Abendglanz

Abendglanz

Rezensionen
Abendglanz vor 8 Jahren 65 13
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Die Männer, die wir lieb(t)en...
'Eau Sauvage' zu tragen ist für sich allein ein Statement, ein Kommentar, eine Aussage.
Die umwerfenden, unvergleichlichen, unvergesslichen und unvergessenen Männer unserer Zeit tragen und trugen ihn, verkörper(te)n ihn und leb(t)en ihn.
Der Archetyp eines maskulinen Parfums wie diese auserwählten Gentlemen den Archetypus eines Mannes in seinen facettenreichsten Ausprägungen symbolisieren, charakterisieren, definieren.

Marlon Brandos monumentale Coolness in kohärentem, vermeintlichem Widerspruch mit seiner rebellischen Hitzigkeit und Wildheit, hinter derer in offenkundiger Subtilität seine hohe Sensibilität und Verletzlichkeit durchschimmern.
--Moschus, Amber, Bergamotte, Zitrone, Sandelholz, Jasmin, Kreuzkümmel, Vetiver

Ein wagemutiger Alain Delon, der sich durch seine betörende Lakonie auszeichnet.
Der unbeirrbare Einzelgänger, der erbarmungslos, draufgängerisch, heißkalt, immer in französischer Ästhetik und Allure, schwer fassbar seinen ureigenen Weg verfolgt.
--Vetiver, Koriander, Lavendel, Amber, Moschus, Patchouli

Cary Grant, unnachahmlich in seiner selbstverständlichen, stilsicheren, geschmeidigen Eleganz und seinem nonchalenten Charme. Sein britisch trockener Witz, der vor scharfzüngiger Spritzigkeit die Funken aus der Leinwand sprühen läßt. Vor dem wir bei jedem Augenverschmausen seiner Filme geistig auf die Knie sinken und wünschen, dass dieser Moment doch für immer und alle Ewigkeit verweilen möge.
--Jasmin, Iris, Rose, Nelke, Lavendel, Sandelholz, Bergamotte, Amber

Dem Orientalen immanent: der mystisch wehmütige Blick aus den glühend funkelnden, unvergleichlichen Augen des Omar Sharif, der uns gefangen hält noch Jahrzehnte nach Verklingen des letzten Tons, über den Fall des letzten Vorhangs hinaus.
Seine eigenständige Verlorenheit und melancholische Sinnlichkeit, die nur noch überstrahlt werden von seiner kosmopolitischen Erlesenheit und Klasse.
--Moschus, Sandelholz, Jasmin, Rosmarin, Kreuzkümmel, Koriander, Amber, Patchouli

Ein Udo Jürgens, der den verwegenen Feingeist Note für Note zum Ausdruck bringt.
Ein freier Geist und kreativer Draufgänger, der in seinen Texten manchmal der Zeit selbst sowie dem Zeitgeist voraus war. Der Wahrheiten in einem Satz, in einem Text auf den Punkt genau brachte.
--Eichenmoos, Iris, Zitrone, Moschus, Rose, Nelke, Amber, Sandelholz

Ebenso wie dies auf anderer Ebene Willy Brandt, wie kaum ein anderer, beherrschte.
Der Visionär, der instinktiv wußte, dass man als Realist an Wunder glauben muss.
Welche Worte und welche Gesten die Zeit braucht, und welche die Zeiten überleben werden.
Die charismatische Präsenz, die aufrichtige Unbequemlichkeit, die Tranzparenz einer empfindsamen, melancholischen Seele, der einzigartige Duktus, das unverkennbare, rauhe Timbre.
--Rosmarin, Kreuzkümmel, Basilikum, Jasmin, Zitrone, Vetiver, Amber, Patchouli, Moschus, Sandelholz

Diese Männer (und noch ein paar mehr...) trugen alle 'Eau Sauvage' in ihrem Leben.
Für manche war es eine lebenslange Liebe (wohingegen sie diese mit den Frauen in ihrem Leben niemals schafften), für andere eine vorübergehende Liaison.
Doch sie alle waren irgendwann einmal mit diesem Duft verbunden.

In der Nähe eines Mannes mit 'Eau Sauvage' werde ich wie eine Kerze, die an beiden Enden brennt.
Wie Bitterschokolade, die zart und nach und nach im Mund zerschmilzt.
Ich, die augenscheinlich eigentlich unnahbar, distanziert, nicht leicht entflammbar, erfassbar und habhaftbar ist.
Doch wenn 'Eau Sauvage' den Raum betritt und ihn mit seiner Männlichkeit und Ausdruckskraft erfüllt, dann kann ich einfach nicht anders..., dann kann selbst ICH mir nicht mehr helfen....
...Weil dieser Duft vielleicht sehr nahe an meine Seele kommt, zu nahe ....?...

'Eau Sauvage' ist prägnant, markant, maskulin, unverwechselbar, und vor allem eklektisch.
Als Prolog hat es zwar eine über allem schwebende zitrisch-würzige Frische, doch die Vielschichtigkeit und die Vielseitigkeit, die jeder Mann mit seiner individuellen Biographie, seinen ihm eigenen Talenten, seiner hinreißenden Persönlichkeit, seinem knisternden, stilvollen Sex-Appeal in allen erdenklichen Facetten aus dem Duft herausholt, haben etwas anbetungswürdig Magisches.

In seiner(!) unmittelbaren Nähe enthüllt sich der mystische Unterton. Die Blue Note.
Das Erahnen des letzten Geheimnisses des Mannes, der ihn trägt.
Es offenbart sich für Fragmente von Sekunden, doch am Ende wird es niemals preisgegeben....
Das ist der wahre, wirkliche, unwiderstehliche Zauber hinter der oberflächlichen, frischen Offensichtlichkeit.

'Eau Sauvage' vereint Stil, Würde, Eleganz, Brillanz, Klasse, Grandiosität, Exquisität.
'Eau Sauvage' ist ewig, evergreen, souverän, zeitlos, grenzenlos, polyglott.

An allen Männern, die wir lieben......
13 Antworten
Abendglanz vor 9 Jahren 36 19
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Shalom, Bat Sheba
Israel, Du Schöne.
Israel, Du Schöne, Du Starke, Du Kämpferische,
Du Wilde, Du Leidenschaftliche, Du Zerbrechliche.
Israel, Du Wunder, Du Wüstenkind.

Israel in den Sechzigern, Siebzigern bis in die Mitte der Achtziger.
Heißer Wüstenwind weht wie eine flüchtige Zärtlichkeit über die Haut, pulsierende, unzerstörbare Lebenskraft durchströmt jeden einzelnen Atemzug allen Seins, jeder Existenz.
Trotz aller Kriege dieser Zeit, der Ängste, des nie enden wollenden Leides, immerzu, unaufhörlich und unaufhaltsam diese unbändige Lebensfreude, die Lust auf den neuen Tag, der einzigartige Witz, die warmherzige Menschlichkeit in friedvoller seelischer Mélange mit Melancholie, mit der Vergangenheit, mit Traurigkeit, Trauer und Schmerz.
In jedem Moment und überall schimmert die Hoffnung durch, manchmal nur in einem fast unmerklich zarten Hauch. So flüchtig wie ein sanfter Wimpernschlag,
und der doch die Macht eines Wüstensturms besitzt.

Ein Land wie ein Kind, es wächst heran, versucht sich und seinen Platz zu finden;
so jung, und doch schon so alt, so erfahren, so weise, so reif, so reich, so verwundet und so verwundbar.
Auf dem Weg in seine Zukunft, eine schöne, eine erfüllende, eine hoffnungsvolle Zukunft. Damals...
Damals... soviel Hoffnung.... Hatikvah.... Damals.

Haifa, in den Siebzigern, ich sitze in einem der Myriaden von Straßencafés, aus naher Ferne weht der Duft von köstlicher Falafel um meine Nase (niemand wußte damals außerhalb des Nahen Ostens, was Falafel ist), gemischt mit allen betörenden Gewürzen des Orients in exotischer Paarung mit der herrlich sinnlichen Brise der Granatapfelbäume und aus den Orangenhainen, herabschwebend von den lieblichen Hügeln.
Zahllose, junge, in olivgrüne Uniformen gehüllte Soldaten mit ihren über die Schulter geworfenen Maschinengewehren -was so lässig, nonchalant anmutet, aber bittere, ernsthafte Notwendigkeit ist- schlendern durch die Strassen an den vielen Cafés vorbei.
Nie habe ich mich so sicher gefühlt wie hier, selten war ich so glücklich wie hier.
Diese schönen Männer mit ihrem tiefschwarzen Haar, ihren markanten, ausgeprägten Gesichtszügen und umwerfender Virilität und Kernigkeit werfen mir
à la distance flirtende, begehrende Blicke aus ihren berauschenden Glutaugen in die dergleichen meinen zu.
So viele schöne Menschen hier, Männer wie Frauen. In dieser faszinierenden Anzahl und auf so begrenztem Territorium waren sie mir noch nirgendwo bisher begegnet und bis heute nie wieder.
...Und die älteren, deren Gesichter mehr erzählen als jedes Buch der Welt...
Man versinkt mit einem schwermütigen Schleier vor den Augen in ihren Lebensgeschichten, ohne daß ein Wort gesprochen wird.

Eine packende Dichte an Schwingungen, Atmosphäre, Leidenschaftlichkeit, Emotionen, Hitze, Gefahr und Bedrohung, die weniger tiefsinnige, schwach besaitete, eher oberflächliche Menschen schier in die Flucht schlagen kann,
auf jeden Fall zumindest jedoch stark verwirrt und nur allzu oft überfordert.
Es ist viel, was auf die menschliche Seele hier gnadenlos intensiv einwirkt.
Das muss man lieben, das muss man aushalten können, das muss man wollen.
Es lieben es auszuhalten, es zu erleben, es erleben zu dürfen, - wenn man so fühlt, dann lebt man es.

DIESES ist das Land Bat Shebas.
Der Tochter Sheva. Der siebten Tochter.
Bat Sheba, Mutter Salomons und geliebte Frau König Davids.

Zu dieser Frau gehört es, die in diesem jungen Staat der Wüste (von gerade einmal 20, 30, 40 Jahren) zuhause ist.
Die Frau, die stark ist, kämpft, aufbaut, mit Leidenschaft und Hingabe.
Never surrender.
Die Frau ist mit Haut und Haar, modern, voller Selbstverständlichkeit sich selbst bewusst, in einer ganz merkwürdig (des Merkens würdig!) anderen Art und Weise als dies zu damaliger Zeit im Rest der westlichen Welt gelebt wurde, wenn überhaupt.

Bat Sheba, das Parfum, ist für diese Frau kreiert.
Für die Frau, die genau in diesem besonderen Land zu jener besonderen Zeit lebte, liebte und litt.
Die Zukunft im klaren Blick nach vorn und die übermächtige Vergangenheit als Rückgrat.
Sie flirtet selbstbewusst zurück in die eindringlichen Augen der Männer, die hier wirklich noch Männer sind.

Der Duft ist ein Duft, der nicht exportiert werden kann und sollte, der nicht aus seinem sozio-geographischen Kontext gerissen werden kann.
Das wird ihm nicht gerecht. Es kommt einer Vertreibung gleich.
Bat Sheba braucht zur vollkommenen Entfaltung, zur Auferstehung seiner eigenwilligen, expressiven, enigmatischen Schönheit das Wüstenklima, die glühende Hitze.
Nur, und nur dann, unter all diesen Voraussetzungen und Gegebenheiten, verschmilzt es mit seiner Geliebten, der Frau, die dieser Duft wird und der Duft, der diese Frau wird.
Sie werden eins. Eine intensive, unzertrennliche Einheit.
Modern, biblisch und archaisch in vollendeter Symbiose.

Dieser Duft ist das Synonym für die israelische Weiblichkeit, ihre Wirklichkeit, ihre Persönlichkeit jener Zeit.
Er ist Zeitgeist, gar ein Stück Kulturgut Israels.
Das olfaktorische Spiegelbild dieses jungen, wilden, mutigen, aufstrebenden, starken, filigranen Wüstenstaates.
Er spiegelt alles wider, was zu jener Zeit das Land ausmachte, heimsuchte, voranbrachte, erwachsen machte,

Er passt nicht zu Frauen in anderen Teilen der Welt; - nicht zu dem Typus der damals aufgekommenen Karrierefrau, oder blonder Mutter mit Ehemann und Kindern in mitteleuropäischem, sicherem Heim, und erst recht nicht zu Amerikanerinnen, Skandinavierinnen u.a. sowie nicht zur Emanzipation westlicher Ausprägung.
Dieses wunderschöne Parfum gehört(e) genau dorthin, wo es eben natürlicherweise weit verbreitet war, -
in jene Zeitspanne, in jenes Land, mit jenen Menschen.
Es wurde genau ab dem Zeitpunkt nicht mehr hergestellt (nun spielen wieder alle Schicksale in Perfektion zusammen -von seiner Créatrice, ihrer Lebensumstände usw.-) als auch das Land im Begriff war sich stark in andere Richtungen zu wandeln, aufgrund politischer und demographischer Veränderungen sowie anderer Faktoren.

Bat Sheba hatte seine Zeit. Ganz perfekt seine perfekte Zeit.
Voller Glanz, voller Hoffnung, voller Esprit, voller Überlebenskraft, voller Stärke und Mut in all seiner zierlichen Zerbrechlichkeit.
Die Außergewöhnlichkeit und Zartheit des in Handarbeit gefertigten Flakons, wo kein Exemplar dem anderen gleicht, und der in seiner Gestaltung eine Reminiszenz an Gefäße biblischer Zeiten ist, die bei Ausgrabungen entdeckt wurden, zeugt
en extérieur hiervon.
Er birgt das ungewöhnliche Elixier:
Mystisch dunkel mit einem subtilen, frischen Hauch sanftmütiger Heiterkeit.
Die landestypische Sabra schimmert deutlich hervor im ausbalancierten Einklang mit seiner Schwere, welche bis zum gemächlichen Verklingen den prägenden Fond bildet.

So riecht Bat Sheba.
So war Israel.
Ein Israel, welches es heute so nicht mehr gibt, das in dieser Form und Art und Weise nicht mehr existiert.
Israel heute ist ein anderes Land.
Das Kind, in dessen glänzenden, erwartungsfrohen Glutaugen von einst die Hoffnung und der Enthusiasmus unbändig flackerte... -
das Kind ist erwachsen geworden...
...mußte viel zu schnell erwachsen werden.

Fast wie eine Mirage steigen die alten Bilder jener vergangenen Tage, bittersüßen Momente in mir auf, wenn ich Dich heute rieche, Bat Sheba, und es erfüllt meine Seele mit erdrückender Traurigkeit und schmerzhafter Sehnsucht, nach dem, was alles mal war und wahr war und wunderbar war -
....und nun nicht mehr ist.

Doch immer wirst Du mit mir sein, eins sein mit mir, Bat Sheva, Du Schöne.
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