Cuir mauresque von Serge Lutens

Cuir mauresque 1996

Phalaris
27.06.2012 - 10:37 Uhr
11
Sehr hilfreiche Rezension
10Duft

Marlon Brando, Pocahontas and me

"...

And maybe Marlon Brando
Will be there by the fire
We'll sit and talk of Hollywood
And the good things there for hire
And the Astrodome
and the first tepee
Marlon Brando, Pocahontas and me
Marlon Brando, Pocahontas and me
Pocahontas."

Neil Young, “Pocahontas”

Die endlosen Weiten der amerikanischen Prärie. Büffelherden, die von den Indianern mit Pfeil und Bogen bejagt werden; Nahrungsbeschaffung und Mutprobe für die jungen Männer die bald Krieger sein werden. Aus den Häuten der Büffel werden die Bahnen der Tipis, die Kleidung sowie Schmuck gemacht. Kein Teil der Jagdbeute darf ungenutzt verlorengehen, schließlich haben sie sowohl um eine reiche Ernte als auch das Tier um Verzeihung für seinen Tod gebeten. Um kleinere Stücke von besonders weichem Leder zu erhalten, kauen die Frauen die Tierhaut wieder und wieder durch, walken und schaben sie.

Pocahontas ahnt, dass sie heute vielleicht das letzte Mal mit den anderen Frauen hier sitzt; erst vor einem Mond hat sie einem Weißen das Leben gerettet, den ihr Vater, der Häuptling, eigentlich töten wollte. Morgen soll sie zu einem Schiff der Weißen gehen um sich die Belohnung dafür abzuholen.

Pocahontas, gerade 18 Jahre alt geworden, wird auf dem Schiff gefangen genommen, getauft, später mit einem Farmer verheiratet und schließlich nach England gebracht, wo man sie als eine Indianerprinzessin behandelt. Natürlich trägt sie nun höfische Kleidung, aber sie hat vor drei Jahren – als sie auf dem Schiff wie eine Geisel gefangen gehalten wurde - ein Stück ihres alten Lederhemdes behalten dürfen. An diesem riecht sie manchmal, wenn sie abends im stickigen London des angehenden 17. Jahrhunderts nicht schlafen kann. Der Geruch trägt sie zurück in eine Zeit die schon Jahrzehnte zurückzuliegen scheint, obwohl sie gerade erst 21 Jahre alt geworden ist. Man mag sie am Hof, denn sie ist exotisch, voller Anmut und klug. Trotzdem möchte sie zurück in ihre Heimat; auch zusammen mit ihren Mann, Hauptsache zurück. Da sie inzwischen als Botschafterin des Indianerkönigs, also ihres Vaters, gilt, willigt man bei Hofe schließlich ein. Sie packt ihre Sachen und verwahrt das Stück ihres Lederhemdes in ihrem Mieder, denn es soll ihr ganz nah sein. Pocahontas stirbt während der Reise noch auf englischem Boden an einer Krankheit; im Todeskampf kaut sie immer wieder auf dem Lederstück.

Neil Young singt, dass er gern ein Trapper wäre und dann tausend Felle dafür geben würde mit Pocahontas zusammen in einem Tipi zu schlafen. Nachdem er mit ihr und Marlon Brando zusammen am Lagerfeuer gesessen hätte, unter dem eiskalten amerikanischen Himmel. Um zu erfahren, was sie gefühlt hat, am Morgen, auf der grünen Prärie, in dem ihr vertrauten Land, das wir niemals gesehen haben.

Ich bin nicht Neil Young, aber für mich gibt es Cuir Mauresque als Sehnsuchts- und Traumduft. Dieser entwickelt sich an mir so weich und zärtlich wie ein gepflegtes Stück dünnen Wildleders, und nicht so wie ich mir den Geruch von Marlon Brandos Lederjacke vorstelle. Ja, wie Cuir Mauresque könnte Pocahontas und die Tausenden der anderen Indianerprinzessinnen geduftet haben; in dem ihnen vertrauten Land, das wir niemals gesehen haben.
5 Antworten
HasiHasi vor 13 Jahren
Ich kannte die tragische Geschichte von Pocahontas schon vorher, aber mit dem Lederstück gefällt sie mir noch besser bzw. macht es sie noch trauriger. Cuir mauresque war einer der ersten Lederdüfte, der mein Wohlwollen fand. Sehr schöner Kommentar!
PhalarisPhalaris vor 13 Jahren
Vielen Dank für eure Antworten; die Geschichte an sich ist ja belegt, nur das Stück vom Lederhemd habe ich erfunden. Ich habe nachträglich noch ein "Bild" ausgetauscht, weil es mir weniger plakativ aber insgesamt stärker und runder erschien.
UnterholzUnterholz vor 13 Jahren
Schöne Story! Und der Duft... naja, bei Lutens muss man immer zuerst selber ne Nase voll nehmen... Aber deine Assoziationen klingen verlockend!
PiladilibriPiladilibri vor 13 Jahren
Schicksale gibt es..... *kopfschüttel*. Welch ein Glück, das es Düfte gibt die Geschichten erzählen. Du hast ein gutes Ohr dafür! *****
ToniToni vor 13 Jahren
Danke,danke,danke! Was für ein wunderbarer Kommi - großen Indianerpokal für Dich.Diesmal,finde ich, hast Du Dich selbst übertroffen!