Franfan20
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vor 7 Jahren - 05.02.2017
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Momente in der Zeit - Ein Interview mit Carlos Huber

Carlos Huber ist der Gründer und Creative Director von Arquiste, einer der jüngeren Nischenmarken in der Duftszene. Huber, der Architekur studierte, lässt Aspekte seiner zwei Leidenschaften - Architektur und Geschichte - in seine Duftkreationen einfließen. Eine olfaktorische Momentaufnahme bestimmter Zeitpunkte in der Geschichte, abgefüllt in Flaschen und aufgebaut wie ein Gebäude.

Wenn man sich deinen Lebenslauf anschaut, sieht man eine Menge verschiedener Berufe und Fertigkeiten. Wusstest Du bereits in jungen Jahren, was Du später beruflich machen möchtest?

Tatsächlich ja, ich hatte schon immer die Liebe zur Architektur und der Geschichte in mir, deshalb wusste ich früh, dass ich etwas machen will, was mit diesen Themen zu tun hat.

Um kurz auf deinen Hintergrund in Architektur einzugehen, gibt es ein bestimmtes deutsches Bauwerk, dass du magst oder hast du einen speziellen Lieblingsort in Deutschland?

Obwohl ich kein Experte in deutscher Architektur bin und es womöglich nicht das schönste Gebäude der Welt ist, mag ich Schinkels Bauakademie in Berlin. Ich war sehr gespannt es in natura zu sehen, als ich zum ersten Mal Berlin besuchte, weil ich es intensiv in der Architekturschule studiert hatte. Ich finde, dass die deutsche Architektur eine der besten der Welt ist und es in Deutschland viele schöne Orte gibt. Ich empfand z. B. Hamburg als sehr schöne Stadt. Ich hoffe daher, dass ich in naher Zukunft mehr durch Deutschland reisen kann.

Deine Parfummarke Arquiste gibt es mittlerweile seit 4 Jahren und sie erfährt viel positive Resonanz. Hast Du dich in der Branche sofort willkommen gefühlt? Wie würdest Du deine Reise mit wenigen Worten beschreiben?

Natürlich gab es Höhen und Tiefen, aber ich hatte das Glück meine Marke in New York starten zu können und deshalb bereits im frühen Stadium viel Unterstützung erhalten. Ich konnte mit Zeitschriften und anderen Medien, Geschäften und Einzelhändlern - national und international - sowie dem Parfum-Haus Givaudan in Verbindung treten. Das alles half mir sehr Arquiste relativ schnell zu veröffentlichten und einer breiteren Masse an Publikum präsentieren zu können. Das Konzept meiner Marke ist für mich etwas ganz Besonderes und Teil meiner Authentizität. Aber eine Sache, die man lernen muss, ist ruhig zu bleiben und geduldig zu sein, denn Wachstum und Bekanntheitsgrad brauchen Zeit, besonders dann, wenn man ein gutes Produkt auf den Markt bringen möchte. Man muss entsprechend hart arbeiten. Und vor allem ist es auch ein kontinuierlicher Prozess, bei dem ich fortlaufend lerne.

Die Sozialen Netzwerke sind heutzutage ein sehr wichtiger Teil des Alltags im Allgemeinen. Auch viele Parfummarken verwenden sie für Marketing und die Vorstellung von neuen Produkten. Würdest Du sagen, dass die Möglichkeit, den Menschen regelmäßigen Einblick in deine Arbeit zu geben, es für eine Marke wie Arquiste einfacher macht bekannt zu werden und die Popularität zu steigern, besonders zu Beginn?

Definitiv, ja. Es unterstützt mich darin zu zeigen, dass Parfum für mich eine Leidenschaft ist, in die ich mein Herz und meine Seele stecke. Ich würde sagen, dass die Menschen so in der Lage sind zu erkennen, dass es hinter einer Marke tatsächlich echte Menschen gibt, die eine gewisse Hingabe an den Tag legen und dass es ein absoluter Full-time Job ist. Meine Intention in den Sozialen Netzwerken ist es, die Aufmerksamkeit der Menschen auch auf den Prozess der Parfumherstellung zu lenken. Es gibt natürlich wie überall positive und negative Seiten, die dabei zum Vorschein kommen. Es ist immer schön, Feedback zu deinen Kreationen zu hören, aber Kritiker können dich auch zerreißen. Ich lese das Feedback zu meiner Marke, weil ich der Überzeugung bin, dass die Interaktion mit den Menschen, die die Entwicklung meiner Marke verfolgen, auch wichtig ist. Ich bin aufmerksam und lese in regelmäßigen Abständen, um meinen Fans und Kunden etwas zurückgeben zu können. Doch wenn jemand etwas kritisiert, nur um es niederzumachen, denke ich, ist es besser, überhaupt nichts zu sagen.

Du hast erwähnt, dass Rodrigo Flores-Roux und Yann Vasnier enge Freunde von dir geworden sind und du viel über das Parfumhandwerk von ihnen gelernt hast. Ich nehme an, eure Freundschaft beeinflusst eure Arbeit auf eine Art und Weise, die anders ist als wenn du mit irgendwelchen Menschen zusammenarbeiten würdest. Würdest Du sagen, dass die Arbeit mit deinen Freunden immer harmonisch verläuft oder gibt es auch manchmal Meinungsverschiedenheiten?

Das Besondere an unserer Arbeit ist, dass wir zuerst Freunde wurden und dann beschlossen haben, zusammen zu arbeiten. Wir arbeiten zusammen gerade weil wir Freunde sind. Natürlich sollte man dann sensibler sein und die Dinge entsprechend sorgfältiger bewerten, aber wie bei jedem kreativen Prozess gibt es manchmal Meinungsverschiedenheiten, aber niemals Streitigkeiten. Rodrigo und Yann wissen sehr genau, was sie tun und dank Givaudan können wir die besten Zutaten verwenden, die wir bekommen können, so dass ich sehr stark von ihrer Erfahrung profitiere. Ich als Entwickler und Creative Director weiss viel über Marketing und wie man einer Marke ein Gesicht gibt. Ich habe mitunter die Möglichkeit mit anderen Leuten zu sprechen als Rodrigo und Yann es tun und kann ihnen so Feedback von anderen Bereichen des Marktes geben, die sie normalerweise vielleicht nicht hören würden. Ein ebenfalls wichtiger Punkt für unsere Zusammenarbeit ist, dass sie mich perfekt verstehen. Ich habe in der Regel für meine Düfte eine bestimmte Vision im Kopf und ich würde nicht mit Menschen zusammenarbeiten, die nicht in der Lage wären, meine Vision in einen Duft zu übertragen. Ich muss eine gewisse Verbundenheit fühlen.

Mittlerweile gibt es auch Düfte speziell für andere Outlets wie J. Crew und zuletzt El Palacio de Hierro. Wie kam es dazu? Gab es den Anspruch, dass sich die Düfte deutlich von dem Arquiste-Konzept unterscheiden sollen?

Mit diesen Veröffentlichungen kann ich an etwas leicht abgewandeltem von Arquiste arbeiten. Die Arquiste-Kollektion ist sehr konsequent in ihrem Ansatz jedem Duft eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort zuzuordnen. Jeder Duft erzählt eine Geschichte, die von Herzen kommt und gewissenhaft recherchiert wird. Die Düfte müssen jeden Aspekt davon widerspiegeln können. Das macht die Düfte komplexer. Bei den Kollaborationen mit J.Crew, El Palacio de Hierro oder St. Regis Hotels können wir an Konzepten arbeiten, die etwas anders sind, auch wenn sie immer etwas von dem „Geschichtenerzähl“-Aspekt von Arquiste innehaben. In diesem Fall erzählen sie dann eine Gesichte, die die spezifische Marke betrifft, mit der wir zusammenarbeiten. Wir können so auch eine andere Art von Kunden in einem anderen Markt erreichen. Die J. Crew und El Palacio de Hierro Düfte haben einen anderen Stil als Arquiste. Mit den Düften für El Palacio de Hierro, die im Wesentlichen Soliflores sind, sind wir zum Beispiel in eine Richtung gegangen, die von natürlichen Akkorden geprägt ist, mit einem Gefühl von Frische und Leichtigkeit, mehr wie ein Eau de Cologne. Sie sind fröhliche, liebliche Düfte, was nicht bedeutet, dass es ihnen an Eleganz fehlt. Sie stellen eine leichtere, zugänglichere Art von Kollektion dar.


Hast Du jemals darüber nachgedacht, einen Duft komplett auf eigene Faust zu schaffen?

Ich bin eine Nase und ein Duftentwickler, aber kein Parfumeur. Ich habe nicht die formale, berufliche Ausbildung und das Diplom, die ein Parfumeur durchlaufen muss. Allerdings habe ich das Handwerk ein wenig studiert und entsprechende Erfahrung als Entwickler, welcher einen wesentlichen Part bei der Kreation eines Duftes einnimmt. Ich habe nicht das Bedürfnis einen Duft ganz allein zu schaffen, weil ich das Talent und die Sachkenntnis, die ein Parfumeur hat, respektiere. Er ist derjenige, der an der Formel arbeitet... als Entwickler bin ich derjenige, der mit dem Konzept kommt, den Prozess leitet und den Duft letztlich bewertet. So ist es ein kollaborativer, kreativer Prozess. Man kann nicht vorgeben, alle Rolle abzudecken und ich würde niemals so anmaßend sein, das zu tun.

Welche anderen Düfte trägst Du? Gibt es irgendwelche spezifischen Düfte oder Marken, die Du magst?

Natürlich trage ich auch andere Düfte. Ich mag Sycomore von Chanel zum Beispiel sehr gern und ich habe auch eine Duft-Sammlung. Ich trage ab und an verschiedene Düfte, aber meistens doch meine eigenen. Manchmal ist das gar nicht so einfach, da ich kontinuierlich am Vermarkten und Evaluieren einer Marke bin. Die Leute sollen erkennen, dass ich Düfte nicht einfach auf den Markt werfe, nur weil ich es kann. Ich bin nicht derjenige, der lediglich schaut wo es hinführt und wenn es nicht erfolgreich wäre dann fallen lässt. Ich glaube wirklich an meine Arbeit, deshalb wäre es keine Option für mich meine eigene Marke nicht zu tragen und in meinen Augen einfach nicht authentisch.

Abgesehen von deinen Düften kommt auch dein Mode-Stil sehr gut an. Du schaffst es, immer perfekt auszusehen, besonders jetzt, da du beschlossen hast dein Aussehen ein paar Mal zu verändern. Machst Du dein Styling komplett allein?

Ja, das stimmt. Ich mache alles alleine. Für mich geht es dabei aber weniger um die Mode selbst, ich lege meinen Fokus auf den Stil. Ich trage das, wovon ich denke, dass es am besten für mich funktioniert und ich denke ich weiß, was ich tue. Natürlich fühle ich mich geschmeichelt von solchen Komplimenten, aber ich würde mich nicht als eine Art Mode- oder Stil-Ikone bezeichnen. Manchmal ist die Welt ein bisschen zu besessen von Image und dem Druck perfekt sein zu müssen.

Kannst Du mir ein Ziel nennen, dass Du gerne dieses Jahr oder in naher Zukunft persönlich oder beruflich erreichen möchtest?

Ich möchte Arquiste als Marke noch weiter etablieren und wachsen lassen. Ich möchte in naher Zukunft gerne eigene Arquiste-Filialen haben, so dass das Geschichts- und Architekturkonzept auch visuell dargestellt werden kann. Ich möchte dieses Konzept, das mir sehr am Herzen liegt beibehalten und in der Lage sein, die bestmögliche Qualität meiner Produkte zu halten. Ich wünsche mir sehr, dass meine Marke als etwas Authentisches und Langlebiges erkannt wird.

Das Interview führte Franfan20, vielen Dank!

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