Carnazos

Es ist nunmehr 20 Jahre her als ich aufs Gymnasium gekommen bin.
Schüchterner Brillenträger, leicht übergewichtig und ich wollte was so viele in dieser unsicheren Zeit wollten.
Beachtung - wie ausufernd vielschichtig man diesen Begriff auch immer auffassen möchte.
Beachtung bei den Mädchen, Beachtung bei den coolen Jungs und den altbekannten Freunden die man seit dem Kindergarten kennt.
Das kann sich unterschiedlich äußern - unter anderem indem man zwanghaft versucht anderen Größen nachzueifern.
Ich hatte einen Klassenkameraden Hannes L (ich hoffe sehr das es durch Zufall dazu kommt das du das hier liest - liebe Grüße gehen raus) - Skater, obercoole Kleidung, ein bisschen Badboy aber nie das Arschloch raushängen lassen, ein bisschen unnahbar aber nie das er andere niedergemacht hätte.
Zum Schulalltag gehört auch Sportuntetricht auch wenns viele nicht glauben werden war ich ziemlich gut - Mama Leistungssportlerin und Papa Fußballer machtens möglich - nach den Stunden war natürlich das Problem das offensichtlicher nicht sein konnte - was tun mit dem stinkenden Jugendlichen Körper der unbedingt vermeiden wollte verletzlich gesehen zu werden.
Also kurzerhand Kleidung gewechselt und eingenebelt in alles was die 5 Euro Taschengeld am Tag hergegeben haben.
Das ging so eine Weile bis ich durch Zufall nach der Sportdoppelstunde neben Hannes saß - er holt einen Mattschwarzen Flakon mit roten Buchstaben aus dem olivgrünen Dakinerucksack.
Pssscht psscht psscht...
Ein paar Sekunden des Staunens später erfahre ich die erste olfaktorische Offenbarung meines Lebens. Schwer mit 14 Jahren einzuordnen oder auch nur zu fassen hinterlassen diese 3 Sprüher mehr Stirnrunzeln als Wurzelrechnen oder Statistik.
Es ist eine Mischung aus dunkler frischer Mystik die sich verbreitet dabei aber nie deohafter Einheitsbrei den man damals kannte. Auch meine bisherigen Erfahrungen mit Parfüms waren eher davon geprägt, das Bruno Banani oder ähnliche Vertreter einer Supermarktabteilung mir vormachen wollten was Parfüm zu sein hat. Die Begeisterung war kurzzeitig so hoch das ich ab da an 3-4mal bei ihm schnorrte und mir dann selber eine Flasche zulegte.


Heute ist die Erinnerung daran verklärt, aber trotzdem ist mir irgendwie klar das ich ab diesem Momemt begriffen habe was Gerüche mit dem Kopf anstellen können.

Letztens habe ich im Rossmann eine Deoflasche von dem Duft gesehen - begeistert, in Erwartung gleich wieder geflascht zu sein sprüh ichs an das nächste Etikett und eine Geruchserinnerung kommt in mir hoch wird aber kurze Zeit später von unangenehmer Zitrik, künstlichen Holznoten und dem Einheitsdeodunst niedergewalzt.

Ich freue mich gehe aber schnell weiter, meine Frau und meine zwei Kinder warten.

Heute lese ich mit bedauern das es nicht mehr produziert wird - wenn man sich die Komposition anschaut waren die Nasen hinter dem Duft fast 15 Jahre ihrer Zeit voraus.

Mit besten Grüßen an Hannes und an alle lesenden :)

Nach etlichen Recherchen und Jahren der Duftreise traue ich mich langsam an das Thema Dufthäuser und DNA heran.
An MFK kommt man dort nicht vorbei und ich habe mir ein Set direkt bei MFK bestellt um mich durch die Top Seller zu testen.
Erstmal muss man zum Set sagen, dass die Aufmachung wirklich toll ist. Weiße Testmäppchen erwarten einen und trotz der Erwartung einen eindruck vom Geruch zu bekommen kommt man nicht umhin die Sprüher auch zu benutzen.
Nach Grand Soir und Baccarat Rouge nun Oud Satin Mood.

Der Name und der Flakon und die Flüssigkeit selber allein sind wirklich schon so elegant und trotzdem verspielt und Wohlbehagen erzeugend, das man schon mit +1 Punkt Symphatie den Sprühkopf herunter drückt.

Der Anfang ist dem Alkohol und der Süße überlassen. Aber schnell, sehr schnell breitet sich diese wohlige Würzige, süße schwarze Kuscheldecke vor einem aus.
Man fühlt sich gezwungen die Socken auszuziehen um den Samt in voller Gänze zu spüren und mehr und mehr zieht einen dieser Samt in seinen Bann.
Man ist der Duft und der Duft ist die eigene zweite Haut.

die schönste dunkelste aber sanfte Rose die man(n) sich wünschen kann.
Dabei aber mystisch und dunkel das niemals die Rose pudrig oder wirklich floral rüberkommt.

Der Duft hat mich komplett umgehauen und ich liebe ihn und schäme mich dafür keine Sekunde!

Meine erste Rezension also seid gnädig.

Das war dieser Duft nur so halb mit mir.
Gelegentlich zieht es mich zum großen türkisen D hin und da sah ich diese Zumutung eines Flakons neulich stehen.
Ertsmal interessant warum sich überhaupt jemand entschließt so einen Flakon zu produzieren. Aber zum Blitz gibt es nachher noch einen treffenden Schlussakkord. Der Sprühnebel ist hier eher einer 1 Euro Wasserkanone ähnlich also Achtung.
Als erstes merkt man schon warum er halbwegs gut bei meiner Frau ankam - er hat einen schönen Start den man süßlich kräftig beschreiben kann, die angegebenen Duftnoten sind wahrnehmbarer Mischmasch der sich nach und nach aufspaltet in Kunstpflaume, Pfeffer und leblosen Lavendelüberresten, leider kein eindeutiges Bekenntnis und man wird das Gefühl nicht los das man das alles nur allzu gut kennt. Nach 15 süßlichen Minuten versucht ein penetranter rosaner Pfeffer (wobei das rosa eher vom kandieren kommen muss) und leicht herbe Noten (soll wohl Zeder und Trüffel sein - i doubt it) zu übernehmen.
Doch dann ist es schon vorbei mit dem Blauen Blitz. Die Macher haben sich als äo vielleicht doch was beim Blitz gedacht.

Er macht sicher nichts verkehrt aber halt auch nicht wirklich viel richtig und toll. Ich nehme ihn trotz 3fach ausgestattetem Hals nach 40 min nicht mehr um mich herum war. Trotz alle dem wird er seinen Absatz finden allein wegen dem Flakon, dem süßen Antritt für das weibliche Geschlecht sicher magnetisierend und der DNA die man nun mittlerweile in und auswendig kennt.
Bei mir ist der Blitz jedenfalls nicht eingeschlagen.