Felicity
Felicitys Blog
vor 6 Jahren - 04.07.2018
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Was Duft und Fußball miteinander verbindet

Mein Bruder und ich sind seit unserer Kindheit in vielen Dingen übereinstimmend. Das stellen wir immer wieder fest, z. B. indem wir uns etwas aufschreiben wollen und erstaunt feststellen, dass wir den gleichen Füller heraus holen. Oder dass wir zum Schlafen Schlafbrille und Ohrenstöpsel brauchen. Wir spielen auch beide Gitarre (wobei er denkt, dass er mir in der Pubertät das Spielen beigebracht hat und ich weiß, dass es in Wirklichkeit genau umgekehrt war, aber ich reite da nicht drauf rum). Wir sehen uns nicht oft, er wohnt ein paar Autostunden weit, aber wenn wir uns treffen, freuen wir uns sehr, unternehmen was Schönes und streiten uns nur ganz selten. Denn auch persönliches Wachstum interessiert uns beide und wir teilen alle Bücher darüber miteinander.

Das letzte Mal haben wir uns an einer Tischtennisplatte gestritten. Offensichtlich bin ich ganz klar besser, einfach weil ich bis vor Kurzem noch im Verein spielte und er das letzte Mal vor gefühlt achtzig Jahren an einer Platte stand. Nun hat er inzwischen eine bestimmte Art fieser Angabe gelernt, auf die ich spieltechnisch einfach so schnell nichts zu entgegnen hatte. Und diese Angabe machte er immerfort! Dauernd fiel der Ball runter, es kam einfach kein Spiel zustande, weil wir nur am Ballaufheben waren! Während er das als ganz normales Punktesammeln ansah und sehr zufrieden wirkte, sank meine Stimmung immer mehr in den Keller. Ich nahm ihm das übel, dass ihm diese blöden Punkte über den Spielspaß gingen und ich überhaupt nicht zum Zuge kam und vor allem, dass er gar kein Problem sah (oder zu sehen schien)! In Erinnerung an diesen Streit lehnte ich hinfort jedes Spiel ab, was er wiederum nicht gut findet. Aber gut, das ist inzwischen schon ein paar Monate her und wir müssen das jetzt so stehen lassen.

Neulich war er jedenfalls hier als die Fußball WM lief und er musste doch tatsächlich den ganzen Abend Fußball gucken! Das hat er noch nie gemacht seit wir uns kennen. Die ganze kostbare Zeit wollte er Fußball gucken. Wo wir den Abend so schön hätten nutzen können für eine Einführung in mein neues Duft-Hobby. Wir haben doch immer alles geteilt miteinander. So gerne hätte ich meinem lieben Brüderlein etwas erzählt über den Riechsinn im Speziellen und im Allgemeinen, über die Entwicklungsphasen eines Duftes, seine Facetten, und natürlich über das Kreieren von Parfüms als gleichberechtigte, eigenständige Kunstform neben Musik und darstellender Kunst. Inklusive Duftbeispielen. Wie konnte er nur so ein interessantes Thema ablehnen! Wo ich doch auch so einige Männerdüfte hier habe - da hätte er sich doch gerne auch was aussuchen können.

Naja, jedenfalls sagte ich provokant so etwas wie „dass es doch reiche, wenn man schon unbedingt wissen muss, wie oft 22 erwachsene Männer es schaffen einen Ball in ein bestimmtes kleines Areal zu kriegen, man das Ergebnis doch genauso gut hinterher im Internet nachschauen könne.“ Dass das eine Menge Lebenszeit sparen würde (die wir mit meinen Düften viel sinnvoller verbringen könnten).

Und da kam eine Antwort, die mich geistig dem anderen Geschlecht näher gebracht hat. Er sagte nämlich: „Das was für dich der Duftverlauf ist, ist für mich der Spielverlauf. Das Ergebnis ist nicht so wichtig, sondern der Weg dahin“ (er praktiziert Zen).

Ja, da hat es bei mir Klick gemacht, ich konnte von ihm ablassen und glaube, wieder ein bisschen mehr von der Männerwelt verstanden zu haben.

Trotzdem: Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen. Zumindest bräuchte es manchmal einen Dolmetscher.

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