Midwinter Moon 2022

Floyd
05.04.2023 - 12:01 Uhr
41
Top Rezension
7
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft

Der Mond in der Mitte des Winters

Wie weiches Wachs tropft der Mond durchs Fenster. Das macht er immer mitten im Winter. Er fließt seinen Balsam über Orangen, die wir gespickt mit Nägeln aus Nelken, wie würzig-fruchtige Igelchen auf Tannen- und Kiefernzweige legen, die in einem Sand aus Holzspankohlen wie Räucherstäbchen verglühn. Das duftet dann nach Zimt und Limonen, den ätherischen Harzen der Koniferen, die in vanilleweißen Nebeln wie Grünwürmchen noch glimmen. Und wenn wir gedankenverloren hinsehen, sind graue Fäden Earl-Grey-Tee dazwischen, flattern dort zarte jasminische Elfen, und zwar die, die sich nicht so oft waschen. Aber sonst duftet alles nach Weihnachten, nach sanftem Schleier von Räucherkegeln, während wir dann am Fenster stehn und den braunen Moosen bei ihrer Nachtwanderung durch die fernen Sümpfe zusehn.
***
Anna Zworykina erschafft eigenen Angaben nach olfaktorische Landschaften aus zu 100% natürlichen Materialien. Ihre Düfte seien angehaltene Momente, Fluchtwege in Träume und Märchen, Verbindungen ins Langzeitgedächtnis, sie machten den Träger zum Co-Autor ihrer Geschichten.
In "Midwinter Moon" erzählen wir eine Geschichte von Wintergewürzen und Räucherdüften, von balsamischen Harzen und Zitrusfrüchten, von Blüten und etwas erdigem Moos. Der eher zurückhaltende Duft beginnt mit einer Yuzu, die in Verbindung mit den leicht wachsig erscheinenden Räucherharzen Weihrauch und Myrrhe eher wie eine reife Orange wirkt und bald mit der zimtig anmutenden Gewürznelke einen vertrauten Weihnachtsgeruch erzeugt. Kiefer und Tanne wirken hell, ätherisch frisch und verbinden sich mit den Zitrusnoten, die durch Earl-Grey-Noten der Bergamotte fast etwas teeartig verwässert wirken, was im Herzen etwas Raum für leicht animalische Jasmin sowie liebliche Blütennoten schafft, die wiederum bald in räucherkohleartigen Nagarmotha-Aromen vertrocknen. Vanille verleiht dem Rauch eine angenehm sanfte Süße. Minimal moosig-sumpfige Noten (Eichenmoos, Laos-Oud) machen sich nur entfernt bemerkbar, wirken wie eine diffus braune, erdige Basis.

(Mit Dank an Seejungfrau)
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