Musk Collection

Creme de la Creme 2024

Genesis666
12.04.2024 - 07:24 Uhr
24
Hilfreiche Rezension
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft

Mein AHA(B)-Moment.

Ich bekenne mich schuldig. Schuldig des viel zu frühen Verurteilens dieses Duftes.
Aber ich fange mal so an. Ich kaufe nichts mehr Blind – Punkt. Ich bin mittlerweile so oft auf die Fresse geflogen, was das Thema Blind Buys angeht und irgendwann hielt ich es für sinnvoll mir Einsteins Zitat: „Die Definition von Wahnsinn ist: immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ zu Herzen zu nehmen und grundsätzlich vorher zu testen, wenngleich dies auch die Gefahr birgt, aufgrund immer häufiger werdender, starker Limitierungen keinen Flakon mehr kaufen zu können.

Bei Adams letzten Releases war ehrlich gesagt nicht viel für mich dabei aber da ich von Animalika schon seit Beginn meiner Passion für Düfte fasziniert war, musste ich die gesamte Musk Collection zumindest testen.

Nun testete ich also „Creme de la Creme“ und war sprachlos… sprachlos weil es so langweilig roch. Irgendwie überwürzt, irgendwie cremig und irgendwie nach Knete und ich rede hier nicht umgangssprachlich von der physischen Art unseres Hauptzahlungsmittels sondern nach der Sorte Knete, aus der Kinder merkwürdige Figuren bauen und man sich darüber aufregt, dass es scheinbar nicht möglich ist, die einzelnen Farben einfach mal NICHT zu einem grauen Klumpen zu vermischen. Wie dem auch sei, ich mochte ihn nicht sonderlich und legte das Sample mehr als unbeeindruckt zur Seite. Ein paar Tage später, ich wollte eigentlich Cuirtis aufsprühen, griff ich offenbar zur falschen Probe und dieselte mich komplett ein. „Wow, Cuirtis ist super aber ganz anders als erwartet“. Als ich den kleinen Zerstäuber zurückstellte ähnelte mein Blick wahrscheinlich kurz dem kleinen „we are going to Disneyland“ Mädchen auf dem Auto-Rücksitz (JEDER KENNTS).

Es war CC. Ich war total geflashed. Wie konnte es sein, dass ich den Duft auf einmal so positiv wahrnahm? Klar, noch immer würziges Opening, leichter Pfeffer, etwas Muskat und Salbei aber gleichzeitig befand ich mich in der schönsten Ambra-Oud Wolke, die ich je gerochen habe. Keine Cola, Kein Marzipan, einfach nur Oud und Ambergris in einer für mich nie dagewesenen Abstinenz jeglicher Assoziation. Das von den Philippinen stammende Oud der Güte-Klasse „sinking Grade“, was im Grunde nichts anderes bedeutet als, dass das Holz derart infiziert ist, dass der Anteil des als Reaktion gebildeten Harzes so hoch ist, dass es im Wasser sinkt, ist laut Adam das qualitativ beste Oud, welches er je für einen Duft verwendet und extrahiert hat. Auf meiner Haut kommt es super prominent zur Geltung. Komplett frei von Fermentations- oder animalischen Noten entfaltet es einen wunderschön harzigen, leicht mineralisch „blauen“ Duft, der den Mainplayer dieser Komposition extrem passend komplementiert.

Nun zum eigentlichen Star dieses Duftes. Ambergris. Schon im Weltbekannten Roman „Moby Dick“ widmet Herman Melvill in lyrischer Gestalt von Captain Ahab dem ebenso mysteriösen wie faszinierendem Stoff ein ganzes Kapitel (92) in dem er schreibt: „Ich habe vergessen zu sagen, dass in diesem Ambra einige harte, runde, knöcherne Platten gefunden wurden, von denen Stubb zuerst dachte, dass es sich um die Knöpfe von Matrosenpullovern handeln könnte; aber es stellte sich später heraus, dass es nichts weiter als Stücke von kleinen Tintenfischknochen waren, die auf diese Weise einbalsamiert wurden.“
Dass nun die Unvergänglichkeit dieses höchst duftenden Ambra im Herzen einer solchen Verwesung gefunden wird - ist das nichts? Denke an das Wort des heiligen Paulus im Korintherbrief über Verwesung und Unverweslichkeit, dass wir in Unehre gesät, aber in Herrlichkeit auferweckt werden. Und erinnere dich auch an den Spruch des Paracelsus über das, was den besten Moschus ausmacht.“

Das im Bauch des Wales noch wachsige Ambergris dient einzig und allein dem Zweck, den Verdauungstrakt des Pottwals davor zu bewahren, von messerscharfen Tintenfisch-Schnäbeln zu Geschnetzeltem verarbeitet zu werden. Jaaaaaa.. die Natur. Dass dieses Zeug für einige Menschen nun extrem anziehend riecht, dürfte dem Moby Dick zugrunde liegenden Meeressäuger herzlich egal sein.

Im Fall von CC wurde jedoch weiße Ambra verwendet, die Monate oder sogar Jahr(zehnt)e an der Wasseroberfläche treibt und so von der Sonne ausgetrocknet wird und zu einem steinig anmutenden Brocken „reift“, der so jegliche fäkalen Aspekte, die in frischem Ambergris deutlich spürbar sind, verliert.

Es werden drei unterschiedliche Tinkturen verwendet. 5%, 10% und Ambergris-Resinoid, das einem 100%igem Konzentrat gleich kommt. Ich habe Adam dazu kontaktiert und er erklärte mir, dass eine extrem hochkonzentrierte Tinktur so lang erwärmt wird, bis die komplette Flüssigkeit evaporiert ist und das Resultat eine Bienenwachs-artige Konsistenz bekommt.
Nennt mich einen Schwätzer aber ich behaupte, man kann die unterschiedlichen Konzentrationen reichen. Wenn man sich mit dem Rohstoff ein wenig auskennt und beschäftigt, erkennt man hier deutlich unzählige Facetten dieses vielfältigen Rohstoffes. Nuancen von Tabak, Vanille, Karamell, unterschiedlichsten Harzen wie Benzoe und Weihrauch begleitet von einer feinen mentholigen Frische in Kombination mit einer unfassbar schönen, leicht mineralischen, Balance schaffenden Salzigkeit die an sonnengetrocknete Haut im Karibik-Urlaub erinnert.

Die Hinzugabe von Sandelholz und Ylang-Ylang erschafft eine cremige Textur, welche die trockenen, harzigen Apekte von Oud und Ambra meiner Meinung nach perfekt kontrastieren. Zwischenzeitlich entsteht sogar ein ganz leichter Sonnencreme-Charakter auf meiner Haut.
In seinem Präsentations-Video zu Musk Collection sagt Adam über CC: „I wanted the result to be quite minimalistic“. Diese Aussage trifft dahingehend zu, dass der Hauptfokus des Duftes eigentlich auf nur drei Inhaltsstoffen liegt. Amgergris, Oud und Sandelholz. Eine Paradoxon ergibt sich jedoch aus der unglaublichen Komplexität die jeder dieser Rohstoffe IN SICH birgt.

Ich habe mich nun eine Woche wirklich intensiv mit dem Duft beschäftigt und mit jedem „Wear“ wird er für mich noch besser. Ob der Duft noch weiter reift und in wie weit er sich dadurch verändert vermag ich nicht zu prognostizieren aber selbst wenn er genau so bleibt wie jetzt, ist er für mich eine 10/10. Es gab außer „Rauque“ lange keine Komposition mehr, die es mir so angetan hat wie Creme de la Creme. Ich bin schon jetzt auf der Suche nach einem Back-Up und das obwohl er mir anfangs so missfallen hat. Das zeigt mir einmal mehr, dass man nie vorschnell urteilen sollte und das diese Erkenntnis, angewendet auf sämtliche Lebensbereiche, ein Kredo darstellt, das vielerlei Dinge auf lange Sicht positiv beeinflusst. Vielen Dank für’s lesen.
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