Tuscany per Uomo
Etruscan
1984 Eau de Toilette

SpiroErgoSum
07.12.2016 - 15:45 Uhr
26
Sehr hilfreiche Rezension
6
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft

Nach Maß ohne Maß - ein Dank danach.

(Leicht aktualisiert in 4/20)
Von all der Wärme, dem Charme, der sanften Kraft, die 'Tuscany' so anziehend machen, schenkt die Pyramide oben eine erste Ahnung: Worte. Also duften und wirken lassen. Am besten die frühe Fassung. Doch auch der Nachfolger hält sein Versprechen, der zwar nicht mehr so beständig ist, aber mit Behutsamkeit recht nahe am Original gebaut - wie, soweit ich sehe, ebenfalls 'JHL' und annähernd auch 'Havana'. Der überraschend lieblose Akt, sie alle ins gleiche Fläschchen zu träufeln, steht im umgekehrten Verhältnis zu der pflegerischen Haltung im Umgang der Marke mit ihren Düften.
Ich bekam 'Tuscany' geschenkt, als er noch 'Etruscan' hieß. Ich trug ihn beinahe ununterbrochen während zwei Jahrzehnten. Außer ihm kam fast nichts in Betracht - 'Jil Sander Man pure' (mit größtem Ertrag, falls „Komplimente“ die Währung sind) und ab und zu 'Havana'.

Meine Umgebung hat es akzeptiert, gemocht, gefördert. 'Tuscany', das war ich - für die andern, für mich. Ich schmiegte mich in ihn, er lächelte freundlich und reichte mir die seidenweich-kraftvolle Hand. Fein und stark und sensibel. Und sehr gelassen, darin mir weit voraus. Vielleicht hatte ich Glück und ähnelte mich an. Ich gab ja auch Würze hinein, in mein Leben, und sehnte mich zugleich nach unbeschreiblichen Aromen, wie sie, in der ersten Sekunde, in einer Nuance zum Vorschein kommen, die kein Parfüm, das ich bisher roch, in ähnlicher Weise erscheinen lässt. Ein Schein, eine transparente Aura wie von farblosem Gold; keine Farbe, ein leis strömender Glanz für Nerven, die sich streicheln lassen wollen.
Und dabei völlig unprätentiös.
Ich fange an, eine Hymne zu singen - und breche ab. Kein Gesang. Denn irgendwann war es vorbei. Ich hatte Angst gehabt, ihn zu verlieren. Ich hatte ihn immer auf Vorrat gekauft: Was, wenn er ausgemustert würde? Die Frage stellte sich plötzlich nicht mehr. Denn es gab nicht mehr nur den einen. Hier roch ich nun; und da. Und auch dort. Und außerdem da drüben; und oben, unten, rechts, links - ach! Unfassbar viele tolle Düfte! Aber keiner, nicht einer, von dem ich mir ausmalen könnte, dass er mich wieder auf zwanzig Jahre umhülle, Tag für Tag für Tag für Tag.
Warum? Das ist leicht zu verstehen für Parfümverrückte. Es gibt so viele, und so viele andere, und immer fehlt doch noch ein Letztes, oder dann ein Allerletztes...
Warum aber dieser eine für mehr als zwanzig Jahre? Aus nichts als Ahnungslosigkeit? Ich glaube nicht. Er hat eben all die Zeit hindurch ganz genau gepasst. Bei allem, was war und gelang und missriet. Bei allem, das sich änderte. Er war der Maßgeschneiderte, für den keiner Maß genommen hatte; der mit kunstvoller Schneiderei, mit gespitzten Fingern, mit Blümlein fein und Nadelstreif so gar nichts zu schaffen hatte.
Er war ein Glücks-Zufall. Mein Duft, der mir zugefallen war, ganz natürlich, das Unglaublichste und Selbstverständlichste von der Welt. Um heute ihm - wem denn sonst? - diesen verlegenen Erstling zu widmen, hab ich ihn wieder angezogen. Er hat mir zugeblinzelt, er hat mich angelächelt: Schreib! Du kannst über mich nichts Falsches sagen. Ich bin's, wie eh und je, dein Tuscany, dein duftendes Ich für mehr als zwanzig Jahre.
Merci, mein Freund. Und Verneigung. Ich hab dir sehr zu danken.
Er lächelt. Freundlich, männlich, warm, souverän.
Wie immer.
Ach, Freund, es wäre ein Glück, wärest du mir durch die Haut gegangen. Um mich dir ähnlicher werden zu lassen.
Ob das so ist?
Er lächelt, stumm.
Duftet.
Sehr fein.
Vorbei.
9 Antworten