, der ähnliche Züge aufwies. Kühle Intelligenz, humorbefreit. Nil novis sub sole. Den Duft würde ich gerne mal testen, er würde zur Lektüre dieser Bücher passen.
JoeLee1981JoeLee1981 vor 5 Monaten
Sehr interessant! Danke für diesen Kommentar 😃
DSportelloDSportello vor 2 Jahren
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Wundervoll geschrieben!