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Caligaris Blog
vor 4 Jahren - 08.12.2019
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Abschlussbericht nach 3 Jahren Parfumo Intensivtäterschaft - Teil 02: Die subjektive Duftwahrnehmung

Animiert von einer Erfahrung einer Parfuma in einem anderen Blog (https://www.parfumo.de/Benutzer/TenderPoison/Blog/...) zieh ich heute mal einen bereits seit längerer Zeit geschriebenen Text vor. Dieser sollte Teil meines "Abschlussbericht nach 3 Jahren Parfumo Intensivtäterschaft" verarbeitet werden, der in Gänze noch längst nicht fertig gestellt ist (eigentlich wollte ich mit meinem dritten Geburtstag hier abschließen).

Sorry, dass es diesmal etwas banal wird, aber ich wollte nach den Erlebnissen der letzten Tage mal alles zum Thema aufschreiben, auch wenn es für andere nicht unbedingt DEN Erkenntnisgewinn beinhaltet.

Tatsächlich bin ich immer wieder verwundert, wie ein und derselbe Mensch ein und denselben Duft so unterschiedlich wahrnehmen kann… oder eben auch nicht.

Wie teste und trage ich Düfte

Ich teste anfänglich immer an der Oberseite meiner Unterarme an je drei Stellen. Handgelenk, Mitte und kurz unterhalb vom Ellenbogen. Und wenn es ausnahmsweise einmal mehr als sechs Düfte gleichzeitig sind (ja, das gibt es mitunter wirklich), dann folgen Grundgelenke der Daumen und Handgelenke unten als Plätze sieben bis zehn.

Wenn für mich Düfte nach dem ersten Test interessant sind, dann teste ich die nach ein paar Tagen/Wochen nochmal. Meist am Handgelenk oben. Wenn der Duft dann zum Kaufkandidaten hinaufgestuft wird, dann versuche ich 3 bis 5 ml des Duftes zu beschaffen. Damit wird unter reellen Alltagsbedingungen Brust, T-Shirt und wenig am Kopf mit ca. 0,2 bis 1,0 ml (i. M. ca. 0,5 ml) eingenebelt.

Folgende subjektive Beobachtungen habe ich bei zahlreichen Anwendungen und Tests gemacht:

  1. Unterarm Ellenbogen und Unterarm Mitte riechen anders als das Handgelenk.
  2. Der Duft am linken Handgelenk verblasst schneller als am rechten (hier schwitze ich auch beim Sport wesentlich schneller/mehr).
  3. Haltbarkeit und Sillage lassen sich nicht unbedingt vom Unterarm auf den ''Oberkörpertest'' übertragen/skalieren.
  4. Nachsprühen auf ein und denselben Spot auf dem Unterarm ergibt meist ein reichlich abweichendes (zweites) Ergebnis.
  5. Ist schon irgendwas auf der Haut (Creme, Duschgel usw.) kann das das Ergebnis fundamental beeinträchtigen.
  6. Beim Nachtesten mit zeitlichem Abstand nehme ich die Düfte auf dem Unterarm manchmal recht abweichend gegenüber dem ersten Test wahr.
  7. Die Wahrnehmung unterscheidet sich signifikant, je nachdem welche anderen Düfte man unmittelbar vorher gerochen hat. Dies gilt vor allem, wenn ich wie oben beschrieben mehrere Düfte gleichzeitig teste. Mir kommt es dann so vor, als wären einige Riechzellen durch die Aufnahme anderer Duftmoleküle zuvor blockiert, mindestens jedoch ''abgelenkt''. Dann heißt es erst mal an die frische Luft gehen und erneut und ohne ''Vorbelastung'' zu schnuppern.
  8. Nachdem ich einmal einen Duft am Oberkörper getestet habe, "überrieche" ich beim nächsten Schnuppern am Zerstäuber/Gefäß meist die Kopf- und einen Teil der Herznoten. Ich riech dann meist nur noch die Basisnoten.
  9. Ein Duft riecht auf der Kleidung anders als auf dem Körper.
  10. In synthetischer Wäsche halten Düfte weniger gut/lang als in Baumwolle.
  11. Den Duft, der von z. B. einem aufgehängten Wäschestück ausgeht, nehme ich anders wahr, als wenn ich direkt am Wäschestück rieche. Hängt man z. B. ein gut ''getränktes'' Wäschestück im Flur auf und kommt nach Hause, dann riecht die Luft im Flur wesentlich anders als das Wäschestück selbst.
  12. Viele Düfte nehme ich unverhältnismäßig stärker und länger wahr, wenn ich nur eine geringe Menge mehr aufsprühe, bis sozusagen ein "Break-Even-Point" überschritten wurde. Es ist also oft kein linearer, sondern ein exponentieller Verlauf von Menge gegenüber Performance.
  13. Manche Düfte, die ich nach langer Zeit mal wieder trage, sind mir in einer Millisekunde nach dem Aufsprühen sofort wieder vertraut. Ich kann mich (ohne Abweichungen) sofort wieder an alle Details erinnern. Andere Düfte hingegen erkenne ich nach längerer Abstinenz nicht (auf Anhieb) wieder. Manchmal braucht es noch ein paar Versuche und ein wenigen Fällen muss ich mir eingestehen, dass wir nicht mehr zusammenpassen. Dann muss er aus der Sammlung weichen.
  14. Es gibt einige wenige Düfte, die werden erst nach vielen Stunden stärker, denn schwächer.
  15. Ich hatte bisher nur einen Duft, der sofort und dann auch über 12 Stunden absolut konstant stark war.
  16. Duftöle brauchen etwas Zeit, bis sich "der Schleier" gelüftet hat. Dann ist es jedoch meist so, dass sie länger halten als ein entsprechendes Eau de Parfum.
  17. Vorsicht bei sehr potenten und stark anhaftenden Düften. Diese werden beim Übersprühen (auch bis zu 24 Stunden nach dem ursprünglichen Auftragen) reaktiviert. Dann ist es oft so, dass die potentere "Unterlage" die "Auflage" wesentlich übertönt.

Zum Punkt 7 ein Praxisbeispiel:

Ich habe eine Probe von "Hyde@Hiram Green" bekommen und konnte sofort den einzigen Duft erinnern, der diesem nahekommt. "Ambre Loup". Und tatsächlich finde ich die sehr verwandt, obwohl "Hyde@Hiram Green" durch den Birkenteer sehr viel rauchiger wirkt. Im direkten Vergleich wirkte nun aber "Ambre Loup" ganz anders als sonst. Plötzlich roch ich wesentlich besser die Noten und er wirkte gewürziger und leicht animalisch. Viel wilder als sonst. Umgekehrt konnte ich nach dem Inhalieren von "Ambre Loup" beim "Hyde@Hiram Green" auch andere Noten entdecken, die mir bei der Einzelbetrachtung vorher verborgen geblieben sind. Plötzlich war es nicht mehr kokelndes Holz, sondern Räucherstäbchen, Zündplättchen und Harz

Was sind eure Erfahrungen?

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