14.01.2015 - 18:45 Uhr
Siebter
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Blutstropfen im Schnee
Laine lernte ich im Frühling des vergangenen Jahres kennen und es fällt mir sehr leicht, mir mittels dieses Dufts die ungemein positive und eindrückliche Erfahrung, die ich zeitgleich machte (und die ich hier nicht näher ausführen will) wieder ins Gedächtnis zu rufen. In erster Linie zeigt dies eins: früher oder später lädt sich jeder Duft mit Bildern, Erinnerungen und / oder Gefühlen auf, entscheidend ist dafür lediglich eine gewisse Frequenz oder (wie in diesem Fall) die Wucht der gleichzeitig gemachten Erfahrung. Da diese positive Aufladung ganz am Anfang stand, konnte ich bei meiner weiteren Auseinandersetzung mit Laine immer wieder darauf zugreifen, und ich glaube, das hat es mir etwas einfacher gemacht, mit ihm umzugehen.
Denn Laine selbst bietet eigentlich nur wenige Andockmöglichkeiten für das Schöne und Gute. Ein Parfum zu sein, ist so ziemlich das einzige Zugeständnis, zu dem es bereit scheint, alle weiteren Ansprüche werden mit strengen Blicken abgestraft. Weder sinnlich noch gefällig und noch nicht mal per se hochwertig anmutend ist dieser Duft, auf Fragrantica und Parfumo werden sogar Vergleiche mit Waschmitteln und Geschirrspülern bemüht, von mir nach Eindrücken befragte Mitmenschen assoziierten zuverlässig als erstes „Seife“ (und wirkten ansonsten eher unschlüssig). Die Notenpyramide weist im Grunde allenfalls eine Naturreferenz auf und listet ansonsten ausschließlich synthetische Noten.
Laine ist kalt, bitter, spröde und scharfkantig und es gibt tatsächlich nichts, was diese Eindrücke mildert oder abfedert, kein ausgleichender Gegensatz und keine versöhnliche Wendung. Laine ist hart und sehr ernst. Zu Beginn überwiegt der schon erwähnte seifige und vor allem stark metallische Eindruck, der in mir das Bild eines Sektionssaals heraufbeschwört, trotz einiger kleiner Tropfen Blut blitzblank und aseptisch wirkend. Laine ist ein heller und strahlender Duft, dabei aber nicht klar, sondern opak wie Eisschollen, die auf einem See schwimmen. Obwohl ich diesen Duft schon einige Male trug, schockiert mich dieser grimmige Auftakt jedes Mal – da ist wirklich nichts, was ich lobend jemand anderen vermitteln könnte.
Die gleißenden Metallaldehyde ziehen sich nach etwa einer Stunde zurück, davon abgesehen ist Laine linear; weder verschwindet eine Note, noch erscheint eine neue. Moschus nehme ich kaum wahr, Cashmeran dagegen sehr stark (etwas holzig, kreideartig, aber auch an Himbeeren erinnernd). Grundsätzlich erscheint eine Auseinandersetzung mittels der Notenpyramide aber fast sentimental, denn Laine wirkt letztlich referenzlos.
Nun soll ein Parfum ja nicht nur interessante Betrachtungen wert sein, sondern auch getragen werden. Zu welchen Gelegenheiten Laine passt, ist nicht so leicht zu beantworten, sofern man nicht Vorschläge wie „Um einsam und aus Überzeugung im Schnee zu verhungern“ gelten lässt. Immerhin ist dieser Duft wirklich überaus sauber. Vergleiche ich Laine mit ähnlich hypercleanen Düften wie Andrea Maacks Craft oder Pradas Infusion d'Homme, so kann ich vieles aufzählen, was IdH und Craft zusätzlich zu dieser magischen Reinheit auszeichnet, aber nichts, was Laine darüber hinaus ausmacht. Was ihn absetzt, ist lediglich das extrem ausgereizte Prinzip seiner Reduziertheit, die sich in seiner skelettalen Struktur zeigt; diese ergibt keinen farblosen und zurückhaltenden Duft, sondern mündet in einen Eindruck von absoluter Konsequenz.
Ich trage Laine extrem gerne. Der erste Eindruck ruft vielleicht Bilder irgendwo zwischen gestärkten Bettlaken und bitterem Zitronensprudel hervor, insofern dieser Duft sicherlich sogar als safe zu bezeichnen ist, aber schon bald offenbart sich, wie abweisend er tatsächlich ist, weil er keine der üblichen Ansprüche an ein Parfum erfüllen mag. Vor allem ist er keine Einladung zum Näherkommen, seine Strenge keine spielerische. Sein starker Wille bewirkt in mir eine innere Festigkeit, stärkt meine Fähigkeit, mich von meiner Umgebung abzusetzen. Eine gewisse Härte, die manchmal gar nicht schlecht ist.
Laine ist kein Duft, mit dem ich mich ausleben möchte, sondern eher ein funktionales Werkzeug aus kaltem Stahl. Er bewirkt in mir eine sterile Ruhe, die konsequent alles abprallen lässt, was ich nicht bewusst aufnehmen will. Man kann damit in einer verspäteten und völlig überfüllten Straßenbahn ohne erreichbaren Haltegriff stehen, Joanna Newsom auf dem Ohr, und alles ist gut, nichts scheint aus dem Gleichgewicht.
Denn Laine selbst bietet eigentlich nur wenige Andockmöglichkeiten für das Schöne und Gute. Ein Parfum zu sein, ist so ziemlich das einzige Zugeständnis, zu dem es bereit scheint, alle weiteren Ansprüche werden mit strengen Blicken abgestraft. Weder sinnlich noch gefällig und noch nicht mal per se hochwertig anmutend ist dieser Duft, auf Fragrantica und Parfumo werden sogar Vergleiche mit Waschmitteln und Geschirrspülern bemüht, von mir nach Eindrücken befragte Mitmenschen assoziierten zuverlässig als erstes „Seife“ (und wirkten ansonsten eher unschlüssig). Die Notenpyramide weist im Grunde allenfalls eine Naturreferenz auf und listet ansonsten ausschließlich synthetische Noten.
Laine ist kalt, bitter, spröde und scharfkantig und es gibt tatsächlich nichts, was diese Eindrücke mildert oder abfedert, kein ausgleichender Gegensatz und keine versöhnliche Wendung. Laine ist hart und sehr ernst. Zu Beginn überwiegt der schon erwähnte seifige und vor allem stark metallische Eindruck, der in mir das Bild eines Sektionssaals heraufbeschwört, trotz einiger kleiner Tropfen Blut blitzblank und aseptisch wirkend. Laine ist ein heller und strahlender Duft, dabei aber nicht klar, sondern opak wie Eisschollen, die auf einem See schwimmen. Obwohl ich diesen Duft schon einige Male trug, schockiert mich dieser grimmige Auftakt jedes Mal – da ist wirklich nichts, was ich lobend jemand anderen vermitteln könnte.
Die gleißenden Metallaldehyde ziehen sich nach etwa einer Stunde zurück, davon abgesehen ist Laine linear; weder verschwindet eine Note, noch erscheint eine neue. Moschus nehme ich kaum wahr, Cashmeran dagegen sehr stark (etwas holzig, kreideartig, aber auch an Himbeeren erinnernd). Grundsätzlich erscheint eine Auseinandersetzung mittels der Notenpyramide aber fast sentimental, denn Laine wirkt letztlich referenzlos.
Nun soll ein Parfum ja nicht nur interessante Betrachtungen wert sein, sondern auch getragen werden. Zu welchen Gelegenheiten Laine passt, ist nicht so leicht zu beantworten, sofern man nicht Vorschläge wie „Um einsam und aus Überzeugung im Schnee zu verhungern“ gelten lässt. Immerhin ist dieser Duft wirklich überaus sauber. Vergleiche ich Laine mit ähnlich hypercleanen Düften wie Andrea Maacks Craft oder Pradas Infusion d'Homme, so kann ich vieles aufzählen, was IdH und Craft zusätzlich zu dieser magischen Reinheit auszeichnet, aber nichts, was Laine darüber hinaus ausmacht. Was ihn absetzt, ist lediglich das extrem ausgereizte Prinzip seiner Reduziertheit, die sich in seiner skelettalen Struktur zeigt; diese ergibt keinen farblosen und zurückhaltenden Duft, sondern mündet in einen Eindruck von absoluter Konsequenz.
Ich trage Laine extrem gerne. Der erste Eindruck ruft vielleicht Bilder irgendwo zwischen gestärkten Bettlaken und bitterem Zitronensprudel hervor, insofern dieser Duft sicherlich sogar als safe zu bezeichnen ist, aber schon bald offenbart sich, wie abweisend er tatsächlich ist, weil er keine der üblichen Ansprüche an ein Parfum erfüllen mag. Vor allem ist er keine Einladung zum Näherkommen, seine Strenge keine spielerische. Sein starker Wille bewirkt in mir eine innere Festigkeit, stärkt meine Fähigkeit, mich von meiner Umgebung abzusetzen. Eine gewisse Härte, die manchmal gar nicht schlecht ist.
Laine ist kein Duft, mit dem ich mich ausleben möchte, sondern eher ein funktionales Werkzeug aus kaltem Stahl. Er bewirkt in mir eine sterile Ruhe, die konsequent alles abprallen lässt, was ich nicht bewusst aufnehmen will. Man kann damit in einer verspäteten und völlig überfüllten Straßenbahn ohne erreichbaren Haltegriff stehen, Joanna Newsom auf dem Ohr, und alles ist gut, nichts scheint aus dem Gleichgewicht.
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