Mareike
Mareikes Blog
vor 9 Jahren - 21.12.2014
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Parfumglück in Konsumtempeln und Hinterhöfen oder: Paris ohne Geld - unbezahlbar.



Ich will Euch nur ganz kurz von meinen wichtigsten Parfümerie-Erlebnissen in Paris erzählen.

Weil ich auf dem Hinweg bestohlen worden war, war ich pleite und sah auch so aus.

Jedesmal, wenn mich ein Parfumverkäufer ansprach, sagte ich sofort: "Ich kann sowieso nichts kaufen, ich hab kein Geld." Das war mir unangenehm, aber ich wollte, dass das von Anfang an klar ist. Das Ergebnis: KEINER hat mich abblitzen lassen.

Bei Diptyque, Atelier Cologne und L'Artisan führte ich lange Gespräche über Altes, Neues und die Welt an sich. Ich bekam kompetente Beratung und hatte richtig viel Spaß.

Im Guerlain-Stammhaus nahm mich trotz meiner Ansage ein freundlicher, befrackter Herr an die Hand und begab sich mit mir auf eine Schnüffeltour durch die gesamte Shalimar-Geschichte, nahm sich dafür eine Stunde Zeit. Obwohl es Samstag war und die Stadt brechend voll mit deutlich zahlungskräftigeren Kunden.

In den schicken Galeries Lafayettes reagierte der Chanel-Exclusifs-Berater schockiert über meine Diebstahlgeschichte. Während ich ausgiebig schnuppern durfte, packte er mir eine Tüte voll feinster Proben zusammen - in die dann sogar ein Lippenstift wanderte.

Als ich im selben Haus am Tom-Ford-Stand bemerkte, dass ich temporär mittellos sei und der Verkäufer seine Bemühungen lieber anderen Kunden widmen solle, füllte er mir unaufgefordert "Noir de Noir" und "Tobacco Vanille" ab. Dann hätte ich was Schönes zum Ausgehen in Paris, sagte er lächelnd.

Bei Printemps unterhielt ich mich eine Stunde lang mit einer Gruppe von Verkäuferinnen über Parfummarken. Zwischendurch rannte immer eine los und rief: "Kennt ihr DEN schon?" Und dann wurden Neuerscheinungen von Amouage, Frédéric Malle oder Juliette has a gun großzügig herumgesprüht. Am Ende umarmten wir uns alle, die Französinnen bedankten (!) sich bei mir für mein Interesse und steckten mir so viele Proben zu, dass sich meine Jackentaschen dermaßen nach außen wölbten, dass ich beim Rausgehen befürchtete, die Kaufhausdetektive würden mich gar nicht mehr gehen lassen.
Aber man ließ mich.

Auf dem Heimweg verlief ich mich. Ich irrte durch die Gassen, da sah ich ein Schild, auf dem ein Flakon abgebildet war. Und ein Pfeil, der in einen Hinterhof zeigte. Ich folgte ihm naturgemäß. Im Hinterhof blickte ich mich erst einmal orientierungslos um. Da sprach mich eine schöne Französin an. "Wollen Sie zu mir?" Ich zuckte mit den Schultern und sie hakte sich bei mir unter. Sie führte mich in ihr Minigeschäft, wo sie genau ein Parfüm produziert und verkauft. Es heißt "Rose Desgranges". Sie erzählte mir die Geschichte dieses Duftes, ließ mich sogar an den einzelnen Komponenten schnüffeln, die ins Parfum gewandert sind und band mir zum Abschied ein parfümiertes zartrosa Seidenband ums Handgelenk. Das trage ich noch immer.
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