Casamorati 1888

Casamorati - Mefisto Gentiluomo 2018

GreenOG
11.07.2022 - 06:58 Uhr
22
Hilfreiche Rezension
7
Preis
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft

Entschleunigung

Ihr könnt gerne bis zur Duftwahrnehmung scrollen, ich bin euch nicht böse :)

Betritt man die Tiefen der Nischenwelt zum ersten Mal und verkehrt u.a. auch auf YouTube, Instagram etc. gibt es so einige Häuser an denen man einfach nicht vorbeikommt. Xerjoff, Roja, MFK, Amouage und so weiter und so Ford…

In meinem Fall wollte ich zu dem Zeitpunkt wissen, was diese teilweise sehr „kreative“ Preisgestaltung rechtfertigt. Was die Qualität der Rohstoffe betrifft, weiß ich berufsbedingt, dass es ab einem gewissen Punkt einfach ein Ende hat und man letztendlich für Namen, Marketing, Exklusivität usw. einen Aufpreis zahlen muss.

Also bestellte ich wie bescheuert Abfüllungen der oben genannten Häuser. Im Schnelldurchlauf inhalierte ich all jene Kompositionen um, unter anderem, mitreden zu können. Erwartungen wurden erfüllt, übertroffen aber auch enttäuscht. Besonders von Xerjoff war ich sehr enttäuscht.

Da es momentan gilt den Spagat zwischen Familien- und Berufsleben zu meistern, konnte ich mir dabei einfach nicht die Zeit nehmen, mich auf jeden dieser Düfte einzulassen und sie über Stunden oder Tage bzw. Wochen hinweg wirklich zu testen.

Ich zähle Kaffee, Uhren und kreative Gestaltung ebenfalls zu meinen langjährigen Hobbies, (Nischen)Parfum ist dabei noch ziemlich neu.

Da alle anderen Interessen seit ca. 18 Monaten viel, viel, viel zu kurz kommen, hielt ich es einfach für unfair meinem neuen Zeit- und Geld-Dieb (Parfum, nicht das Kind ;) all meine verfügbare Aufmerksamkeit zu schenken.
Der normale Mefisto von Casamorati, war eine zusätzliche Beigabe eines Souk-Deals (Danke dir, lieber Defcon) und wurde zunächst gar nicht wirklich beachtet.
Irgendwann jedoch, trug ich ihn aus Lust und Laune und stempelte ihn ab als „Kann man machen“.

Einige Zeit später sah ich dann ein Video von LeniScents in dem sie den Gentiluomo vorstellte und ihn als Mefisto mit einem kleinen Augenzwinkern beschrieb.
Sie sagte ebenfalls, dass er leichte Le Male Anklänge habe, was mich schließlich zu einem Blindbuy veranlasste.
Ich liebe Le Male, er ist schon immer ein Teil von mir gewesen und wird es auch bleiben.

Als er ankam, sprühte ich ihn mir direkt aufs Handgelenk und war erstmal enttäuscht, da ich kaum einen Unterschied zu Mefisto wahrnehmen konnte.
In gewohnter Hektik ließ ich ihn ruhen und zunächst im Schrank verweilen.
Doch ich konnte mich einfach nicht damit zufrieden geben.
Jeden Tag dachte ich mir: „Komm Junge, da muss einfach ein Unterschied sein!“
Jeden Morgen sprühte ich ihn auf, wartete kurz und ging enttäuscht unter die Dusche.
Doch gestern hatte ich mal etwas „Zeit“ den Verlauf länger als 10-15 Minuten zu testen. Und ja, der langersehnte Unterschied zu Mefisto kam endlich zum Vorschein….

Aber nun zur DUFTWAHRNEHMUNG selbst.

Er startet sehr schön zitrisch und frisch, lässt dabei jedoch jegliche Süße zunächst aus. Seine Helligkeit dabei fasziniert mich, er ist nicht zu schwer aber auch nicht zu leicht, einfach schön ausgewogen und transparent.
Im weiteren Verlauf vernehme ich helle Blüten und auch den Lavendel bekomme ich gut raus, der jedoch sehr soft in meinen Augen ist und ihm einfach einen sanften Barbershop-Vibe verleiht.

Ja, Duschgel-Assoziationen kann ich nachempfinden, stören mich aber nicht. Im Gegenteil.

Langsam kommt eine dezente Süße dazu, die ihn etwas schwerer werden lässt und die zitrischen Noten fahren herunter. Ein wenig Zedernholz gesellt sich dazu und verbreitet mit dem Lavendel zusammen den oben beschrieben Le Male-Touch.

Am Ende bleibt ein leicht seifiger, frischer Fougére zurück mit einer gewissen Süße/Würze.

Die Haltbarkeit bei mir beträgt ca. 6-8 Stunden, wird nach 3-4 Stunden jedoch ruhiger, wobei die Sillage von Anfang an nicht monströs ist.

Ich lerne übrigens daraus in Zukunft den Düften einfach mehr Zeit zu geben und mich mehr auf sie einzulassen.
Ich denke ich habe bei vielen Düften, insbesondere bei Xerjoff, zu vorschnell ein Urteil gefällt und gebe diesen nun eine zweite Chance.

Das Erkunden der Nischenwelt soll für mich ab sofort ein Akt der Entschleunigung sein und Mefisto Gentiluomo soll mich immer daran erinnern.
Atheistisches Amen.

Abschließend noch ein paar Worte zum Preis.
Ich habe den Duft hier im Souk erstanden und ca. 170€ für 98/100 ml inkl. OVP & Versand bezahlt. Ich finde, er ist diesen Preis auch wert. Die aufgerufenen 270€ von Xerjoff würde ich jedoch nicht bezahlen.


Vielen Dank für‘s Lesen und eine erfolgreiche Woche :)
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