Aex
¯\\_(ツ)_/¯
vor 5 Monaten - 15.12.2023
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Der Versuch: Wie viel bringt es wirklich Taschenzerstäuber mit Teflonband abzudichten?

Der Versuch: Wie viel bringt es wirklich Taschenzerstäuber mit Teflonband abzudichten?

Sobald man sich ein bisschen in der Parfumo-Community bewegt merkt man rasch, dass Taschenzerstäuber zum Abfüllen von Proben und zum Austauschen von Düften eine wichtige Rolle spielen.

Es gibt hier schon ein paar interessante und umfrangreiche Beiträge zum Thema. Etwa die Artikel-Serie „Behälter für Düfte und das Anfertigen von Abfüllungen aus technischer Sicht“ von Caligari:
Kapitel 1: Material und Technik von Behältern
Kapitel 2: Bauarten und Anwendungsspektren von Behältern

Kapitel 3: Herstellen, archivieren und versenden von Abfüllungen

Da ich rasch gemerkt habe wie teuer einige Milliliter sein können und man dem einen oder anderen Duft auch nach einiger Zeit vielleicht noch eine Chance geben will, ist es natürlich wünschenswert nicht zu viel des Inhalts verdunsten zu lassen. Und die handelsüblichen Taschenzerstäuber strahlen viele Eigenschaften aus – aber dauerhafte, verlässlichen Dichtigkeit scheint eher keine davon zu sein.

Die eigentliche Frage: Noch ganz dicht oder eher nicht?

Bild 1: Die internationalen Versuchsteilnehmer: Alles im Bild inkl. dem Messinstrument stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus 中国. Nur nicht der vorläufig geopferte Inhalt, der stammt aus Dubai, U.A.E. (es handelt sich um „Club de Nuit Intense Man“ von Armaf).

Ich habe mir also 10-ml-Glaszerstäuber und PTFE-Gewindedichtband für meine ersten Sharings und Proben gekauft. Als ich meine frisch erworbenen Schätze im Büro präsentierte rümpfte mein Arbeitskollege, ein besonders skeptischer Mitmensch, die Nase.

Wir sind beide eher wissenschaftlich orientiert, aber zugegebener Maßen hatte ich nicht groß über das Thema nachgedacht. Mir kamen die Zerstäuber eher unverlässlich vor, gerade bei den Plastikzerstäubern mit Steckverbindung hat man schnell feuchte Finger. Also folgte ich einfach der mehrfach, auch hier im Forum, ausgesprochenen Empfehlung des Teflonbandes als zusätzliche Abdichtung, ohne groß weiter darüber nachzudenken.

Aber aus dem Gespräch mit jemanden der selbst kein Parfum trägt und damit völlig unbefangen von der Kostbarkeit eines Milliliter ist, ergaben sich tatsächlich einige legitime Fragen und Anmerkungen, die sofort rege diskutiert wurden:

1. Frage: Die meisten Zerstäuber mit Gewinde scheinen eine innenliegende Flachdichtung zu haben, ist diese Flachdichtung wirklich nicht dicht genug um die Diffusion bzw. Permeation bei stehender Lagerung ausreichend einzuschränken?
2. Frage: Gewindedichtband ist in erster Linie dazu gedacht um die Spalten zwischen Schraubverbindungen aus Metall oder jedenfalls starren Kunststoffen zu füllen und abzudichten, ist die weiche Kappe der kleinen Zerstäuber wirklich dazu geeignet das Teflonband ausreichend zu komprimieren?

1. Anmerkung: Appliziert man das Teflonband so, dass es in die Flachdichtung ragt verschlechtert sich die Dichtwirkung mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar.
2. Anmerkung: Die Diffusion bzw. Permeation über die Mechanik und die lose aufgesteckte Kappe der Zerstäuber machen einen (viel?) größeren Unterschied als die Abdichtung am Gewinde.

Ein paar Hinweise dazu: Grundsätzlich sollte man, und das sind jetzt meine Erfahrungen aus anderen Lebensbereichen, das Gewinde nicht so fest anziehen, dass die Flachdichtung innen völlig deformiert.

Auf gut Deutsch:
Wenn man die Dinger so fest zuschraubt, dass sich der Kunststoff schon windet, kann das die Dichtwirkung, irgendwie logisch, möglicherweise sogar vermindern. Wenn man Zerstäuber bekommen hat, bei denen der Kopf völlig schief sitzt, ergibt es unter Umständen Sinn diese Exemplare auszusortieren bzw. sich von einem anderen Hersteller enttäuschen zu lassen. Die Flachdichtung kann eben nur sehr wenig Spielraum ausgleichen.

Bild 2: Die innenliegende Flachdichtung zu der man Neudeutsch sagen könnte: „You had one job“.

Verwendet man Teflonband sollte, ganz unabhängig vom Ausgang dieses Versuchs, (nur) so viel verwendet werden, dass sich das Gewinde noch gut, und vollständig, zuschrauben lässt. Grundsätzlich in Schraubrichtung anbringen, damit es beim Zuschrauben ins Gewinde „hinein“ gezogen und nicht herausgedrückt wird (bei diesen Gewinden in der Praxis irrelevant, aber falls ihr mal eine Wasser-, Gas- oder Heizleitung zusammenschraubt solltet ihr daran denken, „thank me later“).

Bild 3: Nach allen Regeln der Kunst angebrachtes PTFE-Gewindedichtband.
(Zum Glück kennt Kunst keine Regeln.)

Bild 4: Das Gewinde sollte sich trotzdem satt und fingerfest zuschrauben lassen, das Glas drückt oben ringsum auf die Flachdichtung, das Gewindedichtband ragt oben nicht über (siehe Bild 3).

Die Forschungsfrage: Vermindert zusätzlich zur Flachdichtung korrekt angebrachtes PTFE-Gewindedichtband am Gewindegang bei stehend und dunkel gelagerten Taschenzerstäubern aus Glas die Verdunstung von Ethanol-Lösung (Parfum) in die Umgebungsluft?

Die H₀: PTFE-Gewindedichtband verringert die Verdunstung nicht in signifikantem Maß um seinen Einsatz hinsichtlich der Kosten und des Aufwandes zu rechtfertigen.

Der Versuchsaufbau: Die Kontrahenten beim Wiegen

Zerstäuber 1 und 2 wurden zusätzlich mit PTFE-Gewindedichtband abgedichtet. Zerstäuber 3 und 4 nicht. Anmerkung: Vier statt nur zwei Versuchsobjekte um die Wahrscheinlichkeit eines Ausreissers, in welcher Form auch immer, bei den Zerstäubern zu reduzieren. Das ist wissenschaftlich gesehen immer noch keine ausreichend große Testreihe, aber immerhin doppelt so gut.

Keiner der Zerstäuber wurde betätigt. Es handelt sich um vier augenscheinlich gleichwertige Exemplare, direkt aus der Verpackung. Der Schlitz bzw. Übergang von Verschlusskappe zum Rest des Kopfes wurde bewusst nicht zusätzlich mit Isolierband oder ähnlichem abgedichtet weil das nur für die dauerhafte Lagerung, respektive Archivierung in Frage kommt und für den regelmäßigen Gebrauch (jedenfalls für mich) nicht praktikabel erscheint. Die Frage wie viel außen angebrachtes Isolierband oder Parafilm bringt, könnte eine Folgestudie notwendig machen.

Die Kampfgewichte am 15.12.2023
Versuchsobjekt 1: 12,22 g
Versuchsobjekt 2: 12,25 g
Versuchsobjekt 3: 12,23 g
Versuchsobjekt 4: 12,21 g

Mehrfach gemessen und um die Toleranz der Waage gemittelt – selbstverständlich erst ganz am Ende nach dem Anbringen der Etiketten. Es befinden sich also grob 2 ml Flüssigkeit (vereinfacht mit 0,789 g/ml gerechnet) in den Zerstäubern (diese Exemplare haben 10,69–10,7 g). Wobei das Gewicht der einzelnen Zerstäuber keine Rolle spielt da jeweils die absoluten Änderungen der einzelnen Versuchsobjekte verglichen werden. Die vier Zerstäuber wurden nach dem Wiegen sofort stehend und dunkel eingelagert.

Vorläufiges Fazit

Ich weiß – und das nicht erst seit heute – dass ich nicht ganz dicht bin. Was wir jedoch noch nicht sicher wissen ist, ob die Zerstäuber jetzt wirklich dichter sind als vorher. Deshalb bin ich besonders gespannt auf die Ergebnisse. Es gab keinen Wetteinsatz, aber natürlich geht es um die wissenschaftliche Ehre.

Damit bleibt nur noch zu sagen: „There is a crack, a crack in everything. That's how the light gets in.“ Bis spätestens in einem Jahr. Folgt mir für weitere Experimente mit zweifelhaftem Nutzen.

Aktualisiert am 14.01.2024 - 10:18 Uhr
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