Baptiste
Baptistes Blog
vor 10 Jahren - 25.07.2014
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Epikrise

An die weiterbehandelnden Parfümerien


Herr Baptiste, geb. 1968, wohnhaft in Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren, wir berichten Ihnen über unseren gemeinsamen Patienten, der sich in unserer Behandlung befand.


Diagnosen:

Polyfragrantiamanie bei multiplem Duftgebrauch


Anamnese:

Herr B. berichtete er sei in letzter Zeit häufiger "voll mit Opium“, genieße diesen Rausch und verstünde die ganze Aufregung nicht. Zu seiner Familiengeschichte gab Herr B. an, daß er in einem eher geruchsneutralen Elternhaus aufgewachsen sei, dies aber bei einem Pfarrer als Vater und einer Deutschlehrerin als Mutter nicht verwunderlich wäre. Lediglich der Geruch von Putzmittel, reichlich Zigarettenrauch und der ein oder anderen Rotweinfahne der Eltern sei erinnerlich. Parfumduft wurde im Elternhaus mit „Iiiih“ oder „trutschig“ abgetan. Erste Kontakte zu Parfums erhielt Herr B. im Alter von ca 7 Jahren, als Freunde und Kollegen der Eltern öfters zu Besuch kamen und v.a. die Frauen in wallenden Gewändern und im Schminkstil der 70er durch intensive Duftwolken aufgefallen seien. Herr B. bedauere es sehr nicht mehr fragen zu können, um was für Parfums es sich bei den „Trutschen“ denn gehandelt habe. Als Herr B. sich mit 17 Jahren für das Nachtleben zu interessieren begann, sei er überrascht gewesen, wie viele Menschen in seinem Umfeld Parfums benutzten. Der Kauf seines ersten Parfums „Antaeus“ habe er als ersten Loslösungsprozess vom Elternhaus angesehen. Im Laufe der kommenden Jahre habe er aber das Gefühl gehabt im Bann der „Iiiihs“ und des „Trutschig seins“ gefangen zu sein, so dass eine individuelle Duftentwicklung kaum möglich gewesen sei. Erst in den letzten Jahren spürte er ein stärkeres Verlangen danach „zu duften“, weshalb er sich im „Parfumleben“ ausgetobt und zuletzt Unmengen an „Shalimar“ konsumiert habe.

Befunde:

Körperlicher Untersuchungsbefund: Kardiopulmonal stabil; intaktes, leicht hakennasiges Riechorgan; Haut warm, trocken, duftend. Handgelenke o.b. Halsregion und Ausschnitt o.b.

Badschrank: multiple Flakons mit einem Durchmesser von 30 bis 200 ml; sortiert.

Schublade: multiple längliche Taschenzerstäuber und zahlreiche Proben, inhomogene, abfüllungskomplexe Beschaffenheit.

Konto: leer

Zusamenfassung und Empfehlung:

Bei Herrn B. besteht aufgrund des fortgeschrittenen Lebensalters eine late onset Polyfragrantiamanie mit täglichem Duftwechsel. Auffallend war ein insgesamt eher vorsichtiger Substanzgebrauch. Zur Optimierung dieses Fehlverhaltens nahm Herr B. regelmäßig und erfolgreich an unserem multimodalen Therapiekonzept teil. Dies umfasste die Erlernung der perkutanen Besprühungstechnik, regelmäßige Shoppingtouren sowie die Vermeidung deprimierender Betrachtungen der Kontoauszüge. Am Ende der Therapie erreichte Herr B. einen Guerlain Index von 100. Im Abschlußgespräch zeigte sich Herr B. sehr motiviert sein erlerntes Duftverhalten fortzusetzen und optimal im Alltag einzubauen. Ein neu gewonnenes Selbstbewußtsein im Umgang mit Parfums gegenüber der in der Kindheit erlebten Duftleere äußerte sich positiv durch den aktuellen Gebrauch der klassischen „Wummser“ aus dem Hause Lauder, Guerlain und YSL. Herr B. beschreibt dies selbst als ein Freistrampeln von den „Iiiihs“ und den „Trutschen“. Zur Stabilisierung empfehlen wir eine haltbare und sillagereiche orientalische Diät.

Herr B. wird duftfähig entlassen.

Letzte Medikation:

„Opium“ Eau de Parfum (Vintage) 1-2 Hübe täglich

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