Baptiste
Baptistes Blog
vor 11 Jahren - 02.06.2013
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Rosen gehören nicht in Parfums, Rosen gehören in die Erde!

Rosenliebhaber und Rosenzüchter sind mindestens genauso durchgeknallt wie Parfumliebhaber und Parfumeure.

Ab Juni, sofern das Wetter es erlaubt, beginnt bekanntlich die Zeit der Rosen. Und da kann man immer wieder feststellen, dass Rosenliebhaber und Parfumfreaks einiges gemein haben. Für beide Gruppen nimmt das Objekt der Begierde den Status einer Königin ein. Im Pflanzenreich ist es die Rose, im Wirrwarr der Alltagsdüfte das Parfum. Zusätzlich vereint werden beide Grupen durch die Jagd nach dem ultimativen Dufterlebnis, was bei der Rosenzucht genauso wie bei der Parfumherstellung gelungene bis aberwitzige Stilblüten hervorgebracht hat. Auch in der Namensgebung stehen sich beide Gruppen in nichts nach. Heißen doch einige Rosen so sinnig und elegant wie "Madame Boll", "Golden Showers", "Reine de Centfeuilles", "Velvet Fragrance", "A Shropshire Lad" oder einfach nur platt "Monika". Eine "Vol de Nuit" gibt es übrigens auch.

Betrachtet man die Entwicklung der Rosenzucht über die Jahrtausende und macht man sich den Spass sie mit der Historie des Parfums zu vergleichen, so lassen sich hier einige Parallelen ziehen. Über Jahrtausende wurden zunächst in Asien und später in Europa die Wildrosen kultiviert. Die beste Dokumentation hierüber haben wir von den Römern und später von den Abteien der Klöster, in denen die Rose als Arznei eingesetzt wurde. Am bekannstesten dürfte hier die sog. Apothekerrose sein. Versucht man ein Pendant in der Parfumwelt zu finden, so würde ich hier die Zeit der leichten Duftöle sowie die von Farina und des Eau de Colognes zuordnen.

Im Laufe der Zeit entwickelten sich aus den Wildrosen die sogenannten "Alten Rosen". Dazu gehören die sog. Alba-Rose, Gallica-Rose, Damascena-Rose, Centifolia-Rosen etc, etc. Die alten Rosen spiegeln eine breite Palette an einmal blühenden Pflanzen mit überwiegend dicht gefüllten wunderbar duftenden Blüten wider. Es gibt einige, die bis in unsere heutige Zeit überlebt haben, die meisten jedoch sind verschwunden. Im Reich des Parfums fällt es schwer ein genaues Pendant zu den alten Rosen zu finden. Man könnte analog der Sorten die Einteilung in Chypre, Orientale, Gourmand etc gegenüber stellen. Am ehsten passend ist hier jedoch die Bezeichnung "Vintage", da der Duft dieser Rosengruppen eben dem der "alten Rosen" entspricht und nicht dem der neuen, moderneren Generationen, die nach 1867 entstanden sind.

Das Jahr 1867. Es ist der Wendepunkt in der Rosenzucht und gilt als der Beginn der Moderne durch die Einfuhr der sog. Teehybride, die Rose "La France", die erste "Edelrose". Diese Rosen waren anders. Sie hatten große, meist spitze Blüten auf kräftigen Stengeln, eine anderen Duft und, das war das Wichtigste, sie blühten mehrmals im Jahr und nicht nur im Frühsommer! Erstaunlicherweise geschah knappe 20 Jahre später im Reich des Parfums ebenfalls etwas revolutionäres, in dem im Jahr 1889 das Haus Guerlain "Jicky" auf den Markt brachte, eines der ersten modernen Parfums und Wegbereiter für die synthetische Parfumherstellung.

Inzwischen ist die Rosenzucht und die Parfumherstellung zur Massenware geworden und beide haben die Tausendermarke der Anzahl verschiedener Sorten und somit die Übersichtlichkeit längst überschritten.

Aber... Ein gravierender, nicht zu übersehender Unterschied existiert zwischen Rose und Parfum: Die Rose duftet, das Parfum imitiert. Und darin hat die Rose eindeutig einen Vorteil gegenüber dem Parfum. Wenn wir bei Parfums von "Rose" als Ingredienz sprechen, dann erleben wir nur den zweifelhaften Versuch, den Duft der Rosen zu imitieren. Verwendet für die Destillate und Essenzen werden fast nur 1-2 Rosensorten weltweit, vorne weg die "Bulgarische Rose", eine Damascena-Rose. Immerhin. Aber, damit sind wir in der Duft- und Parfumwelt überwiegend auf nur einen Rosen-Dufttyp angewiesen, der allerdings dem Duft der "Alten Rosen" und somit dem "Vintage-Style" Gott sei Dank sehr nahe kommt.

Fragt man jedoch einen Rosenliebhaber oder -züchter nach seiner Meinung, wird er kopfschüttelnd abwinken. Dieser hat nämlich in seinem Garten mehrere alte und moderne Rosensorten gepflanzt und erlebt einen Duftrausch, der an Variabilität, Qualität und Intensität kaum zu erreichen ist. Da zeigt sich erst was "Rosenduft" überhaupt bedeutet. Es ist verständlich, dass man versucht dieses Dufterlebnis durch Extraktion von Duftölen zu kopieren und in Parfums zu imitieren. Aber leider gelingt dies den Parfumeuren nicht. Es gelingt ihnen sogar nie. Und daher müssen wir uns mit einem Rosenduft begnügen, der überhaupt keiner ist. Denn ganz wichtig: Es gibt nicht den Rosenduft.

Und deshalb hatte ich mir einen Rosengarten versprochen und erfreue mich als reiner Rosenliebhaber an 18 verschiedenen Rosen unterschiedlicher Sorten auch wenn das Dufterlebnis auf 5 Monate beschränkt bleibt. Wer jemals seine Nase in die Blüte einer Alba-, Centifolie-, Noisette- oder Englischen Rose gesteckt hat, wird verstehen.

Rosen gehören nicht in Parfums, Rosen gehören in die Erde!

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