Laine de Verre - Fünf Fragen an Serge Lutens

Laine de Verre von Serge LutensSerge Lutens, Sie stellen uns gerade Ihr drittes Eau, Laine de verre, vor.

Entscheidend ist die Konfrontation innerhalb eines Namens, eines Titels. Ohne einander zu kennen, haben er, das Eau, und ich bereits die Hälfte des Weges geschafft, was uns nun zu unserem persönlichen Treffen führt. Erst durch ihn, können wir uns gegenseitig anerkennen und die Schlüssel zu unserem Inferno abgeben. Laine de verre ist ein Zusammentreffen zweier Gegensätze, welche sich dennoch ergänzen. Das Eine ist transparent, zerbrechlich wie die Wahrheit, dass alles für bare Münze nimmt, vom niedrigsten bis zum höchsten Wert. Auf der anderen Seite, haben wir die Wolle. Man strickt diese, es entstehen Maschen, die hinunter zu einem Hemd verlaufen; Manchmal kratzt sie. Beim Wort genommen ist Laine de verre, Glas/Wolle, auch ein Isolator.

Isolierung wovon? Von wem?

Von etwas das sich anfühlt wie Gefahr. Ohne es erklären zu können, fühle ich es. Steigernd, wie das Aufkommen eines persönlichen Disputs zwischen meiner Weiblichkeit und Männlichkeit. Aus den Angeln gehoben, wird die Tür geöffnet, zum erstickten Schrei eines Wahnsinnigen oder zur rabiaten Übung eines Arztes:

Ein Eau, das böse ist, und stürmisch. Er provoziert den Blitz der Schöpfung. Er vibriert, es ist die Angst vor der Überwindung. Das Parfum hat für mich das persönliche Interesse verloren, wenn es still ist. Umgekehrt betrachtet ist es ein Zugeständnis, das was ich von ihm erwarte und was er sich von mir wünscht.

Ihr neuestes Parfum La fille de Berlin mit seiner metallischen Rose, dann La Vierge de fer und nun ein Eau, Laine de verre , dass einen metallischen Aspekt hervorruft. Ist das Zufall?

La fille de Berlin ist das Silber einer Rose, welches in der Stille des Schnees steht. Hierbei ist es die Beständigkeit, die mich begeistert. La Vierge de fer entspringt der Religion des Eisens, in anderen Worten die der Willenskraft, und in der Summe gefasst, die seines Sieges. Mit Laine de verre geht es diesmal um das Metall, welches physisch die Gestalt eines Dufts annimmt. Nicht ohne Grund kam mir plötzlich das Bild eines verchromten Stahllenkers in den Sinn, dass mit der Lenkstange eines Fahrrades verlinkt ist und auf dem das Kind sich hinüberbeugt und sich mit seiner Nase nähert, um zu beschleunigen. Von der Quelle bis zur Mündung erstreckt sich zu diesem Eau ein Seil, das in Stahl gefasst ist. Es geht nicht darum, mit unserer Geschichte die Rückkehr verschwommener und von Nostalgie geprägten Erinnerungen heraufzubeschwören. Es geht vielmehr um lebendige Bilder, die die Vergangenheit und Gegenwart in Höchstgeschwindigkeit reflektieren, um in den intimsten Teil unserer selbst einzutauchen.

Wenn wir die grafischen Bildelemente Ihrer Eaux betrachten, sind wir weit entfernt von den Darstellungen, die normalerweise mit einem Parfum assoziiert werden. Warum haben Sie sich für diese Schlichtheit entschieden?

Ich weiß, wie man einen Burgunder von einem Mineralwasser unterscheidet. Geltend für die Wahl grafischer Elemente ist, was uns zu uns selbst zurückbringt, zumindest zu einem Teil von uns.

Das Eau Serge Lutens stand für Reinheit, das L’eau froide für Frische. Wie würden Sie das Laine de verre in einem Wort beschreiben?

Als eine Konfrontation zu seiner anderen Hälfte. Eines ist klar: Hier herrscht Rivalität, aber wenn dieses Eau das Ergebnis eines Konflikts darstellt, dann ist es dennoch nicht weniger rein. Die Uneinigkeit zwischen Femininität und Maskulinität kommt nicht gleich einem Bruch gleich. Wenn beide den Höhepunkt ihres Konflikts erreichen, zerplatzen, und – als eine Notwendigkeit des Ganzen – schließlich in Einigkeit münden. So wurden, nachdem der Winter eingebrochen war, schlussendlich die Waffen niedergelegt indem sich der Seigneur de verre zu den Füßen der Dame de Laine legte und die an ihm bereiften Blumen und Farnen übergab.

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