Kindheitserinnerungen im Flakon - Fetish von Neil Morris
Es kommt immer wieder vor, dass man von kleinen Nischenfirmen überrascht wird, von denen man zuvor noch nie gehört hat. Neil Morris ist eine von ihnen. Wenn Parfumo nicht wäre, hätte ich wohl nie von diesen Düften gehört, geschweige denn sie testen können. So kam es, dass ich (Dank einiger netter User) an eine Probe von Vapor kam. Wie man in meinem Bericht zu dem Parfum lesen kann, war ich sehr überrascht. Vapor ist mir fast vollkommen fremd, so etwas trifft (bzw. riecht) man nicht jeden Tag. Als ich mich durch den Rest der Morris Parfums las, fiel mir der Titel ,,Fetish" sofort auf. Mit Duftnoten wie Ambra, Benzoe, Leder und Oud ist eines schon von Anfang an sicher: Der Duft ist mit Sicherheit nicht einfach! Und nach dem Test von Vapor war ich von dieser Tatsache noch mehr überzeugt. Dank der netten Vorwarnung von Apicius (der übrigens auch der freundliche Spender der Duftprobe ist), habe ich erst einmal so wenig wie möglich aufgetragen. Doch auch so wenig wie möglich ist manchmal schon etwas zu viel...
Eine Explosion, ein betäubender Lärm! Die Vielfalt an Duftnoten erschlägt beinahe. Die Mischung ist süß, bitter, krautig, ledrig. Ja, das Leder ist zu erkennen und auch das Oud. Beide drohen aber in einem süßlichen Chaos unterzugehen. Es scheint fast so, als herrsche in Fetish ein Krieg. Obwohl sie nicht gelistet ist, meine ich Nelke zu erriechen, oder ein mit Nelken getränktes medizinisches Mittel. Was auch immer es ist, es erinnert scheinbar nicht nur Apicius, sondern auch mich und meine Schwester an die frühe Kindheit. Leider kann keiner von uns beiden sagen, an was genau. Meine Mutter meint, es ähnele einem Parfum welches sie vor langer Zeit besaß. Ein Parfum, ein Rätsel. Mit jeder Minute die ich versuche den Duft zu analysieren, wird er immer rätselhafter. Marzipan, Mandeln? Ich behaupte, dass Herr Morris hier auf einen klassischen Kopf-, Herz- und Basisaufbau verzichtet hat. Es ist kaum Entwicklung wahrnehmbar. Das Chaos nach dem Aufsprühen legt sich ein wenig. Die von mir vermutete Nelke wird etwas prominenter. Die Süße weicht ein wenig der Würze. Zu diesem Zeitpunkt ist der Duft zwar noch sehr kräftig, aber weit weniger intensiv als die ersten paar Sekunden es waren. Das sind die einzigen Veränderungen, die mir direkt auffallen. Es ist süß, aber nicht essbar. Das kommt nicht so oft vor. Die meisten süßen Düfte, riechen so als ob man sie problemlos essen könnte. Nicht so Fetish. Das Parfum macht einem sofort klar: ich bin ungenießbar. Dies gilt jedoch nicht für die Nase, keine Note fällt aus dem Gesamtbild raus, keine ist fehl am Platz. Es gibt keine nervtötenden Einzelgänger. Bei Fetish ziehen alle an einem Strang! Desweiteren finde ich, dass der Duft mit den Geschlechtern spielt. Er ist nicht männlich, aber auch nicht wirklich weiblich. Er entzieht sich jeglicher Zuordnung und ist ein kleines Kunstwerk für sich.
Neil Morris, du hast mich zum zweiten Mal überrascht. Nach Vapor konnte auch Fetish etwas schaffen, was heutzutage nur noch wenige Düfte können. Der Duft riecht neu, fremd, anders... außerirdisch und dennoch vertraut. Ich weiß nicht wie Neil Morris es schafft, einen Duft zu kreieren, der bei mehreren Personen unabhängig voneinander Kindheitserinnerungen auslöst. Hat er eine Substanz verwendet, mit der jedes Kind in Berührung kommt? Doch was soll das sein? Hier bin ich ratlos und will auch gar nicht weiter überlegen, sondern das Parfum genießen. Ich werde Fetish definitiv nicht tragen, dennoch werde ich hin und wieder etwas auf ein Tuch geben und in dem mysteriösen Duft schwelgen. Die Haltbarkeit würde ich als beinahe grenzenlos bezeichnen. Einmal aufgesprüht verschwindet das Parfum so schnell nicht mehr!
ersichtlich. Das könnte Herr Morris gerne
preisgeben. Es ist auch mehr als nur schade,
das diese interessanten Düfte nicht in Deutschland erhältlich sind! - Skarabäus