Collection Notes de Fond

Santal-Basmati 2015

Gold
27.01.2021 - 09:14 Uhr
41
Top Rezension
1
Preis
5
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
5.5
Duft

Der Reis ist nicht heiß!

Was könnte schöner sein als nach Hause zu kommen und schon im Flur den beruhigenden, anheimelnden Duft von Basmati-Reis wahrzunehmen?
Für manche eventuell der Geruch von Sauerkraut.
Ist ja schließlich - wie alles - Geschmackssache und eine Frage der Sozialisation. Wer den Duft von Reis und Safran schon bei der Zeugung ins Gedächtnis eingeschrieben bekommen hat, darf sich hier freimütig als ehemaligen "sucker for rice fragrances" outen.
(Besser ein alter "sucker" als ein f*cker - you know what I mean. Rice speaks of home and comfort.)

Nun verströmt Reis in nicht gekochtem Zustand kaum einen Geruch.
Erst durch eine sogen. "Maillard-Reaktion" kommen die charakteristischen Dufteindrücke zum Vorschein. Dies bedeutet vereinfacht, daß durch die Hitze die Aminosäuren und Zucker im Reis dazu gebracht werden, andere, neue Verbindungen einzugehen. Doch gilt diese Regel nur für die Küche.
Bei der Parfumherstellung ist das anders.
"There is no natural rice absolute or oil, so we have to be inventive and try to mimic things", sagte zu diesem Thema zum Beispiel Ralf Schwieger, der für ELDO einen sehr besonderen Reisduft komponiert hat.
Meine Recherchen im Netz ergaben, daß Parfümeure meistens die künstlichen Moleküle 2-Acetyl-Pyrazine in Verbindung mit Coumarin oder Moschus verwenden, um einen reisartigen Effekt zu erzielen.
In der Vergangenheit gab es bereits einige Kreationen, die eine Reisnote aufwiesen.
"Kenzo Amour" (2006) ist wahrscheinlich die bekannteste in der Art, "Fils de Dieu du Riz et des Agrumes" von ELDO von Ralf Schwieger bietet Reis in einem tropischen Setting, "Dojima" von Mona di Orio präsentiert eine milchige Variante, "Poudre de Riz" von Pierre Guillaume geht in die (wie der Name schon sagt) pudrige Richtung. Demeters "Rice Paddy" ist fernöstlich inspiriert und eine feine, zudem nicht übertrieben teure Variante.
Doch nun zu "Santal Basmati" selbst.
"Santal Basmati" ist der mit Abstand teuerste Duft, der sich dessen rühmt, eine Reisnote zu enthalten - und leider auch der schlechteste. (345 Euro/100 ml).
Was hier als "Basmati-Note" kurz und flüchtig in der Luft und auf der Haut liegt, hat für mich überhaupt nichts mit dem Aroma zu tun, das allen, die einen hochwertigen Basmatireis schon selbst zubereitet haben, bekannt sein dürfte. Der leicht süßliche, puddingartige Touch des künstlichen Akkords in "Santal Basmati" wird ohnehin nach wenigen Minuten zugekleistert von Sandelholz. Dieses mag meinetwegen (wie die Firma angibt) aus Kerala in Indien sein, aber "ma waas es net" - wie der Hesse sacht...

...ich weiß es sowieso nicht, doch ich werde schon etwas mißtrauisch, wenn am Ende einer sehr anstrengenden, 12-stündigen "Tragezeit" Cashmeran zum Vorschein kommt.

Fazit: "Santal Basmati" hat mich als Reisliebhaberin auf der ganzen Linie enttäuscht.
Aber so wie die Zubereitung von Reis auf die indische Art besonders viel Übung erfordert, so scheint auch die Komposition eines Basmatiakkords nicht jedem/jeder gegeben zu sein. Außer üppigem, superpotentem Sandelholz kann ich in Alexandra Carlins Kreation kaum etwas wahrnehmen.
Doch im Grunde ist das nicht weiter schlimm.
Parfums sind vielleicht immer dann besonders gut, wenn sie neue Duftwelten erschaffen und abstrakte Wege gehen. Ähnlich wie Düfte, die lediglich "Flieder" nachbilden oder auch "Zitronenkuchen", erscheint ein Basmatireisduft aus der Flasche letzten Endes nicht erstrebenswert für mich, solange das Feuerchen an unserem heimischen Herd noch brennt und wir uns unseren geliebten Reis bei Bedarf selbst kochen können (wer möchte, dem sende ich gern Rezepte zu!).
The hunt for the perfect rice fragrance is over.
Call me an "ex-sucker".
(Mit liebem Dank an Schalkerin für die Testmöglichkeit).
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