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vor 5 Jahren - 24.02.2019
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Behälter für Düfte und das Anfertigen von Abfüllungen aus technischer Sicht – Kapitel: 1 Material und Technik von Behältern

Vorwort

Im Folgenden geht es nicht um Design und Anmut von Flakons, sondern um die technischen Eigenschaften all jener Behälter, die mich bisher mit duftendem Inhalt erreicht und sich hier mittlerweile angesammelt haben. Dabei werden auch farbliche Aspekte weitestgehend ausgeklammert, da alleine dieses Merkmal die Anzahl der unterschiedlichen Produkte nahezu ins Unermessliche steigen ließe. Im weiteren Verlauf geht es dann auch um das Thema ''Abfüllung'' von der Erstellung bis zum Versand bzw. der Lagerung/Archivierung.

Im ersten Kapitel werden Materialien und die Technik von Behältern vorgestellt, die für Abfüllungen verwendet werden.

Das zweite Kapitel behandelt die mir bisher untergekommenen verschiedenen Bauformen von Behältern. Dazu gibt es eine subjektive Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der einzelnen Typen, einschließlich einer Bewertung.

Das dritte Kapitel schließt dann mit der Herstellung, Versendung, Lagerung und Archivierung von Abfüllungen.


KAPITEL 1: Material und Technik von Behältern für Abfüllungen


01 Einleitung

Prinzipiell werden fast alle Düfte in Behältern abgefüllt und in diesen auch gehandelt, aufbewahrt und schließlich von dort aus angewendet/konsumiert/appliziert. Die industrielle Fertigung "ab Werk" für Einzelhandel bzw. Endverbraucher soll hier nicht Gegenstand der Betrachtungen sein. Hingegen wird die Herstellung von Abfüllungen für private Zwecke im dritten Kapitel beleuchtet.


02 Materialien der Gefäße

Bis auf wenige Ausnahmen befinden sich die Düfte in Gefäßen aus festem Material. Während Handelsware meist in Glas-, weniger häufig in Metall- und eher sehr selten in Kunststoffgefäßen angeboten wird, finden für Abfüllungen nur Gefäße aus Kunststoff und Glas Anwendung.


03 Fördern des Inhalts

Im Wesentlichen gibt es drei grundlegende Prinzipien zur Förderung der Düfte aus dem Behälter hinaus.

  • freies Gefälle
  • manuelle Aufnahme mit Hilfsmittel
  • mechanisches Pumpen

03.01 Freies Gefälle

Die einfachste, sicherlich aber auch unpraktischste Methode dürfte es sein, die Flüssigkeit, der Schwerkraft und somit dem freien Gefälle folgend, aus dem Gefäß zu kippen. Dazu gibt es für einige Bauarten passende Durchflussbegrenzer, auch ''Dropper'' genannt, die mitunter die Flüssigkeit nur tropfenweise abgeben. Somit kann zwar die Dosierung gesteuert werden, eine feine, flächige Verteilung ist damit aber nicht möglich.


03.02 Manuelle Aufnahme mit Hilfsmitteln

03.02.01 Stopfen mit Dorn oder Stempel

Eine zumindest rudimentäre Verteilung ist hingegen mit Hilfsmitteln möglich, die sich z. B. im Deckel des Behälters befinden. Je nach Behältergröße kann das ein Dorn oder ein Stempel sein, der in die Flüssigkeit getaucht, bzw. damit benetzt wird, in dem man das Gefäß schüttelt oder auf den Kopf stellt. Die Entnahmemenge ist dabei begrenzt, sodass der Vorgang ggf. mehrfach wiederholt werden muss.


03.02.02 Pipetten und Spritzen

Eine weitaus größere Menge an Flüssigkeit kann durch Pipetten oder Spritzen aufgenommen werden. In beiden Fällen wird in den Hohlkörpern der Hilfsmittel ein Unterdruck erzeugt, dem die Flüssigkeit aus dem "Spendergefäß" folgt und einströmt. Während die Applikation von Parfüms direkt aus Spritzen sicherlich eine Ausnahme bildet, finden Pipetten durchaus häufig Anwendung beim Auftragen von Parfümölen.

Aus diesem Grund sind sie mitunter direkt im Deckel von für den Einzelhandel bestimmten Produkten integriert. Aber auch für Abfüllungen eingesetzte neutrale Glasflaschen mit Gewindehals können mit Deckeln ausgestattet werden, die eine Pipette beinhalten.

03.02.03 Roll-On

Die semi-manuelle Förderung mittels Roll-On ist eine Sonderform der drucklosen Flüssigkeitsentnahme. Hier erfolgen Durchflussreduzierung und Verteilung in einem Arbeitsschritt.


03.03 Pumpen

Die meisten Behälter verfügen über einen praktischen Mechanismus zur Entnahme der Flüssigkeit. Dieser vereint zwei wesentliche Vorteile. Zum einen eine Portionierung, zum anderen eine großflächige Verteilung bzw. Applikation. Wenn man mal von mit Treibgas gefüllten Sprühdosen absieht, die vor allem bei Deodorants Einsatz finden, dann werden Düfte überwiegend durch Pumpen gefördert und auch appliziert.

Das Prinzip der Pumpen ist unabhängig von der außenliegenden "Bedieneinheit" immer das gleiche. Egal ob man nun einen Hebel (= Pistolen- bzw. Trigger-Zerstäuber), einen Knopf / eine Kappe (Pump[en]zerstäuber) oder einen Ballon (Ballonzerstäuber) betätigt.

Hier der Aufbau der Pumpe eines 10 ml Taschenzerstäubers mit Clip an der Kappe:

In der unteren Reihe sind von links nach rechts folgende Bauteile dargestellt:

  1. Druckknopf mit Wirbelkammer und Düse
  2. Schaft mit Gewinde zur Aufnahme von Druckknopf (1) und Pumpe (4) bis (8)
  3. Dichtung zwischen Gewindeschaft (2) und Gefäß (nicht abgebildet)
  4. O-Ring zwischen Pumpenkolben (5) und Gewindeschaft (2)
  5. Pumpenkolben mit oberem Ventil (über Stahlfeder gelagert, seitlicher Zustrom)
  6. Stahlfeder zur Kraft-/Impulsübertragung vom Pumpenkolben (5) auf das untere Ventil (7) und (8)
  7. Kugel als Ventildeckel des unteren Ventils
  8. Pumpenreservoir (der untere Teil fungiert als unteres Ventil und als Anschluss an die Steigleitung (9))
  9. Steigleitung in das Gefäß

Hier das Funktionsprinzip:

A) Der Druckknopf (1) wird gedrückt

  • Der Pumpenkolben (5) geht nach unten => auf die Flüssigkeit im Pumpenreservoir (8) wird Druck ausgeübt.
  • Das Ventil im Pumpenkolben (5) öffnet sich durch das Spannen der oberen Stahlfeder.
  • Die im Pumpenreservoir (8) befindliche Flüssigkeit wird durch das Ventil im Pumpenkolben (5) nach oben gepresst und über den Druckkopf "ausgeschieden".
  • Gleichzeitig wird die Kugel (7) auf die untere Öffnung des Pumpenreservoirs gedrückt und somit das untere Ventil geschlossen. => Es strömt beim Drücken des Druckkopfes (1) keine Flüssigkeit in das Pumpenreservoir (8) nach!

B) Der Druckknopf (1) wird entlastet

  • Der Pumpenkolben (5) geht nach oben => im Pumpenreservoir (8) wird ein Unterdruck erzeugt.
  • Das Ventil im Pumpenkolben (5) schließt sich durch das Entspannen der oberen Stahlfeder.
  • Gleichzeitig wird die Kugel (7) auf der unteren Öffnung des Pumpenreservoirs entlastet und somit das untere Ventil geöffnet . => Es strömt beim Entlasten des Druckkopfes (1) Flüssigkeit in das Pumpenreservoir (8) nach!

Ein wichtiges Element der Pumpen ist die Wirbelkammer, die zusammen mit der Öffnung (Düse) das Sprühbild ergibt. Sowohl die Feinheit der Flüssigkeitströpfchen, als auch der Austrittswinkel des Sprühnebels/-strahls wird von diesen beiden Bauteilen bestimmt. Pumpen ohne eine derartige Einrichtung nennt man hingegen Dosier- oder Dispenserpumpen. Sie werden bei weitaus viskoseren Produkten wie Handseife, Spülmittel etc. eingesetzt, bei denen es auf eine feine oder großflächige Verteilung nicht ankommt.


04 Verbindungen zwischen Deckel/Fördereinheit und Gefäß

04.01 Schliffverbindung

Verfügt der Behälter über keine "Fördereinheit" und ist dieser sowie der Deckel auch aus Glas, so wird es sich um einen sogenannten Schüttflakon handeln. Bei diesen ist sowohl der kegelförmig zulaufende Stopfen als auch der dazu passende Gefäßhals an den Berührungsflächen entsprechend mit einer aufgerauten Glasoberfläche, dem Schliff, versehen. Mit großem Druck ineinander gepresst lassen sich solche Verbindungen oft nicht ohne Weiteres wieder mit der Hand öffnen.


04.02 Klemmverbindung

Geklemmt werden zwei Teile, von denen mindestens eines aus Kunststoff ist, durch Ineinanderstecken. Wegen der elastischen Verformung des Kunststoffes fügen sich die Bauteile bestenfalls dicht aneinander und halten so über die Spannkräfte an den Berührungsflächen zusammen.

04.03 Schraubverbindung

Bei einer Verschraubung besitzen beide Bauteile ein aufeinander abgestimmtes Innen- und Außengewinde. Die Druckkräfte werden hier über die Flanken der Gewindegänge aufgenommen, was im besten Fall auch zu einer Dichten Verbindung führt, wenn zumindest eines der beiden Bauteile aus Kunststoff ist.

04.04 Crimpverbindung

Unter crimpen versteht man Fügeverfahren bei denen, wie im Falle von für den Einzelhandel bestimmten Flakons, die Gehäuse der Pumpen bzw. Zerstäuber aus Metall oder Kunststoff, meist mit Glasgefäßen mittels plastischer Verformung verbunden werden. Entsprechendes Material und Gerät vorausgesetzt, ist es selbstverständlich auch für Privatanwender möglich Pumpen bzw. Zerstäuber und Glasgefäße miteinander zu vercrimpen. Eine Auflösung solcher Verbindungen geht in den meisten Fällen mit einer irreparablen Beschädigung eines oder beider Verbindungsteile einher.


05 Dichtung

Da all diese Verbindungen nie garantiert dicht sind, sollte ein kleines Accessoire nicht vergessen werden. Die Dichtung. Bestenfalls als vorkonfektioniertes und passendes Zubehör des Behälters bzw. der Entnahmeeinrichtung aus Gummi. Falls das nicht vorliegt bzw. nicht vorgesehen ist, kann man vor allem bei Schraubverbindungen eine ''individuelle'' Dichtung mit PTFE-Bändern oder Streifen aus Parafin-Wachs-Papier ''nachrüsten''. Als Dichtung und gleichzeitig zur Erleichterung beim Lösen von Schliffverbindungen wird sogenanntes Schlifffett eingesetzt.


06 Kappen

In den allermeisten Fällen befindet sich auf dem Behälter eine reversible Kappe, die verschiedene Funktionen erfüllt:

  • Vermeidung von Austrockung, Verdunstung und Oxidation des zugänglichen und exponierten Flüssigkeitsvolumens. Bei Pumpen endet dieses spätestens am Ventil.
  • Vermeidung von unbeabsichtigter Betätigung des Fördermechanismus.
  • Unterbindung der Emission des Duftes an die Umwelt.
  • Auslaufschutz für alle Behälter, die ansonsten über keinen Verschluss (z. B. Zerstäuber) verfügen.

Abgesehen vom Zwischenschritt des Entfernens und wieder Installierens der Kappe spricht also nichts gegen deren Einsatz. Die meisten für Abfüllungen herangezogenen Behälter werden von Haus aus mit einer Kappe aus Kunststoff, Metall, Kunst- oder Naturstein bzw. einer Kombination daraus geliefert.


Glossar

Einige der nachfolgenden Begriffsdefinitionen sind speziell der Praxis von Parfümsammlern und ‑begeisterten entlehnt, halten u. U. keinen wissenschaftlichen Ansprüchen stand und sind mitunter meiner subjektive Auslegung geschuldet.

Abfüllung

Teilmenge aus für den Einzelhandel bestimmten Gebinden/Behältern, in seltenen Fällen (z. B. von Direktvermarktern) aus deren Lager- und/oder Vorratsbehältern, die in kleinere, meist neutrale Behälter umgefüllt wurde.

Behälter

Gefäß einschließlich Verschluss und sonstiger "Anbauteile" (= geschlossen).

Düfte

Überbegriff für alle kosmetischen Flüssigkeiten (z. B. Eau de Cologne, Eau de Toilette, Eau de Parfum, Extrait Parfum, Parfümöle usw.) die mit der Absicht eine olfaktorische Wirkung zu erzeugen, gehandelt und angewendet werden.

Gefäß

Hohlraumkörper zur Aufbewahrung eines Stoffes ohne Verschluss oder sonstiger "Anbauteile" (= offen).

Graduierung

Unterteilung von Mengenangaben in Skalenform. Hier Volumenangaben auf Spritzen, Pipetten oder Abfüllgefäßen.

Hub

Volumen, das mit der einmaligen Betätigung einer Pumpe oder ggf. auch einer Pipette ge- bzw. befördert wird. Auf Verbraucherebene wird die Menge von Düften in der Einheit [ml] angegeben.

Mikroreaktionsgefäß (auch Reaktionsgefäß oder Eppendorfgefäß)

Sich nach unten verjüngendes Kunststoffgefäß für kleine Volumina (überwiegend 0,5 bis 2,0 ml, aber auch bis 10,0 ml), meist mit Schnappdeckel, der über eine Lasche fest mit dem Hohlkörper verbunden ist. In selteneren Fällen mit Verlängerung der zylindrischen Hülle am unteren Ende und abnehmbarem Schraubdeckel incl. Dichtring.


OD

Abkürzung für Außendurchmesser (aus dem Englischen Outside Diameter). Da bei vielen Abfüllbehälter, unabhängig vom Hersteller, annähernd die gleichen Außendurchmesser von 12 und 16 mm verwendet werden und Gestelle und Reagenzglashalter davon abhängig sind, wurde in den Kapiteln häufig diese Abkürzung verwendet.

Probe

Für Dritte zu Testzwecken angefertigte, üblicherweise kleinvolumige (bis ca. maximal 5 ml) Abfüllung. Theoretisch werden Proben nach abgeschlossenem Test und ohne, dass sie den Behälter wieder verlassen (müssen), zu einer normalen Abfüllung. Vor allem wenn sie im Anschluss einer orginären (Duft-)Anwendung zugeführt werden. Merke: Alle Proben sind Abfüllungen, aber nicht alle Abfüllung sind Proben.

Pumpe

Mechanisches Bauteil, welches durch die Betätigung einer Taste, eines Ballons oder eines Hebels über Kolben und Ventile Druckverhältnisse in Systemen ändert und so Flüssigkeiten fördert.

Steigrohr

Verbindungsleitung zur Förderung der Flüssigkeit (hier des Duftes) vom Boden des Gefäßes zur Pumpe. Meist aus transparentem, flexiblem Kunststoff.

Taschenzerstäuber

Zylindrische Gefäße mit Pumpenzerstäuber. Ursprünglich für die Anwendung von Düften für unterwegs gedacht, wird diese Art von Behältern in Sammlerkreisen vornehmlich beim Versenden, Handeln, Sammeln und Archivieren von kleineren Abfüllungen eingesetzt. In erstgenannten Fällen stecken die Behälter meist noch in einer ''edleren'' Hülle, in zweitgenannten Fällen ähneln die Behälter eher und aus pragmatischen Gründen Laborbedarfsartikeln. Einige Hersteller bieten ihre Düfte auch in konfektionierten Taschenzerstäubern mit mal mehr, mal weniger hervorgehobenen Designmerkmalen an.

Zerstäuber

Technische Einheit bestehend aus den Bauteilen Pumpe und Düse zur Förderung, Freisetzung und Abgabe von Flüssigkeiten (hier Düften) aus Behältern.

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