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vor 9 Jahren - 14.03.2015
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A la recherche du temps perdu

Im ersten Band des Monumentalwerks "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" schildert Proust in "Combray", wie durch den Geschmack einer in Lindenblütentee getauchten Madelaine (Quelle) Erinnerungen auftauchen, die er längst vergessen hatte, erst nur als vages, aber überwältigendes Glücksgefühl, dann als klares Bild, das langsam, nur langsam, nur schwer zu fassen, zur Oberfläche emportaucht.

Aber wenn von einer früheren Vergangenheit nichts existiert nach dem Ableben der Personen, dem Untergang der Dinge, so werden allein, zerbrechlicher aber lebendiger, immateriell und doch haltbar, beständig und treu Geruch und Geschmack noch lange wie irrende Seelen ihr Leben weiterführen, sich erinnern, warten, hoffen, auf den Trümmern alles übrigen und in einem beinahe unwirklich winzigen Tröpfchen das unermeßliche Gebäude der Erinnerung unfehlbar in sich tragen.

Das ist es, was mich an Parfüms so anzieht: Dass ein einzelner Akkord in einem Glasflakon Erinnerungen heraufbeschwören kann, wie es kein Foto, kein Erinnerungsstück, kein Brief vermag. Dass ein Parfüm diese Bilder hervorrufen kann, erwecken kann aus den Untiefen der Vergangenheit.

Wie die Gärten meiner Kindheit wiederauferstehen in einem Parfüm, durchmischt von der salzigen Luft der Küste, von der ich stamme. Der Abend bei den Großeltern einer Freundin in deren Efeu überwucherten Häuschen mit den vielen stockfleckigen Büchern und den abgewetzten Ledersesseln. Der Blick den du mir während der Messe zuwarfst, an einem frostigen Dezembertag in dem feuchtkalten, von jahrhundertealtem Weihrauch durchtränkten Gemäuer. Meine Mutter, die weiße Nelken in der Vase ordnet und sagt, verschenk niemals Nelken, sie stehen für den Tod.

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