DarkWinterCS
07.08.2022 - 09:47 Uhr
6
8Duft 9Haltbarkeit 8Sillage

The Story of sweating bodies

Vor einiger Zeit hatte ich das Vergnügen mit Le Lion de Chanel einen Duft zu testen, der durch ein komplexes Konstrukt aus Noten um den Hauptbestandteil Labdanum ein faszinierenden Duft bot. Intensiv, trotzdem fein abgestimmt und sehr langanhaltend. Insgesamt ein schönes Erlebnis.
Mit Parfum de la Nuit 1 konnte ich nun ebenfalls einen sehr Labdanum-lastigen schnuppern, der in eine ähnliche Kerbe schlägt und bereits seit 2015 die Interessenten zu überzeugen weiß. Sie ähneln sich schon, allerdings wird PDLN1 durch die Roja-typischen Noten unterstützt, welche unverwechselbar in vielen Düften der Marke eingesetzt werden.

Überraschend im Verlauf ist jedoch, dass trotz Einsatz von Labdanum, Zistrose und Zibet der Duft weitaus feiner, weicher und weniger „harte“ Animalik aufzeigt als der Duft von Chanel. Roja zeigt auch hier wieder einmal, dass er sehr gekonnt feine und gut abgestimmte Düfte entwerfen kann.

Dabei gehts zu Beginn sehr wild und dunkel los. Das Labdanum macht sich vordergründig bemerkbar und bringt unendliche Tiefen der Harzigkeit aufs Tablett. Dazu gibts eine Gewürznelke, die ebenfalls nicht zurücksteckt und eine heftige Portion Würze einbringt. Das Spektakel dauert bestimmt eine Stunde bis der nächste Entwicklungsschritt gegangen wird.
Vor allem Cypriol und Patchouli fangen dann an den Duft eine gewisse Tiefe und Wärme zu geben. Erdig, würzig und eine leichte Muffigkeit der beiden Noten wird dem Träger präsentiert.

Sind dann gut zwei Stunden verstrichen sammelt sich etwas Safran im Duft, der für noch mehr Weichheit sorgt und die Labdanum-Noten in den Hintergrund drängt. Cypriol gibt nun leichte alkoholische Noten von sich, behält trotzdem etwas Muffigkeit bei. Dazu noch die würzige Gewürznelke, die sich bisher nicht verabschieden konnte. Auch leichte Balsamigkeit schafft es nun in den Duft um noch etwas mehr Verführung zu kreieren.

Es gleicht einem wilden Akt zweier Körper, die sich begehren und einander verzehren wollen. Der Anfang so hart und wild wie ein Hormonüberschuss, indem sich beide aufeinander stürzen könnten und keine Kompromisse machen, während im Verlauf die Körper immer schwitziger werden und weicher miteinander kuscheln. Mehr Gefühl bekommt man kaum in den Flakon.

Aber man will ja nicht nur loben, sondern auch mal kritisieren. Mich stört, dass der Start etwas zu dunkel und zu intensiv ist. Es wirkt schon sehr scharf in der Nase, auch wenn dies im weiteren Verlauf abgeschwächt wird. Ein entgegenwirkendes Element fehlt, welches noch mehr Gefühlt einbringt. Ein kleiner Schuss Amber oder ein anderes Harz um einen Hauch Süße zu vermitteln würde mir persönlich gefallen.

In Sachen Performance ist dieser Roja auch wieder gut unterwegs. Die Sillage ist zwar nicht die stärkste, jedoch überzeugt die Haltbarkeit. Mehr als neun Stunden sind drin und damit für den Otto-Normalverbraucher genug. Man kann also den Großteil des Tages mit dem Duft verbringen und sich an seinem Verlauf erfreuen.

Insgesamt ein schöner Duft, der nach dem Start feiner und weicher wirkt als der Chanel. Der Start ist dagegen sehr scharf und fordernd, sodass man auch etwas Übung mit dieser Art Duft schon haben sollte.
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