Moss Breches von Tom Ford

Moss Breches 2007

Apicius
15.05.2010 - 12:54 Uhr
17
Sehr hilfreiche Rezension
6Duft 5Haltbarkeit

Ein Fougère-Orientale

Heute lag – nicht ganz zufällig – eine Tom Ford Duftbar auf meinem Weg. Nach langem Hin und Her mit verschiedenen Teststreifen entschied ich mich, Moss Breches (wie spricht man das aus und was ist damit gemeint?) auf meinen Handrücken zu lassen.

Moss Breches beginnt mit einer moosigen, grünen Kopfnote à la Fougère, sehr in Richtung klassischer englischer Herrenduft. Doch gleich zu Beginn mischt sich das mit einer breiten, cremigen Note. Bienenwachs und vielleicht das Benzoe-Harz könnten von den angegeben Komponenten hierfür verantwortlich sein. Während die Abteilung „Moose und Farne“ männliche Frische ganz alter Schule signalisiert, zwingt die Cremigkeit den Duft sehr in eine opulente Breite. Dieser Naturbursche hat nicht nur leichtes Übergewicht, er ist schwer adipös!

Nach ca.2 Stunden verabschiedet sich alles Grün-Krautige und zum Vorschein kommt der Kern der Sache: Moss Breches zeigt sich nun als klassischer Orientale, mit viel dreckiger Vanille. Die Ähnlichkeit zum Klassiker Jicky von Guerlain liegt auf der Hand. Ich finde es eine positive Überraschung, dass sich ein neuer Duft in diese Gefilde vorwagt, aber Moss Breches ist ja auch eindeutig Nische.

Wie soll man das nun finden? Moss Breches ist spektakulär, damit hat er es schließlich an allen anderen Tom Fords vorbei auf meine Hand geschafft. Die Kombination von grüner Krautigkeit und klassischer orientalischer Vanille in der Basis ist sehr gewagt. Trotzdem: Fougère-Akkorde in einem Orientalen – ist das nicht irgendwie wie Matjeshering auf Vanilleeis? Ich denke nicht, dass diese beiden Welten gut zusammenpassen. Die Zibet-Note in Jicky ist um so vieles besser als das ganze Grünzeug hier! Und was den vanilligen Drydown angeht – auch da muss sich Moss Breches an Jicky messen lassen und zieht natürlich den Kürzeren. Wenn man schon imitiert, muss man besser sein als das Original; gleichgut reicht nicht.

Gemessen an dem opulenten Start verabschiedet sich der Duft viel zu früh. Nach vier Stunden ist Schluss, da gibt es nur noch Vanillereste. Das finde ich vollkommen ungenügend für ein Parfum dieser Preisklasse. Da er am Beginn so kräftig auftritt, kann man nicht kräftig sprühen. Somit wäre man genötigt, den Duft in einem Taschenflakon zum Nachlegen mitzuführen.

Ich bin immer misstrauisch, wenn plötzlich eine Duftbar mit gleich zwanzig hochpreisigen Düften aufgestellt wird. Das kann nicht alles gut sein. Bei so etwas vermute ich mehr Schein als Sein. Diese bemüht spektakuläre Art, welche die Parfumeure von Tom Ford, Serge Lutens und andere dazu bringt, merkwürdige Duftkombinationen zu präsentieren, gefällt mir nicht. Das hat etwas von gehobener Küche: Immer interessant, doch selten wirklich schmackhaft. Würden Fougère-Akkorde gut zu Orientalen passen, hätte irgendjemand das in den zurückliegenden 100 Jahren Parfumgeschichte längst erfolgreich vermarktet. Auf Tom Ford hätte man nicht zu warten brauchen.
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