Lavender Palm von Tom Ford

Lavender Palm 2011

loewenherz
23.02.2015 - 15:40 Uhr
9
Sehr hilfreiche Rezension
7Duft 7.5Haltbarkeit 7.5Sillage 10Flakon

Valse triste

Leicht sind wir nicht zueinander gekommen, Lavender Palm und ich - all meiner Leidenschaft für Tom Ford und seine Düfte zum Trotz. Zum einen ist Lavendel - obwohl ich wirklich sehr schöne Lavendeldüfte kenne - keine derjenigen Duftkomponenten, die mich und meine Neugier stürmisch erobern. Die Namenskombination mit der Palme fand und finde ich ein bisschen albern. Und letztlich: Los Angeles, dem bzw. dessen dortigem Flagship Store dieser Private Blend gewidmet ist, wird nie eine meine Lieblingsstädte werden - ist es doch ein bisschen wie das Ruhrgebiet mit besserem Wetter und eben mit Palmen.

Im Auftakt von Lavender Palm ist der Lavendel - wenig überraschend - dominant. Er präsentiert sich klassisch, staubig grau, die Mottensäckchenassoziation ist auch dabei, der flankierende Salbei und die Bergamotte tun dazu ihr Übriges. Doch dann wächst er langsam an Volumen, Toms lavendelner Angeleño, spreizt und entfaltet sich und sein aromatisches Blattwerk - Zeder, Lorbeer und sicher auch die namengebende Palme, wenngleich deren vermeintlicher Duft mir einigermaßen rätselhaft bleibt. Zusehends gewinnt Lavender Palm nun an Tempo, nimmt nachgerade Fahrt auf, dreht sich schneller. Es kommt eine lebhafte Süße hinzu, und es ist etwas Weiches, überaus Körperreiches in dieser Süße, die um so betäubender wird, je länger sie andauert. Am Ende übertreibt er es beinahe ein wenig.

Valse triste, der 'traurige Walzer', das wahrscheinlich bekannteste Stück des wahrscheinlich bekanntesten finnischen Komponisten Jean (eigentlich 'Johan' oder 'Janne') Sibelius folgt genau demselben Muster. Drei Minuten lang - das ist knapp die Hälfte seiner Dauer - ist er zögerlich und sehr verhalten, als Walzer kaum zu identifizieren. Dann jedoch steigern sich Lautstärke und Tempo, beginnen seine Kreise sich zu drehen, entwickelt er eine Art träge schleppendes Lamento, glaubt man Witwen in grauen Kleidern stumm im Licht bleicher Gaslampen tanzen zu sehen. Es ist ein kleines Stück von großer Schönheit, Sibelius' Valse triste - drängend und voll Klage und dabei mit der ganzen Leidenschaft eines Walzers darin, gleichsam ein letztes verzweifeltes Sich-am-Leben-festhalten.

Fazit: ein Duft, der seine Zeit braucht und diese Zeit verdient hat - sein ernster Auftakt kommt zu einem prächtigen, sehr temperamentvollen Ende. Nachvollziehbare Entlehnungen der zweitgrößten Stadt der USA sind für mich übrigens nicht zu entdecken.
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