Mareike
Mareikes Blog
vor 9 Jahren - 28.07.2015
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Das sonderbare Paket (Teil I)

Heute klingelte es an der Tür und etwas höchst Sonderbares geschah. Es geschah tief in mir und es geschah völlig unerwartet. Aber bevor ich Euch berichte, was es war, muss ich etwas ausholen.

Ich hab gerade keine so gute Zeit. Ich kränkel mich von Hexenschuss über Sommergrippe und Sonnenallergie zu Zahnschmerzen. Meine aktuelle Frisur gefällt mir nicht, das Wetter gefällt mir nicht. Ich hab mir selbst einen Parfumkaufstopp verhängt - aber meine aktuelle Sammlung gefällt mir auch nicht. Und die olle Arbeit auch immer.

Und natürlich die Sache mit Theo. Unser Beziehungsstatus lässt sich derzeit am besten mit „Es ist kompliziert“ umschreiben. Er kann mir nicht verzeihen, dass ich ihn nicht mit nach Paris genommen habe. Ich kann ihm nicht verzeihen, dass er in meiner Abwesenheit meine Kreditkarte zum Schmelzen gebracht hat. Für was er das ganze Geld ausgegeben hat, kann ich hier nicht schreiben, sonst wird der Blog SOFORT von der Startseite genommen. Auch hat Euer guter Theo, während ich fort war, unseren gesamten gemeinsamen Nutella-Süd-Vorrat weggeschleckt. In den vergangenen Wochen haben zahlreiche liebe Parfumo-User mit den nötigen Beziehungen oder günstigen Wohnorten unseren Vorrat wieder aufgefüllt. Und natürlich nicht nur das: Wir bekamen auch feinste Spezialitäten, von Pralinen über Bier bis Frittensauce geschickt. Das machte uns froh, brachte mich und Theo aber auch nicht wirklich wieder zusammen. Jeder saß in seinem Zimmer und aß seine Fritten und sein Nutella allein. Aber dennoch: Danke dafür, ihr Süßen. Ihr seid super.

Und Parfumo. Naja, ich bin ja eigentlich gar nicht so umgänglich. Aber das eine Drittel hier mag ich schon sehr gerne. Doch im Moment - Ihr wisst es selbst. Euch ging es ja auch nicht gut. Die eine ist seit Monaten dolle krank und leidet wie Sau, die andere hat gerade familiäre Herausforderungen zu meistern, einer weiteren ist kürzlich der schöne Kopf implodiert. Und so weiter und so fort. Von Euch war nicht viel zu erwarten in der letzten Zeit, ihr hattet wirklich Eure eigenen Probleme. Der Rest bitchte sich hier wie gewohnt gegenseitig an, mobbte sich weg, schrie nach Moderation oder schrie sie optional weg, je nach Vorliebe. Der normale Wahnsinn. Eine Zeit lang fand ich solcherart “Streit und Zank” sehr unterhaltsam. Hab da auch mal mitgemischt. Aber ohne Lovis machen selbst Krawall und Explosionen nicht mehr so viel Freude. Es ödet mich an.

Und so saß ich also hier, im Selbstmitleid mich ausgiebig badend. Hab mich da wohl auch kräftig mit eingeschäumt. Mir fiel auch nicht viel ein, auf was ich mich noch hätte freuen können. Pakete hatte ich keine mehr zu erwarten. Kein Geld da, nix Gescheites zum Tauschen – und auch gar nicht die nötige Motivation, ein Paket zu schnüren, um es öffentlichkeitswirksam zu verlosen. Außerdem macht das ohne Theo nicht halb so viel Spaß. Ich dachte auch kurzzeitig daran, mir ein neues Hobby zu suchen. Parfumo zu verlassen. Mir war das alles irgendwie fad geworden.

Jedenfalls. Klingelte es heute morgen an der Tür. Weil ich nichts erwartete, machte ich nicht auf.

“ES KLINGELT” rief Theo aus seinem Bärenbüro im ersten Stock.

"DANN MACH DOCH AUF!” rief ich nach oben.

Ja, so kommunizieren wir derzeit. Durch mindestens zwei verschlossene Türen.

“DU WEISST GENAU, DASS ICH KEINE DAUMEN HABE UND DESHALB KEINE TÜREN ÖFFNEN KANN!” schallte es von oben.

Seufzend öffnete ich also. Da stand Dieter. Mein DHL-Paketbote. “Naaa, Mädchen? Ich denk, Du kriegst diese Woche nix mehr? Kauf-Stopp, haste mir doch gesagt. Kannst es nich lassen, hm?” Ich, mit nassen Haaren und runzeliger Stirn: “Hä? Keine Ahnung, was das ist.”


Das Paket war ziemlich groß. Und ich möchte schwören, dass es irgendwie leuchtete und schimmerte, an diesem verregneten Sommermorgen. Der Absender war mir vage bekannt. Eine nette Parfuma, die ich gut leiden kann. Defitiv Teil meines Drittels, aber auch niemand, mit dem ich jetzt schon tausend Geschäfte gemacht hätte. Niemand, von dem ich jetzt Überraschungspakete zu erwarten hätte. “Ob es ein Irrläufer ist?”, fragte ich mich. “Ob es eigentlich woanders hin sollte?” “


"MACH ES SCHON AUF”, höre ich es hinter mir grumpeln. Der kleine flauschige Mitbewohner. Ich hab ihn schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Er ist pummelig geworden. Ich entscheide mich dazu, es vorsichtig zu tun, mit einem Paketöffner. Damit ich es vernünftig wieder zukleben kann, wenn es wirklich ein Irrläufer ist. Ich klappe es also auf – und aus seinem Inneren leuchtet es. Nein wirklich, wie im Film, wenn jemand eine Schatzkiste öffnet. Es leuchtet und strahlt und ich bin mir sicher, das von irgendwoher Violinenmusik erklingt.


Ganz oben auf liegt eine Karte. Sie ist wunderschön. Ich klappe sie auf. Mir wird kurz schwindelig und die (wunderschöne) Schrift verschwimmt vor meinen Augen. Ich sehe Namen, viele Namen. Nicht zwei oder drei, sondern unzählige Namen. Und jeder einzelne lässt mein Herz hüpfen. Ich klappe die Karte schnell wieder zu, weil ich es nicht glauben kann. Weil mein Herz sich zuschnürt und mir Tränen in die Augen steigen. Und weil ich dringend meine Haare fönen muss, weil die Arbeit ruft.

“Hier, lies.” Ich gebe Theo die Karte und gehe ins Badezimmer. Durch die Tür höre ich ihn kreischen und schreien. “Für UNS? Die haben für UNS ein Paket gepackt? Die ALLE? Das sind ja mindestens TAUSEND Parfumos?”

Mathe ist nicht seine Stärke und er übertreibt manchmal. Ein wenig.

Ich stelle den Fön an, dann höre ich nur noch ein leises Fiepen. Beim Rausgehen zische ich Theo zu: “Pack es nicht aus. Das machen wir zusammen, heute Abend.” Er kneift die Augen zusammen und sieht etwas verschlagen aus, der kleine Kamerad. Deswegen nehme ich ihm das Paket doch lieber aus der Hand und verschließe es im Schrank. Manchmal bin ich wirklich froh, dass er keine Daumen hat.

Teil II der Geschichte folgt, natürlich, erst heute Abend. Wenn wir den Inhalt des Paketes ausgepackt und in Augenschein genommen haben.
Ich wollte nur, dass ihr schonmal wisst, wie ich mich fühle.
Ich bin...

glücklich.

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