Die schwebende Düne - Fam von soOud

Warum interpretiert man das Oud immer und immer wieder? Wieso ist ausgerechnet diese Ingredienz so gefragt? Was hat das Adlerholz, was andere Düfte nicht haben? Ganz einfach: Es riecht so wundervoll ANDERS! Es ist ein Geruch, wie man ihn zuvor noch nicht kennt, ein Geruch der absolut neu ist und somit auch exklusiv. Zugegeben, Oud ist kein einfacher Duft. Meist enden die ersten Begegnungen mit dem exotischen Wohlgeruch katastrophal. Stechend, medizinisch, dunkel, muffig... diese Assoziationen hört man häufig von Menschen, die sich zuvor noch nie mit einem so potenten Duftstoff konfrontiert sahen. Und auch ich hatte anfänglich so meine Probleme mit dem teuersten Räucherholz der Welt. Ich testete damals "White Aoud" von Montale, ohne überhaupt zu wissen, was es sich mit diesem ,,Aoud" auf sich hatte. Es traf mich mit voller Wucht. Es gibt bessere Parfums um in die arabische Geruchswelt einzusteigen. Nun bin ich auf dem Gebiet Oud etwas erfahrener als an jenem Tag und teste zur Zeit die Duftkollektion von ,,soOud". Fam heisst der heutige Testkandidat, was auf deutsch ,,Mund" bedeutet:

Fam ist kräftig mit deutlicher Oud Nuance. Wie es für viele Düfte dieses Genres üblich ist, wird das markante Räucherholz auch hier mit Rosenblüten kombiniert. Allerdings schwingt noch ein äußerst scharfer Geruch mit, er wirkt bizarr, er wirkt fremd aber keinesfalls fehl am Platz. Auslöser dieses Geruchs könnte eine kleine Dosis Kreuzkümmel sein. Dieses Mal fehlt jede Verbindung zur westlichen Welt: Keine Früchte, kein Zucker, keine Blümchen. Fam ist der glühend heiße Wind, welcher des Tags durch die marokkanische Sandwüste weht. Dennoch erreicht es niemals die Intensität eines "Black Aoud". Nachdem die Kopfnote langsam verklingt, öffnet sich die Herznote, welche ebenfalls mit Rosenblüten wartet. Es eröffnet sich ein ganzes Meer der tiefroten Verführung, in Verbindung mit dem Oud wirkt das Herz sinnlich, reich und dunkel. Trotzdem werden die Ecken und Kanten durch etwas Cashmeran abgesoftet, das Oud bekommt hierdurch eine schwebend leichte Note, was zunächst etwas irritierend wirkt. Stellt euch das mal vor: Ein schwebendes Oud, weich und zart, dennoch markant und schwarz wie Tinte. Ich finde diese Interpretation wirklich spannend, soOud scheint die besonderen Nuancen zu beherrschen. Der mir bisher unbekannte Parfumeur Stéphan Humbert Lucas ist äußerst talentiert! Im Fond von Fam findet man Moschus. Dieser sorgt für eine intensive Haarspray-Nuance, welche sich mit etwas Zeder verbindet. Jetzt ist so ein Haarspray Moschus nichts aufregend neues, viele verabscheuen ihn sogar. In diesem Fall allerdings begrüße ich sein auftauchen mit einem Lächeln: Hier tritt der typische soOud Effekt auf: Orientalisches mit typisch westlichen Gerüchen kombinieren! Adlerholz mit weißem Moschus, das ist wie: Wüste in der Großstadt oder antike Möbel im pinken Girlie-Zimmer. Und obwohl sich das alles so unstimmig anhört, in Fam funktioniert diese Mischung. Und so entgleitet der Duft langsam der Nase, die Intensität nimmt ab und am Ende bleibt nur ein Hauch von Holzigkeit, welcher noch vage an die großen Oud-Akzente erinnert.

Was bleibt zu sagen? Fam ist im Vergleich zu Burqa und Nùr ein ganzes Stück markanter und rauher. Allein schon die scharfe Chili überrascht durch sein (in Parfums) ungewohntes Aroma. Reich, tief und doch schwebend, modern, erhaben. Ich staune jedes Mal wieder darüber, wie viele Facetten Oud hat. Und obwohl ich in den vergangenen Monaten so viele Agarwood-Parfums getestet habe, meine Begeisterung für dieses Genre schon wieder verloren hatte, bin ich nun wieder auf dem Oud Tripp! Ich bin süchtig, denn erst weiß ich, was man aus dem kostbaren Räucherholz alles machen kann. Zugegeben, tragen würde ich Fam nicht, aber ich betrachte es trotzdem als ein Kunstwerk aus besten Inhaltsstoffen. Die Haltbarkeit von Fam ist gut, die Sillage (wie auch schon bei Burqa und Nùr) eher zurückhaltend. Wieder ein privater Duft, ein persönlicher Schatz!

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