Ephelide
14.01.2022 - 16:00 Uhr
15
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft

Ein Quader Geleekonfekt

Eines gleich vorweg: Häufig passiert es mir, dass in meinem Denken beim Testen von Düften Bilder bzw. Eindrücke von Konsistenzen, Oberflächenstrukturen, Materialien samt deren Wärmeleitkoeffizienten und/oder Temperaturen entstehen. Das Ausprobieren eines Parfüms spielt sich dann nicht nur auf der olfaktorischen Ebene ab, sondern stellt sich mir gleichsam als haptisches Erlebnis dar. Ich denke außerdem erstaunlich oft darüber nach, wie ein Duft den mich umgebenden Raum verdichten oder weniger dicht machen, den bei Bewegung bemerkbaren Widerstand verändern würde, in etwa so, wie ich mir damals, vor acht oder neun Jahren, die Auswirkung mit Masse behafteter Körper auf die Raumzeit vorgestellt habe. Ich habe hiermit meiner Auffassung nach meinen Informationspflichten bzgl. dessen, was kommt, Genüge getan. Es schließt an: eine Darlegung meiner Assoziationen zu „Vanitas“ von Profumum Roma.

Assoziierte Adjektive: self-indulgent, dekadent.

Ich verbinde mit „Vanitas“ ein kleines Stückchen Geleekonfekt. Dieses Zeug, aus dem das Innere von Gelee-Bananen gefertigt ist, bloß quaderförmig und in einer Farbe zwischen Orange und Gelb. (Die Grundfläche des Quaders misst 2,2 cm × 1,3 cm. Fragt nicht, woher ich das weiß. Die Höhe ist mir unklar.) Die Oberfläche ist von Zucker körnig, das kann man mit den Fingern fühlen, und natürlich schmeckt das Konfekt nicht nach Banane, sondern orangig-süß. Es wandert, von einer filigranen Hand geführt, in den Mund einer kecken Prinzessin, eines feingliedrigen Wesens, bei dem ich mich immer frage, wie ungezügelter Süßigkeitenkonsum wohl mit ostentativer Federleichtigkeit einhergehen kann. Doch die Prinzessin weiß, wie’s geht. Sie hat das mit dem Dolce Vita ganz und gar raus. Sie liegt so da, mit seidenen, unbeschwerten Kleidern über ein edel ausschauendes Liegemöbel drapiert, und frönt dem Genuss. Neben ihr ein silbernes Tablett, auf dem besagte Quader aus Geleekonfekt lose zu einer Pyramide gestapelt sind. So. Und die Prinzessin isst. Und sie isst. Und sie isst. Aber immer alles dolce und so. Der Spaß hört schlicht nicht auf. So wie der Duft. Alles toll, alles dolce, alles edel, und ja, okay, vergänglich, doch he – für uns als Konsumenten ist das doch nur ein Grund mehr, den Genuss zu zelebrieren.

Für mich ist „Vanitas“ verführerisch und süß, bis zum Schluss, und eben wie Geleekonfekt, an dem ich mich nicht überessen kann. Der Duft lädt ein zur Schwelgerei und schlägt zugleich einen interessanten Spannungsbogen zu seinem eigentlichen Thema, der Vergänglichkeit: Man wünscht sich, der Moment möge bleiben. Das geht natürlich nicht. Aber derart von Sinnen glücklich klingt Sterben auch ganz okay. Manchmal werden Orgasmen ja auch als kleine Tode bezeichnet. Für „Vanitas“ würde ich mehrfach sterben. Hihi.
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