Oud Yusuf Pure Parfum

Akil
01.06.2022 - 19:09 Uhr
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Ein trauriger Duft

2010 war das Jahr in dem meine liebe für Parfums entfacht wurde - 2010 war das Jahr in dem ich im Berliner KaDeWe das erste mal an "Oud Wood" von Tom Ford gerochen habe.
Die Büchse der Pandora war geöffnet.

Über die Jahre durfte ich viele Oud-Düfte kennenlernen,
über die Jahre durfte ich viele Oud-Düfte lieben lernen.

Doch wenn mich jemand gefragt hat "Wonach riecht denn eigentlich Oud?" konnte ich diese Frage nicht beantworten.
In einer meiner zahllosen Nächte habe ich mich auf die Suche begeben - auf die Suche nach Oud in seiner Reinform. Fündig geworden bin ich bei "Oud Yusuf".

Ich habe schon viel, verdammt viel Geld für Parfum ausgegeben, aber 27€ für wenige Milliliter?
Ich war noch nie so gespannt auf eine Duftprobe.

Als die Duftpost angekommen ist habe ich mich an unseren Esstisch in der Küche gesetzt, die Versandtasche ehrfürchtig geöffnet, den kleinen Deckel des Zerstäubers entfernt und das erste Mal an "Oud Yusuf" gerochen.

...

Ich war noch nie so verwirrt.

Mein erster Gedanke war "Die Probe muss doch gekippt sein".
Was mir da entgegengekommen ist...war bestialisch. Nicht animalisch, sondern bestialisch.
Enttäuscht und verwirrt wanderte die Abfüllung in meinen Kühlschrank.

Zeitsprung. Mehrere Monate später.

Seit Montag sind meine Freundin & Ich in Quarantäne - und ich hatte seit Monaten endlich mal wieder Zeit mich intensiver mit Parfums zu beschäftigen.

Am Ende hatte ich die Probe von "Oud Yusuf" in der Hand. Und war fest entschlossen diesen Duft zu verstehen.
Ich nahm ein sauberes, rein weißes Baumwolltuch und sprühte zwei Sprüher auf das Tuch.
Es war das erste Mal, dass ich "Oud Yusuf" aus seinem Zerstäuber befreit hatte.
Ich hätte es eher tun sollen.

Zu Anfang stach mir wieder dieser bestialische Duft in die Nase - ich rieche hier nichts frisches, nur Dunkelheit. Absolute Dunkelheit.

Mit der Zeit wurde das Bild klarer. Und der Duft immer faszinierender.

In meinem Kopf habe ich versucht den Duft in Worte zu fassen:
Schwer, ölig, Leder.
Ich hatte die ganze Zeit ein verregneten Herbsttag vor Augen.
Keiner der Schönen, einen der traurigen.

Plötzlich riss mich meine Freundin aus meinen Gedanken "Was riecht hier so nach alten Mann?",
ich hielt ihr das Baumwolltuch hin
"Pfui, was ist das? Das riecht nach ungepflegten alten Mann in dicker Lederjacke mit Hang zu übermäßigen Whisky-Konsum!".

BINGO!

Besser hätte ich es nicht in Worte fassen können.

Allerdings ist das nur ein Teil des Bildes.
Der anderen Teil ist, dass dieser alte Mann gebrochen ist. Vom Leben gebrochen.

An "Oud Yusuf" ist nichts freundliches, nichts schönes - und trotzdem hat uns dieser Duft so unendlich viel zu erzählen. Genauso wie der alte, gebrochene Mann.

Ob ich "Oud Yusuf" jemals tragen werde? Ich hoffe nicht. Der Grund wäre kein schöner.
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